Die 4-Prozent-Regel
Mit dieser Entnahmestrategie finanzielle Freiheit erreichen
Wer von seinem Vermögen leben und die finanzielle Freiheit erreichen möchte, stößt früher oder später auf die 4-Prozent-Regel. Sie verspricht einen lebenslangen Kapitalerhalt bei gleichzeitig regelmäßigen Entnahmen. Doch was hat es damit auf sich – und funktioniert die Methode wirklich?
In diesem Ratgeber beleuchten wir die Hintergründe der 4-Prozent-Regel, erklären ihre Anwendung und Grenzen und zeigen, wie du sie in deine Altersvorsorge und Finanzplanung integrieren kannst.
Das Wichtigste in Kürze:Alles über die 4-Prozent-Regel
4-Prozent-Regel: Die 4-Prozent-Regel besagt, dass das Vermögen bei einer jährlichen Entnahmerate von 4 Prozent nicht aufgebraucht wird. Andere Quellen betonen dabei, dass das Kapital mindestens 30 Jahre nur einer geringen Pleitewahrscheinlichkeit ausgesetzt ist.
Kapitalstock: Grundlage ist der 25-fache Betrag (25er-Regel) der jährlichen Ausgaben.
Renditeannahme: Die Methode geht von langfristig stabilen Renditen von über 4 Prozent aus.
Kritikpunkte: Steuerbelastung, Marktbedingungen und Renditereihenfolge-Risiko werden oft vernachlässigt.
Zielgruppe: Die Methode ist besonders relevant für Menschen, die finanzielle Unabhängigkeit, Anhänger des Frugalismus sind oder eine frühere Pensionierung anstreben.
Ergänzung: Die gesetzliche Rente und Dividenden können ergänzend eingeplant werden.
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Definition: Was ist die 4-Prozent-Regel?
Die 4-Prozent-Regel (auch Bengen-Regel genannt) ist eine Entnahmestrategie und eine Faustformel. Sie wurde in den 1990er Jahren von dem US-Finanzberater William Bengen entwickelt. Sie basiert auf historischen Berechnungen zur Rendite von Aktien und Anleihen in den USA und wurde später durch die Trinity-Studie bestätigt. Das Ziel bestand darin, eine verlässliche Entnahmerate zu ermitteln, mit der Anleger ihr Vermögen 30 Jahre lang nutzen können, ohne es aufzubrauchen.
Das Prinzip ist einfach: Im ersten Jahr entnimmst du 4 Prozent deines Startkapitals und passt diesen Betrag bei Entnahmen in den Folgejahren an die Inflation an. Damit erhältst du einen konstanten, inflationsbereinigten Lebensstandard – zumindest in der Theorie.
Anwendung: Wie funktioniert die 4-Prozent-Regel?
Die 4-Prozent-Regel basiert auf dem 25-fachen deiner jährlichen Ausgaben. Basierend auf der 25er-Regel multiplizierst du diese mit dem Faktor 25, um dein Startkapital für die finanzielle Freiheit zu erhalten. Als Ergebnis erhältst du den Betrag, von dem du jährlich 4 Prozent entnehmen kannst.
Beachte: Die 4-Prozent-Regel ist nur eine Faustformel zur groben Orientierung, bei der wichtige Angaben wie Steuern, Inflation und Kosten der Geldanlage unberücksichtigt bleiben.
Beispiel: So wendest du die 4-Prozent-Regel an
Willi hat monatliche Ausgaben von 1.500 Euro. Als Frugalist möchte er einen Kapitalstock aufbauen und langfristig investieren, um davon leben zu können. Zur Berechnung der Jahresausgaben, multipliziert er die 1.500 Euro mit 12 um die jährlichen Ausgaben zu erhalten.
Jahresausgaben = Monatl. Ausgaben (1.500 Euro) x 12 Monate = 18.000 Euro
Willi kommt auf 18.000 Euro an Jahresausgaben. Zur Berechnung seines benötigten Kapitals werden die Jahresausgaben nun mit 25 multipliziert.
Benötigtes Kapital = Jahresausgaben (18.000) x 25 = 450.000 Euro
Dieses Kapital sollte Willi zu Beginn der Entnahmephase haben, um über einen Zeitraum von 30 Jahren jährlich 18.000 Euro ohne Kapitalverzehr entnehmen zu können. Willi weiß aber auch, dass das nur eine grobe Orientierung bietet und er aufgrund vieler unberücksichtigter Aspekte, wie Steuern, Inflation oder Kosten der Geldanlage, lieber deutlich konservativer mit einer Entnahmerate von 3 Prozent kalkuliert und zusätzlich über einen Notgroschen verfügt.
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Voraussetzungen: Wann funktioniert die 4-Prozent-Regel?
Damit die 4-Prozent-Regel aufgeht, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein.
- Reale Rendite: Die 4-Prozent-Regel setzt voraus, dass dein Portfolio langfristig eine reale Rendite von mindestens 4 Prozent erzielt.
- Inflationsanpassung: Jährliche Entnahmen müssen an die Inflationsrate angepasst werden, um die Kaufkraft zu erhalten.
- Steuern: Die 4-Prozent-Regel ignoriert Steuerabzüge, sodass die tatsächlichen Nettoentnahmen geringer ausfallen.
- Sparquote: Um das nötige Kapital aufzubauen, ist eine hohe Sparleistung erforderlich, oft 20 bis 30 Prozent des Nettoeinkommens.
- Kapitalstock: Du benötigst das 25-Fache deiner geplanten Jahresausgaben als Startkapital für diese Strategie.
- Disziplin: Die Strategie erfordert eine konsequente Umsetzung. Auch in schlechten Börsenjahren darfst du nicht panisch verkaufen.
- Flexibilität: Wer seinen Konsum bei Bedarf anpassen kann, erhöht die Überlebensfähigkeit des Entnahmeplans.
Tipp: Die Finanzrechner von extraETF sind praktische Tools, die dir nicht nur zu Entnahmen helfen. So gibt es auch Rechner zum Sparen, zur Privaten Finanzplanung, zur Rendite, zu Zinsen, Steuern und vielen weiteren Aspekten rund um Geldanlage und Finanzen.
Kritik an der 4-Prozent-Regel
In der Praxis der 4-Prozent-Regel gibt es mehrere Probleme:
- Renditereihenfolge-Risiko (Sequence of Return Risk): Wenn gleich zu Beginn der Ruhestandsphase ein Börsencrash, eine starke Korrektur oder ein Bärenmarkt eintritt, kann der frühe Kapitalverzehr das Vermögen langfristig schädigen.
- Steuern und Gebühren: Oft werden steuerliche Belastungen wie die Abgeltungssteuer, Gebühren für Investmentprodukte oder Depotkosten ignoriert. Reale Nettoentnahmen liegen daher oft unter dem Bruttowert. Steuern und Gebühren können auch Änderungen unterliegen.
- Inflation: Steigt die Inflationsrate, erhöht sich der Entnahmebetrag, da auch die Renditeanforderung steigt.
- Langlebigkeitsrisiko: Wer länger lebt als angenommen, könnte die Situation erleben, dass Kapital zu früh aufgebraucht zu haben. Dies ist besonders problematisch für Frugalisten oder FIRE-Anhänger, die mit 40 oder 50 Jahren in den Ruhestand starten.
- Marktschwankungen: Der Aktienmarkt ist volatil. Kursverluste, insbesondere zu Beginn der Entnahmephase, können deine Entnahmestrategie gefährden.
- Entnahmedauer: Die Regel basiert auf einer Entnahmephase von maximal 30 Jahren. Bei einer früheren Rente ist sie daher oft zu kurz kalkuliert.
- Gebühren: Depot- und Transaktionskosten werden in der 4-Prozent-Regel nicht berücksichtigt, mindern aber deine Erträge.
- Kranken- und Pflegeversicherung: Diese Kosten musst du im Ruhestand selbst tragen, wodurch dein verfügbares Einkommen zusätzlich belastet wird.
- Unvorhergesehene Ausgaben: Die Faustformel berücksichtigt keine Sonderausgaben, weshalb ein zusätzlicher Notgroschen unverzichtbar ist.
Alternativen zur klassischen 4-Prozent-Regel
Statische Entnahmerate ohne Risiko
Einfaches Entsparen ohne Investitionen (z.B. via Tagesgeld): keine Schwankungen, aber geringe Auszahlungen.
Statische Entnahmerate mit Risiko
Entnahme von jährlich 3–4 Prozent aus einem investierten Depot. Je höher die Aktienquote, desto höher die potenzielle Rendite, aber auch das Risiko und die Schwankungen.
Flexible Entnahmerate
Die Entnahmerate wird jährlich dem Depotstand angepasst. Vorteil: Pleiterisiko geringer. Nachteil: schwankender Lebensstandard.
Tipp: Einen Überblick über die verschiedenen Arten von Entnahmestrategien erhältst du in unserem Ratgeber zu diesem Thema.
Tipps für die Praxis der 4-Prozent-Regel
Plane großzügig und kalkuliere mit einer längeren Entnahmephase (z.B. 35–40 Jahre), insbesondere bei einem frühen Ruhestand.
- Diversifiziere: Ein ausreichend breit diversifiziertes, globales ETF-Portfolio oder ein Welt-Aktien-ETF reduziert Risiken besser als Investments mit Klumpenrisiken, wie Einzelaktien oder Länder-ETFs.
- Rechne mit Steuern: Nutze Rechner wie den ETF-Steuerrechner von extraETF, um z.B. die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag einzubeziehen. Auch ein Rechner für die Quellensteuererstattung ist sinnvoll.
- Bleibe flexibel: Passe den Entnahmeplan bei Bedarf an neue Marktbedingungen oder Lebensumstände an.
- Berücksichtige die gesetzliche Rente: Berücksichtige die gesetzliche Rente, denn sie senkt im Ruhestand den tatsächlichen Entnahmebedarf aus deinem Kapital und erhöht somit die Sicherheit deiner Planung.
- Notgroschen bereithalten: Halte außerdem einen Notgroschen bereit. Für ungeplante Ausgaben solltest du ein separates Liquiditätspolster außerhalb des Entnahmeportfolios vorhalten.
- Wähle eine konservative Entnahmerate: Wenn du mehr Sicherheit möchtest, reduziere die Entnahmerate auf 3 Prozent oder weniger. Kalkuliere lieber großzügig, beispielsweise mit einer längeren Laufzeit oder einem höheren Kapitalbedarf.
Fazit: Für wen eignet sich die 4-Prozent-Regel?
Die 4-Prozent-Regel ist ein nützliches Konzept zur Planung der finanziellen Unabhängigkeit. Sie eignet sich vor allem als grober Orientierungswert und als Faustformel in der langfristigen Finanzplanung. Wer jedoch auf mehr Sicherheit setzt oder mit einer langen Ruhestandsdauer rechnet, sollte mit einer niedrigeren Entnahmerate (zum Beispiel 3 Prozent) kalkulieren oder flexiblere Entnahmestrategien in Betracht ziehen. Beachte stets Faktoren, die in solchen groben Faustformeln meist unberücksichtigt bleiben, einen großen Einfluss haben und sich ändern können, wie z.B. Steuern, Gebühren, Inflation und Kosten.
Wenn du deinen Ruhestand selbst in die Hand nehmen möchtest, kann dir die 4-Prozent-Regel den ersten Schritt erleichtern, auch wenn sie keine Garantie ist. Weitere Tools wie der extraETF Entnahmerechner helfen dir, fundierte Entscheidungen beim Entsparen und der Entnahme zu treffen sowie verschiedene Szenarien durchzurechnen.
Häufige Fragen zur 4-Prozent-Regel
Risikohinweis: Die in diesem Beitrag gemachten Angaben und Darstellungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Es wird keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen. Die Inhalte können eine steuerliche und/ oder juristische Beratung nicht ersetzen. Die Inhalte stellen eine solche Beratung nicht dar und können diese auch nicht ersetzen. Daher ist eine Haftung oder Inanspruchnahme jedweder Art ausgeschlossen.
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- Alles über die 4-Prozent-Regel
- Definition: Was ist die 4-Prozent-Regel?
- Anwendung: Wie funktioniert die 4-Prozent-Regel?
- Beispiel: So wendest du die 4-Prozent-Regel an
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- Tipps für die Praxis der 4-Prozent-Regel
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