Nach Rekordhoch: Deshalb wird Gas jetzt wieder günstiger
Damit hatte kaum jemand gerechnet. Die Preise für Gas sind nach dem Rekordhoch vom August deutlich gesunken. Können wir jetzt etwa aufatmen?
Die Energiepreise waren in den vergangenen Monaten Haupttreiber der Inflation und ein großer Angstfaktor für viele Menschen in Deutschland und auch in anderen Ländern Europas. Zum Höhepunkt gingen die Schreckensszenarien so weit, dass sich die Sorgen vor einem Blackout – also einem umfassenden und lang anhaltenden Stromausfall – breit machten. Das soll passieren, weil viele Menschen ihre Gaskosten mit Elektroheizern niedrig halten wollen und so das gesamte Stromnetz überlasten. Doch obwohl Stromausfälle natürlich immer vorkommen können, ist dieses Szenario ist sehr unwahrscheinlich.
Kehrtwende beim Gaspreis
Doch kommt nun ohnehin die Kehrtwende, können die Elektroheizungen im Baumarkt bleiben? Seit Ende August sinken die Preise für Erdgas an den Börsen deutlich. Was bedeutet das nun für uns, ist das Schlimmste etwa überstanden?
Gestern, am 14. September, fiel der Preis für Gas kurzzeitig auf 181 Euro und lag damit knapp 50 Prozent unter seinem Rekordhoch von 346 Euro Ende August. Zwar lag der Preis bereits mittags wieder bei 190 Euro, dennoch ist der Rückgang ein wichtiges Signal. Aber was war passiert? Russland hat die Gaslieferungen zuletzt komplett eingestellt und damit kurzzeitig für Chaos an den Märkten gesorgt. Die Sorge vor einem Gasmangel trieb die Kurse in Rekordhöhen.
Ungefähr zur selben Zeit verkündete Wirtschaftsminister Robert Habeck jedoch, dass die Gasspeicher bereits weiter gefüllt seien, als erwartet – was wiederum zu einer erheblichen Erleichterung führte. Sein Ministerium geht davon aus, dass die Gasspeicher noch im Februar zu 40 Prozent gefüllt sein könnten. Abhängig ist das vor allem davon, wie kalt der Winter wird. Doch diese Aussichten haben die Lage am Gasmarkt massiv entspannt.
Gas: Neue Akteure am Markt
Hinzu kommt die Vermutung von Experten, dass der russische Gaskonzern Gazprom mit dem Lieferstopp das Ende seiner Möglichkeiten erreicht hat – noch mehr Druck ausüben ist quasi nicht möglich. Nur noch 9 Prozent des in der EU ankommenden Gases kommt jetzt aus Russland. Vor dem Krieg in der Ukraine lag das Aufkommen bei 40 Prozent. Das ist auch für die russische Wirtschaft inzwischen äußerst schädlich.
Europa hingegen baut inzwischen auf Gas von Anbietern aus anderen Ländern. Flüssiggas (LNG) könnte künftig etwa auch aus Israel kommen. 10 Prozent des russischen Gases könne man ersetzen, so der israelische Regierungschef Jair Lapid bei einer Pressekonferenz mit Olaf Scholz.
Der Gasmarkt, wie auch andere Rohstoffmärkte, ist äußerst volatil und reagiert schnell auf aktuelle Ereignisse. Analysten gehen davon aus, dass die Preise über den Winter noch weiter fallen könnten. In einem Bericht von Goldman Sachs geht man gar davon aus, dass sie im ersten Quartal 2023 bis auf 100 Euro fallen könnten. „Europa hat das Puzzle in den vergangenen zwölf Monaten erfolgreich gelöst, mit einer Kombination aus reduzierter Gasnachfrage in Europa und LNG-Käufen in aller Welt“, ist im Bericht zu lesen.
Ein Ende der Energiekrise ist dennoch vorerst noch nicht in Sicht. Auch wenn der Gaspreis im Februar auf 100 Euro fallen sollte, wäre er dann immer noch rund fünfmal so hoch wie vor dem Ukrainekrieg. An den höheren Preisen werden auch neue Anbieter auf kurze Sicht wenig ändern. Experten raten weiterhin zu einem sparsamen Gasverbrauch, sowohl in Industrie als auch in Privathaushalten. Die Angst vor einem Blackout sollten Verbraucherinnen und Verbraucher dennoch nicht haben.
Autor Katja Brauchle
Katja Brauchle ist eine erfahrene Online-Redakteurin mit einem Schwerpunkt auf Finanzthemen. Nach zwei Jahren Festanstellung bei extraETF ist sie nun nebenberuflich als freie Redakteurin tätig. Sie arbeitet derzeit als Content Strategy Managerin bei der Augsburger Allgemeinen.