Chinas langer Marsch zurück an die Weltspitze
China ist für Privatanleger einen Blick wert. Michael Gollits, Vorstand von Heydt & Co., zeigt wie das Reich der Mitte zur Weltspitze zurückkehren dürfte.
Eine zentrale Rolle im 2021 gestarteten 14. Fünf-Jahresplan Chinas spielen der Ausbau einer digitalen Infrastruktur, Elektro- und Wasserstoffmobilität und ehrgeizige Klimaziele. Dazu muss man verstehen, dass für China der wirtschaftliche Aufstieg eine Rückkehr zum Normalzustand bedeutet. Die Wurzeln der chinesischen Geschichte reichen 5.000 Jahre zurück. Für den größten Teil dieses Zeitraumes war China der größte Wirtschaftsraum der Welt.
Der jüngste Aufstieg entlang der Wertschöpfungskette in High-Tech-Branchen mit Internetkonzernen wie Alibaba, Tencent und Huawei ist für China nur eine Zwischenetappe. Auch wenn damit der Einfluss des Landes nun direkt in die Nervensysteme der westlichen Staaten, Unternehmen und Haushalte reicht. Mit dem jetzt in Kraft gesetzten Fünfjahresplan will China vor allem die Binnenkonjunktur stärken. Es soll weniger auf den Export von Waren, als mehr auf den Konsum im Inland gesetzt werden.
Der Reichtum chinesischer Küstenmetropolen und der Hauptstadt soll sich tiefer in das Landesinnere verbreiten. Im neuen Fünfjahresplan wird zwar erstmals mit der Tradition eines Wachstumszieles gebrochen. Grund ist die Corona-Pandemie, die Chinas Wirtschaft erstmals seit 40 Jahren vorübergehend schrumpfen ließ. Eine Rückkehr des Wachstumsziels ist aber zu erwarten, zumal Chinas Wirtschaft die Corona-Pandemie hervorragend überstanden hat. Statt der 6,5 Prozent des noch aktuellen Jahresplans sind dann eher 4,5 Prozent zu erwarten. China setzt nun mehr auf Qualität als auf Tempo.
Der Ausbau der digitalen Infrastruktur wird wahrscheinlich die westlichen Konkurrenten deutlich übertreffen
Das zentrale Element der chinesischen Industriepolitik wird der Ausbau einer digitalen Infrastruktur sein, die nach ihrer Umsetzung wahrscheinlich die westlichen Konkurrenten deutlich übertreffen wird. Hand in Hand geht damit ein Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Bahnnetzes, der Energieversorgung, sowie der Elektro- und Wasserstoffmobilität. All diese Komponenten spielen auch eine zentrale Rolle bei der Erreichung der selbstgesetzten sportlichen Klimaziele Chinas. Zwar will China die Klimaneutralität erst 2060 und damit zehn Jahre später als die EU erreichen, aber das Land startet auch bei der Senkung seiner Kohlendioxidemissionen deutlich später, während Europas Ausstoß schon seit den 90-er-Jahren sinkt.
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Bei der Umsetzung vertraut China auf die Effizienz marktwirtschaftlicher Anreize. Die Makroebene legt die Marschrichtung inklusive Finanzierung fest. In der aktuellen Phase bis 2022 wird ein Kommunikationsnetz aus 5G-Mobilfunk und Satelliten ausgerollt. In der zweiten Phase (bis 2025) werden Cloud-Computing-Kapazitäten, intelligente Strom- und Eisenbahnnetze und die Grundlagen für ein Internet of Things für die industrielle Nutzung aufgebaut.
Die im Westen nicht wirklich umgesetzte Industrie 4.0 wird in China damit Wirklichkeit. Höhere Automatisierung und eine effizientere Logistik sollen für die Bürger zu geringeren Lebenshaltungskosten und höherem Lebensstandard führen. Schließlich wird Chinas Pool an Arbeitskräften mit der Gesamtbevölkerung ab 2025 schrumpfen und altern. Langfristig sollen in China das Internet of Things, künstliche Intelligenz und Vernetzung beispielsweise Landwirtschaft, Medizin oder den Straßenverkehr verbessern.
Die im Westen nicht wirklich umgesetzte Industrie 4.0 wird in China Wirklichkeit
Nimmt man Ultrahochspannungsleitungen und das Bahnnetz hinzu, so wird China Schätzungen zufolge rund 2,1 Billionen US-Dollar bis 2025 für seine neue Infrastruktur ausgeben. Es werden mehr als 200.000 neue Arbeitsplätze für Ingenieure pro Jahr geschaffen. Die Internetunternehmen Alibaba und Tencent haben für die nächsten drei bis fünf Jahre erhebliche Summen für digitale Infrastruktur-Investitionen reserviert.
Die chinesische Technologiebörse STAR wird eine wesentliche Rolle bei der Finanzierung neuer Unternehmen spielen, die von dem erwarteten Infrastruktur-Boom profitieren werden. China verspricht sich durch diese Investitionen ab 2025 jährlichen Kostensenkungen von rund 700 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Die Betreiber der Infrastruktur könnten Schätzungen zufolge im Schnitt ihre Anlagen nach drei Jahren in Betrieb nehmen. Je nach Typ werden Projektrenditen zwischen 12 und 31 Prozent erwartet.
China First – das Land will unabhängig von westlichen Zulieferern und Patenten werden
Wer profitiert von den Investitionen? China First! Der Handelskonflikt mit den USA hat China noch mehr angestachelt, in möglichst allen Bereichen unabhängig von westlichen Zulieferern und Patenten zu werden. Für den Investor wird es entscheidend sein, die gesamte Wertschöpfungskette in diesem Mammut-Projekt zu entschlüsseln und die Gewinner unter den lokalen Unternehmen zu identifizieren.
Über den Autor: Michael Gollits
Michael Gollits ist Vorstand von der Heydt & Co. AG und Portfolioadvisor des OVID Infrastructure HY Income Fonds.