23. Juni 2022
7 ETF-Strategien für Fortgeschrittene – von einfach bis komplex. Teil 2

7 ETF-Strategien für Fortgeschrittene – von einfach bis komplex. Teil 2

ETFs gelten als gute Möglichkeit für Börsen-Einsteiger. Aber auch Fortgeschrittene können mit diesen ETF-Strategien zur breiten Diversifikation des Depots beitragen. Teil 2.

Von wegen long only. Auch mit ETFs kann man eher „gewagte“ Strategien umsetzen. Doch während die Aktienindex-Tracker gut für Einsteiger sind, braucht man hier schon deutlich mehr Wissen. Und Risikobereitschaft. Kann aber auch den Markt schlagen. Oder aber das Depot absichern. Gestern haben wir uns im ersten Teil unter anderem angeschaut, wie Warren Buffet investiert und wie Themen-ETFs funktionieren. Hier kommt nun Teil 2 der ETF-Strategien für Fortgeschrittene.

5: Short-ETFs: Auf fallende Märkte setzen oder Depot absichern

Dieses Thema ist recht sportlich. Auf fallende Kurse zu setzen ist nicht jedermanns Sache. Und nicht einfach. Short-ETFs eignen sich –mit viel Erfahrung, Wissen und Nerven – aber auch zur Absicherung eines Portfolios. Man kann mit Short-ETFs auch einzelne Aktien-Positionen absichern. An der Börse heißen sie auch inverse ETFs. Das bedeutet Rendite, wenn die Kurse sinken. Und nur dann. Das ist nichts für Anfängerinnen und Anfänger, denn solche Strategien brauchen eine feste Marktmeinung, einen sehr regelmäßigen Blick ins Depot, um bei drehender Marktlage sofort zu reagieren und ein gutes Gefühl für das richtige Timing. Dazu eine gehörige Portion Mut.

Hier gilt es, kurzfristig auf Rücksetzer zu reagieren. Das ist nicht einfach. Schon gar keine Langfrist-Strategie. Klassische Aktien-ETFs  (DAX oder MSCI World) sind dagegen Long-Strategien, in die man auch bei Kursrücksetzern investiert bleiben kann. Korrekturen gehören schließlich zum Börsengeschehen dazu, und langfristig spielen sie eine untergeordnete Rolle.

Anders als bei anderen Short-Produkten gibt es bei einem Short-ETF keine begrenzte Laufzeit, kein Totalausfall-Risiko, kein Emittenten-Risiko. Aber sie sind extrem spekulativ. Und eine Depotabsicherung ist nicht so einfach wegen der Pfadabhängigkeit. Das heißt: Die Entwicklung des Short-ETF wird börsentäglich neu berechnet. Basis ist die Veränderung prozentual zum Vortag. Daraus ergibt sich eine Abweichung zwischen ETF und Index, die Pfadabhängigkeit.

Ein Beispiel: Fällt der DAX um fünf Prozent am ersten Tag, steigt der Short ETF an dem Tag um eben diese fünf Prozent. Sagen wir, von 100 auf 105 Punkte. Am nächsten Tag steigt der Index um 5,26 Prozent. Der Short-DAX-ETF verliert entsprechend 5,26 Prozent. Allerdings verliert er diesen Wert auf den aktuellen Indexstand von 105. Das heißt, der ETF fällt auf 99,477, denn 5,26 Prozent von 105 sind 99,477. Damit verliert der Short-ETF, obwohl der DAX gestiegen war.

Nochmal: Short-ETFs oder auch inverse ETFs sind hochspekulativ, komplex und risikoreich. Sie eignen sich nur für Kenner von Produkt und Markt. Wer hier investiert, sollte den Markt im Auge behalten und ggf. kurzfristig reagieren können.

6: Smart-Beta: Überrendite erreichen oder Schwankungen abfedern

Multi-Faktor-ETFs – auch Smart Beta ETFs genannt – sollen das wettmachen, was die ETF-Klassiker nicht können: Eine höhere Rendite als der Gesamtmarkt erzielen. Dazu kombiniert man verschiedene Faktoren, die auf wissenschaftlichen Ansätzen basieren:  Zum Beispiel Momentum-, High Yield-, Value- oder Growth-Strategien.

Viele Produkte schaffen langfristig keine Überrendite im Vergleich zum MSCI World. Aber auch Smart Beta ETFs bilden einen Index nach. Das heißt, die Vorteile kostengünstig, transparent und vergleichsweise einfach zu investieren, haben auch sie. Die Index-Anbieter selektieren allerdings völlig unterschiedlich: Je nach Anbieter stehen Gewichtung oder Titelauswahl im Vordergrund. Ein Beispiel: Ein Indexanbieter kann einen Index wie den MSCI World als Ausgangsbasis nehmen und dessen Titel nach seinen Kriterien für einen Smart-Beta-ETF selektieren. Grundsätzlich ist die Zielsetzung entscheidend: Eine Überrendite erzielen oder aber Marktschwankungen abfedern. Danach wählt man die Faktoren.

Tipp: Hier erfährst du alles über das Investieren in Smart-Beta-ETFs und die einzelnen Faktoren.

7: Gehebelte ETFs oder Leveraged ETFs: Hebel wirkt in beide Richtungen

Das ist die Königsdisziplin. Gehebelt zu investieren bedeutet, dass sich die Kursentwicklung eines Index um einen bestimmten Faktor, den Hebel, verstärkt: Mit Leverage- oder gehebelten ETFs lässt sich die Wertentwicklung eines Index überproportional toppen, doch der Hebel wirkt in beide Richtungen: So sind auch überproportionale Verluste möglich: Beispiel:  Ein ETF mit Hebel 2 vollzieht die Kursbewegung des Index zweifach nach: Steigt der Index um einen Prozent, steigt der ETF um zwei Prozent. Fällt der Index um einen Prozent, fällt der ETF um zwei. Bei Short-Produkten ist es genau umgekehrt. Je größer der Hebel ist, umso größer ist die Wirkung. Hebel-Produkte sollten sehr kurzfristig eingesetzt werden. Wer hier investiert, muss auch das Risiko aushalten können.

Fazit: Aber es gibt bei ETFs nicht mehr nur Long-Only-Strategien. Grundsätzlich muss aber jeder noch so exotische ETF zur eigenen Strategie passen. Darüber hinaus gilt es, Kosten, Performance und Größe im Blick zu haben.