5. September 2022
Gaskrise eskaliert: So reagieren die Aktienkurse auf Putins Lieferstopp

Gaskrise eskaliert: So reagieren die Aktienkurse auf Putins Lieferstopp

Nord Stream 1 muss erneut gewartet werden – und die Gaslieferungen aus Russland werden vollständig gestoppt. Die Aktienkurse reagierten empfindlich.

Immer wieder scheint an der Ostseepipeline etwas nicht korrekt zu funktionieren, was zunächst zu eingeschränkten Gaslieferungen geführt und nun für einen vollständigen Lieferstopp gesorgt hat. Nun habe man ein Ölleck entdeckt und müsse daher den Betrieb vorerst völlig einstellen.

Dass die Pipeline tatsächlich so viele Schwierigkeiten macht, halten Experten für unwahrscheinlich. Und obwohl die deutschen Gasspeicher zu etwa 85 Prozent gefüllt sind, mehren sich nun Ängste vor einem kalten Winter und einer Rezession. Ein Nervenspiel Russlands? Anlegerinnen und Anleger jedenfalls sind in Sorge.

Gaspreise explodieren

Der Montagmorgen startete mit einer Schreckensmeldung. Um 30 Prozent schlossen der Gaspreis am Spotmarkt kurzfristig nach oben, dann pendelte er sich zunächst auf einem 20 Prozent höheren Preis als am Freitag ein.

Die Aktienkurse reagierten prompt. Der Dax war zu Handelsbeginn auf Talfahrt. Rund drei Prozent Verlust musste der deutsche Leitindex einstecken. Zum Zeitpunkt dieser Recherche notiert er bei 12.629 Punkten. Enttäuschend, nachdem noch am Freitag die 13.000-Punkte-Marke wieder geknackt wurde. Im März und Juli erreichte der Dax jeweils ein Tief von 12.400 Punkten – dieses Szenario scheint nun erneut denkbar.  

Auch MDax und EuroStoxx 50 gaben unter der Eskalation der Gaskrise deutlich nach. Der MDax verlor im Frühhandel 2,8 Prozent, der EuroStoxx 50 2,6 Prozent.

Euro weiter unter Druck

Nicht nur die Aktienkurse reagieren negativ auf die jüngsten Meldungen. Auch der Euro steht angesichts der Situation deutlich unter Druck und fiel am Montagmorgen auf 0,9881 US-Dollar – und liegt somit erneut unterhalb der Parität. Zuletzt war ein Euro im Dezember 2002 so günstig. Der von der EZB festgelegte Referenzkurs lag am Freitag bei 0,9993 US-Dollar.

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Sorge vor Rezession

Nicht nur Anlegerinnen und Anleger, auch Wirtschafts- und Finanzexperten fürchten nun einen massiven konjunkturellen Einbruch. Nach Auslaufen des Tankrabatts und des 9-Euro-Tickets ist ohnehin von einer steigenden Inflation auszugehen. Die weiter steigenden Energiepreise sollten dieses Problem noch verschärfen. Das wiederum setzt die Europäische Zentralbank unter Druck, die Geldpolitik weiter zu straffen. Ifo-Chef Clemens Fuest fürchtet ein „dunkles Szenario“, welches vor uns liegt. Eine Rezession sei nun kaum mehr vermeidbar. Einige Unternehmen reagieren bereits darauf, so hatte etwa Arcelor Mittal – größter Stahlkonzern der Welt – am Freitag bekanntgegeben, zwei Anlagen in Deutschland vorerst abzustellen.

Wie schwer es uns tatsächlich trifft, hängt unter anderem davon ab, wie stark der Verbrauch von Gas und Strom nun gesenkt werden kann. Die Schwierigkeit: Gleichzeitig soll die Produktion im Land nicht zu stark eingeschränkt werden. Schätzungen zufolge müssen sowohl Industrie als auch Privathaushalte ihren Gasverbrauch um jeweils ein Fünftel (verglichen mit den Vorjahren) senken um Rationierungen im Winter zu entgehen. Im Juli ist das der Industrie bereits gelungen: Laut Bundesnetzagentur verbrauchten Betriebe rund 21 Prozent weniger Gas als durchschnittlich von 2018 bis 2021. Anders sieht es leider bei Privathaushalten aus. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte gegenüber der F.A.Z., dass private Verbraucher in der ersten Septemberwoche ihren Gasverbrauch sogar leicht gesteigert hätten.