3. Februar 2023
Fed: Zinserhöhungen führen selten zu schlechten Aktienkursen

Tagesgeld-Zinsen: Banken und Broker bieten bis zu 2,3 Prozent

Aus Tagesgelder werden Aktien: Das ist der Wunsch vieler Banken und Broker. Mit der Rückkehr der Tagesgeld-Zinsen locken die Anbieter neue Kundinnen und Kunden an, die von Sparern zu Trader werden sollen. 

Um 0,5 Prozentpunkte hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins angehoben. Nun steht das Zinsbarometer bei drei Prozent. So weit, so erwartbar. Doch was nicht zu erwarten war: Die Börse feiert. Das ist insofern merkwürdig, als dass in Zeiten steigender Zinsen prinzipiell Aktien verlieren müssten, da sich die Refinanzierung für Unternehmen verteuert. Vermutlich freuen sich die Märkte über ein potenziell langsameres Ausschreiten auf dem Zinspfad. So oder so: Gute Nachrichten sind stets willkommen.

Tagesgeld-Zinsen bis zu 2,3 Prozent

Der Tagesgeld-Zins *, das scheue Reh, ist zurück. Kapitalgeberinnen und -geber freuen sich, denn schon überschlagen sich Banken und Broker mit neuen Tagesgeldangeboten. Trade Republic *, Scalable Capital * oder ING * bieten in der Spitze bis zu 2,3 Prozent Zinsen für zu parkende Kundengelder. Das ist der Sirenengesang im Land der Zins- und Lebensversicherungsafficionados. Selbstverständlich lässt sich auch damit eine Inflationsrate von zuletzt 8,3 Prozent im Dezember 2022 nicht ausmerzen, aber immerhin.

Was gilt es nun zu tun? Ist die erste Freude verflogen, werden sich Anlegerinnen und Anleger vermutlich fragen, ob das alles wahr sein kann und wo der Haken ist. Tatsächlich ist es so, dass die meisten hochprozentigen Angebote an einige Voraussetzungen geknüpft sind. Dauerhaft und/oder kostenfrei ist das Angebot in der Mehrzahl der Fälle nicht. Das ist okay, niemand hat etwas zu verschenken, doch sollte sich die Anlegerschaft noch einmal vor Augen führen, dass es keinen Free Lunch gibt.

Die Cleveren: Trade Republic

Neobroker Trade Republic ließ mit zwei Prozent Zinsen Anfang Januar aufhorchen. Die Konditionen gelten bis auf Weiteres für Neu- und Bestandskundinnen und -kunden. Besonderes Schmankerl: Die Zinsgutschrift erfolgt immer zum ersten eines Monats, was dem Zinseszinseffekt einen zusätzlichen Kick gibt. Dabei gelten die zwei Prozent bis zu einem Höchstbetrag von 50.000 Euro auf dem Verrechnungskonto. Mit einer Fremdkostenpauschale von einem Euro je Order sind die Trades eingetütet.

Die Generösen: Scalable Capital

Scalable Capital zog dann unmittelbar mit 2,3 Prozent auf Guthaben bis 100.000 Euro nach. Damit setzten sich die Münchner an die Spitze im Zinswettlauf. Zwar gibt es beim Team um Gründer und Co-Geschäftsführer Erik Podzuweit mehr Zinsen auf einen doppelt so hohen Höchstbetrag, allerdings müssen sich Anlegerinnen und Anleger für das Prime+ Angebot entscheiden. Dies kostet 4,99 Euro bei monatlicher Zahlweise, also knapp 60 Euro im Jahr. So gesehen braucht es mindestens 20.000 Euro Anlagebetrag, um das Trade Republic-Angebot auszustechen.

Die Zinsverdoppler: ING

„Die Vorzeichen für das Bankgeschäft haben sich binnen weniger Monate grundlegend geändert. Damit unsere Kundinnen und Kunden zügig von der Zinswende profitieren, verdoppeln wir den Zins ab März für alle 7,5 Millionen Tagesgeldkonten auf 0,6 Prozent“, sagt Nick Jue, Vorstandsvorsitzender der ING in Deutschland. Bei einem Einlagenzins von 2,5 Prozent wirkt das Angebot der Bank dann doch etwas unterwältigend. Doch für die ersten vier Monate gibt es einen Bonus von zwei Prozent auf Guthaben von höchsten 50.000 Euro. Das Direkt Depot ist ohne Depotführungskosten verbunden. Dafür schlägt die Orderprovision von 4,90 Euro Grundgebühr plus 0,25 Prozent vom Kurswert des Papiers zu Buche.

Die Klassiker: Consorsbank

Bei der Consorsbank * verhält es sich noch einmal anders. 2,1 Prozent Tagesgeld-Zinsen gibt es für die ersten sechs Monate nach Kontoeröffnung. Anschließend geht es mit 0,3 Prozent weiter. Der Höchstbetrag beläuft sich auf 1.000.000 Euro. Wer sich den Zinssatz für ein komplettes Jahr sichern möchte, muss in den ersten vier Monaten nach Kontoeröffnung einen Sparplan anlegen und aktiv mit mindestens zehn Euro besparen oder Wertpapiere für mindestens 1.000 Euro kaufen. Eine Order beläuft sich dabei auf 0,95 Euro zuzüglich Spreads. Mit Blick auf die ETF-Sparpläne ist eine Auswahl von 380 Indexfonds gebührenfrei. Alle weiteren werden mit 1,5 Prozent je Ausführung bepreist.

Die Rückkehr der Tagesgeld-Zinsen ist erfreulich und endlich macht sie sich auch für Anlegende bezahlt. Weniger erfreulich sind die schwer zu vergleichenden Angebote der Banken und Neobroker. Ohnehin kann man davon ausgehen, dass die neue Großzügigkeit eher dem Imagegewinn dient.  Haben sich dann Anlegende erst einmal für ein Angebot entschieden, bleiben sie meist beim Anbieter und interessieren sich in der Folge womöglich auch für Aktien, Anleihen, Rohstoffe und ETFs. Gleichzeitig schaffen die Banken und Broker ein niedrigschwelliges Angebot. Denn ist erst einmal Geld auf Verrechnungs- und Tagesgeldkonten vorhanden, ist der Weg zur Order nicht weit. Häufig waren Anlegende bisher zu bequem, eine Order tatsächlich auszuführen, wenn zuerst noch die nötigen Mittel umgebucht werden mussten.