Schwacher Euro: Was das für dein ETF-Portfolio bedeuten kann
Verglichen mit dem US-Dollar ist der Euro derzeit so schwach wie seit Anfang des Jahrtausends nicht mehr. Was bedeutet das für die Geldanlage mit ETFs?
Ein Euro war am Mittwoch nur noch 0,9901 US-Dollar wert. Das war der niedrigste Stand seit 2002. Inzwischen hat er sich wieder etwas erholt und lag am Donnerstag bei 1,0007 Dollar. Zum Aufatmen reicht das jedoch noch lange nicht. Denn ein schwacher Euro wirkt sich unmittelbar auf die Aktienmärkte aus.
Im Juli war der Euro schon einmal unter die Parität gefallen – also unter das Tauschverhältnis von eins zu eins. Als die EZB am 22. Juli dann die Zinserhöhung bekannt gab, erholte sich die Gemeinschaftswährung um 50 Basispunkte. Jetzt ist der Wert wieder gesunken – und Experten gehen davon aus, dass er auch trotz der leichten Erholung noch weiter nachgeben könnte.
Deshalb ist der Euro schwach
Passieren könnte das, wenn die Gaslieferungen aus Russland ganz ausbleiben und die europäische Wirtschaft in eine Rezession rutscht. Dieses Szenario wird von vielen als äußerst wahrscheinlich betrachtet. Diese Ängste verstärken die Schwäche des Euro. Laut Analysten der Commerzbank greift die Konjunkturangst um sich.
Hinzu kommt die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Zwar wurde der Leitzins angehoben und soll auch noch weiter angehoben werden. Doch der erste Schritt mit 0,5 Prozentpunkten ist nur ein kleiner und auch die nächsten Schritte werden wohl in einem ähnlich geringen Umfang ausfallen.
Die Sorgen um die EU und den Euro sind nicht neu. Abgesänge auf die Währung kann man schon seit Jahren immer wieder hören. Bislang hatten die Kritiker und Crashpropheten unrecht. Dennoch geht die Angst jetzt wieder um.
Schwacher Euro kann Vorteile haben
Devisen- und Aktienmärkte beeinflussen sich unmittelbar. Wer europäische Aktien und Anleihen im Depot hat, dürfte die Entwicklung daher mit Sorge betrachten. Kommt die Rezession, werden viele Firmen womöglich handlungsunfähig weil sie notwendige Importe nicht mehr zahlen können. Ein starkes Wachstum wäre dann über Monate (im schlimmsten Fall Jahre) unwahrscheinlich. Eine schwache Konjunktur bedeutet dann wiederum auch eine schwache Währung.
Doch nicht alles ist schlecht an der Euro-Schwäche. Denn der Export wird somit günstiger und das ist insbesondere in schwierigen Zeiten gut für die Volkswirtschaften der Eurozone – sie steigern mit günstigeren Preisen ihre Wettbewerbsfähigkeit und das wiederum ist positiv für die Konjunktur.
In Deutschland etwa hängt jeder fünfte Arbeitsplatz vom Export ab. Diese könnten durch einen schwachen Euro also möglicherweise geschützt werden.
Anlegerinnen und Anleger, die viel in US-Aktien und ETFs investiert sind, profitieren vom schwachen Euro und können den sogenannten Wechselkursgewinn für sich nutzen – sofern sie verkaufen wollen. Das funktioniert oft aber nur in der Theorie und kurzfristig. In der Realität werden Papiere, die an deutschen Börsen gehandelt werden, jedoch aktuell weder stark unter dem schwachen Euro leiden noch von ihm profitieren. Denn die meisten Banken und Broker rechnen etwa den US-Dollar automatisch in Euro um. Somit kann anstelle des Wechselkursgewinns auch wieder das Wechselkursrisiko zum Tragen kommen – und Anleger können somit trotzdem Verluste machen.
Wie sich der Euro mittel- bis langfristig entwickelt, lässt sich kaum vorhersagen. Der Wind kann recht schnell auch wieder drehen. ETF-Anleger sollten sich von der schwachen Leitwährung also nicht zu sehr in ihren Anlageentscheidungen beeinflussen lassen und jetzt blindlings ihr Depot umschichten. Ein guter Mix aus breit gestreuten Positionen, die idealerweise Industrie- und Schwellenländer abdecken, ist immer noch der beste Schutz gegen Verluste jeglicher Art.
Autor Katja Brauchle
Katja Brauchle ist eine erfahrene Online-Redakteurin mit einem Schwerpunkt auf Finanzthemen. Nach zwei Jahren Festanstellung bei extraETF ist sie nun nebenberuflich als freie Redakteurin tätig. Sie arbeitet derzeit als Content Strategy Managerin bei der Augsburger Allgemeinen.
Die Geldanlage mit ETFs ist denkbar einfach. Die passenden Produkte auswählen, Einmalzahlung tätigen oder Sparplan einrichten und sich entspannen. Doch selbst ein ETF-Portfolio muss gepflegt werden: Etwa durch Rebalancing.
Zuletzt sank der Euro kurzfristig unter die Ein-Dollar-Marke. Die weltwirtschaftlichen und politischen Verwerfungen und die ewig lange Untätigkeit der EZB führten zu einem Vertrauensverlust und begünstigten den Anstieg des US-Dollars.