Grindr: Kursverdoppler zum Börsendebüt, aber wie heiß geht es wirklich her?
Grindr, die Dating-App für die LGBTQ-Community ist an der Börse. Und hat sich aus dem Stand heraus im Kurs verdoppelt. Doch Datenschutz und eine komplexe SPAC-Struktur lassen aufhorchen.
Auch börsennotierte Dating-Plattformen wie Bumble und Match sind in diesem Jahr an der Börse ziemlich ins Straucheln geraten, weil vor allem Tech-Unternehmen im Bärenmarkt unter die Räder gekommen sind. Bumble hat seit Jahresbeginn 30 Prozent an Börsenwert verloren, die Match Group sogar 65 Prozent. Dennoch wagte Grindr diesen Schritt – über einen so genannten SPAC.
Das sind SPACs
SPACs sind Mantelunternehmen ohne eigenes Geschäftsmodell. Sie nehmen Kapital über einen Börsengang ein und bringen damit ein nicht börsennotiertes Unternehmen später an die Börse. Das geht quasi im Schnelldurchlauf. Man muss keine Investmentbank mit den Vorbereitungen eines Börsengangs beauftragen, man braucht keien Genehmigung und Zulassungen zum Handel durch die Börsenaufsichtsbehörden und keine Börsenprospekte etc. Berühmte SPAC sind die Aktien von Nikola Motors oder Virgin Galactic.
So machte es denn auch Tiga Acquisition mit Grindr. Und seit Freitag ist Grindr unter dem Kürzel GRND in New York an die Börse gegangen. Von 16,90 USD erstem Kurs stieg die Aktie zeitweise auf 71,51 USD. Der erste Schlusskurs war immer noch ein Verdoppler: 36,50 USD.
Der Kurssprung dürfte hauptsächlich dadurch zustande gekommen sein, dass wenige Aktien gehandelt worden. Nach Medienberichten sollen 99 Prozent der Aktionäre ihre Beteiligung an dem SPAC zurückgegeben haben.
SPACs kamen nach der Finanzkrise 2008 auf und feierten während der Corona-Pandemie ein Comeback. Die Blanko-Scheck-Investments, wie sie auch genannt werden, weil die Zeichner zunächst gar nicht wissen, in wen oder was als Übernahmeziel sie investieren, trafen auf enorme Nachfrage. Bis anderswo höhere Erträge lockten.
Ein Börsengang in einem so schwierigen Umfeld soll aber nicht über die langfristigen Vorteile eines Listings hinwegtäuschen: Mehr Sichtbarkeit, bessere Möglichkeiten an Kapital zu kommen, die Wahrnehmung bei potentiellen Bewerbern – all das sind Vorteile.
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Expansion und mehr Kunden – Doch Probleme mit Datenschutz
Mit dem Kapital will Grindr expandieren und weitere Kunden gewinnen. Zum Börsengang hob Gründer George Arison hervor, dass der IPO ein Meilenstein sei – auch für die LGBTQ-Community. Doch Gegenwind gibt es ebenfalls: Schon im März hatte Grindr seine Börsenpläne öffentlich gemacht. Im Mai berichtete das „Wall Street Journal“, dass Grindr Daten ihrer Nutzer verkauft haben soll.
Grindr behauptete, dass seit Anfang 2020 weniger Informationen mit Werbepartnern geteilt worden seien. Wegen Datenschutzverstößen hatte schon die norwegische Datenschutzbehörde im Dezember 6,4 Millionen Euro Geldstrafe verhängt – wegen Verstößen gegen Datemschutzbestimmungen. In Deutschland hatte die Stiftung Warentest davor gewarnt, dass Grindrs Datenschutz nicht ausreiche.
Die Zahlen sprechen auf der anderen Seite auch für das Unternehmen, das 2009 gegründet worden war – früher als Tinder (2012). Grindr hat im ersten Halbjahr 90 Millionen US-Dollar Umsätze erzielt. Ein Plus von gut 40 Prozent im Jahresvergleich. Grindr arbeitet nach eigenen Angaben profitabel. Knapp 11 Millionen aktive User nutzen die Plattform. Die meisten – rund 80 Prozent – sind höchstens 35 Jahre alt.