10. November 2017
Uwe Zimmer

Uwe Zimmer: Sehnsucht nach dem Sparadies

Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis die Zinsen wieder steigen. Ob das aber zu einem Zinsschock führt oder so langsam abläuft, dass es fast unbemerkt bleibt, hängt jetzt von drei Faktoren ab, so Uwe Zimmer.

Uwe Zimmer über die Zinslage

Zum einen ist der Zins * ja der Preis für Geld. Und Geld gibt es reichlich. Selbst wenn die Notenbanken jetzt die Liquiditätsschwemme beenden, haben sie doch in den vergangenen Monaten und Jahren so viel Geld in den Markt gegeben, dass diejenigen, die Zugriff darauf hatten, mehr als üppig ausgestattet sind. Oder im Zweifel immer noch nicht wissen, wohin damit. So mag sich also die Zeit der negativen Zinsen dem Ende zuneigen. Eine echte Preisexplosion für die Ware Geld ist aber daraus nicht zu erwarten.

Und auch in der realen Welt steht eine Preisexplosion nicht an. Trotz der jahrelangen Geldschwemme sind die Preise kaum gestiegen. Die Inflation ist weltweit derzeit schlichtweg kein Thema. Nun sehen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weltweit gar nicht schlecht aus. Die Wirtschaften wachsen, so richtig schlecht geht es gerade in keinem Land. In den meisten Industrieländern ist die Arbeitslosigkeit niedrig oder auf dem Rückzug, zum Teil steigen die Löhne recht deutlich und die Menschen können mehr ausgeben. Der private Konsum ist eine Stütze der Konjunktur. Eigentlich ein Szenario für Inflation.

Trotzdem hängt über der gut laufenden Wirtschaft ein Schatten. Die weltpolitischen Krisen lassen keine Euphorie aufkommen und ein kaum vorhersehbar agierender Präsident Trump lässt Märkte und ihre Meinungsmacher in Unsicherheit verharren. Dazu kommt: Die Konjunktur läuft in vielen Staaten bereits seit einiger Zeit gut. Mehrere gute Jahre hintereinander lassen Stimmen laut werden, die ein Ende der positiven Entwicklung sehen. Der Aufschwung könnte auslaufen, ohne dass die übliche Runde der Überhitzung mit Inflation erreicht wird. Aus der Inflationsdebatte ist also auch eher kein schneller Zinsanstieg zu erwarten.

Etwas anders sieht da beim dritten Faktor aus: der Marktstimmung. Denn mittlerweile sehnen die Märkte eine Zinswende herbei. Endlich wieder Geldverdienen mit Anleihen, endlich wieder eine Rendite ohne Risiko. Das ist das Paradies, aus dem die Banker durch die Finanzkrise vertrieben wurden. Und nach dem sie sich zurücksehnen. Diese Sehnsucht ist stark und sie könnte dazu führen, dass die Märkte sich ihre eigene Vorstellung von der Zukunft machen. Dann im Herdentrieb danach handeln und so Fakten schaffen, an denen auch Notenbanken nicht vorbeikommen.

Wenn die Märkte die Zinsen in die Höhe treiben wollen, dann könnte ihnen das gelingen. Und da es wenige innerhalb der Branche gibt, die dadurch verlieren würden, ist der Widerstand auch gering. Verlierer wäre höchstens die reale Wirtschaft, die sich an die niedrigen Zinsen und die Verfügbarkeit billigen Geldes gewöhnt hat.

Wenn also die Banker mit Macht zurück ins Zinsparadies streben, könnten sie sich ihre eigene Prophezeiung erfüllen. Sie könnten den Zinsanstieg schneller kommen lassen, als die Notenbanken das wollen. Dazu müssten sie sich nur einig sein. Ob sie das sind, werden die kommenden Monate zeigen.

Über den Autor

Uwe Zimmer ist geschäftsführender Gesellschafter der z-invest GmbH in Köln.