Replikationsmethoden von ETFs

ETFs können einen Index auf drei verschiede Arten abbilden


Die Entwicklung eines Index möglichst eins zu eins abbilden, dass ist eines der wesentlichen Kennzeichen von ETFs. Im Idealfall erfolgt diese Indexabbildung zudem ohne größere Preisabweichungen (Tracking Error). Um die genaue Indexabbildung darzustellen, können ETF-Anbieter auf drei verschiedene Replikationsmethoden zurückgreifen.

Im folgenden Ratgeber erläutern wir die Replikationsmethoden von ETFs.

Das Wichtigste in Kürze:
Alles über die Replikationsmethoden von ETFs

  • Arten der Indexabbildung: ETFs können einen Index physisch oder synthetisch abbilden. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile.

  • Kontrahentenrisiken: Synthetisch abbildende ETFs (Swap-ETFs) haben gewisse Ausfallrisiken, die je nach Art der Indexabbildung unterschiedlich abgesichert werden.

  • Steuervorteile: Synthetisch abbildende ETFs können Renditevorteile durch eine Optimierung der Quellensteuer erwirtschaften.

  • Große Auswahl: Je nach individueller Präferenz können Anlegerinnen und Anleger meist physisch oder synthetisch replizierende ETFs auswählen.

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Replikationsmethoden von ETFs im Vergleich

ETFs haben das Ziel, den zugrundeliegenden Index möglichst eins zu eins abzubilden. Um die exakte Indexabbildung zu gewährleisten, können die ETF-Anbieter auf drei Replikationsmethoden zurückgreifen: die vollständige Replikation (Full Replication), die repräsentative Auswahlmethode (Optimized Sampling) oder die synthetische Nachbildung in Form von Tauschgeschäften (Swaps).

  • Vollständige physische Replikation: Der ETF investiert eins zu eins in die im Index enthaltenen Werte.
  • Optimierte physische Replikation: Der ETF investiert nur in ausgewählte Werte des Index. Er versucht damit eine sehr ähnliche Wertentwicklung wie der Index zu erzielen.
  • Synthetische Replikation: Der ETF investiert in ein Wertpapier-Portfolio und tauscht dessen Wertentwicklung gegen die Entwicklung des Index.

In der folgenden Tabelle haben wir die wesentlichen Unterschiede der Replikationsmethoden miteinander verglichen. 

ReplikationsmethodeVollständige
Replikation
Repräsentative
Auswahlmethode
Synthetische
Replikation
BeschreibungIndex wird eins zu eins nachgebildetETF investiert in ausgewählte IndexwerteAbbildung erfolgt über ein Tauschgeschäft (Swap)
BasiswerteAktien, AnleihenAktien, AnleihenAktien, Anleihen, Rohstoffe, Short- Leverage
IndexbestandteileLiquide TitelIlliquide TitelLiquide und illiquide Titel, Spezielle Märkte (z.B. China)
IndexmitgliederWenigVieleWenig bis viele
AusschüttungAusschüttend und thesaurierendAusschüttend und thesaurierendMeist thesaurierend
Beispiel-IndizesDax, MDax, EuroStoxx 50, Dow Jones 30MSCI World, FTSE All-World, MSCI Emerging MarketsMSCI World, S&P 500, Rohstoff-Indizes, Short Dax
Quelle: extraETF Research, Stand 11/2022

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Physische Replikation

Vollständige Replikation (Full Replication)

Die vollständige physische Replikation wird oft auch als direkte Replikation (kurz: DR) bezeichnet und ist am einfachsten zu erklären: Ein vollständig replizierender ETF bildet den Index durch Kauf der jeweiligen Indextitel in der entsprechenden Gewichtung eins zu eins nach. Deshalb ist in diesem Kontext gerne von der Formel „What You See Is What You Get” (kurz: WYSIWYG) die Rede. Meist findet diese Art der Indexreplikation bei Indizes statt, die wenige Indexmitglieder haben (z.B. Dax Index) und wo der Verwaltungsaufwand entsprechend niedrig ist.

Bei Indexanpassungen muss der ETF sein Portfolio umstellen. Das kann dann passieren, wenn beispielsweise ein neuer Titel in den Index aufgenommen wird oder ein Unternehmen aufgrund der Indexregeln aus dem Index herausfällt. Solche Indexänderungen sind vor allem wichtig für Fonds, die Indizes exakt nachbilden, also ETFs. Im Portfolio müssen diese Wertpapiere dann entsprechend umgeschichtet werden.

Durch diese Anpassungen fallen innerhalb des ETFs Transaktionskosten an, die zu Abweichungen zwischen dem ETF-Kursverlauf und dem Index führen. Daher nutzen physisch replizierende ETFs oft die sogenannte Wertpapierleihe. Dabei werden Wertpapiere verliehen, wofür der ETF eine Gebühr erhält. Diese Einnahmen werden benutzt, um Kostennachteile der zuvor genannten Transaktionen auszugleichen. Bei einer Wertpapierleihe entsteht allerdings ein Kontrahentenrisiko. Denn theoretisch kann es hier einen Ausfall des Entleihers geben. Für diesen Fall hinterlegt der Entleiher allerdings Sicherheiten, um so gegen Zahlungsunfähigkeit geschützt zu sein.

Repräsentative Auswahlmethode (Optimized Sampling)

Bei großen Indizes, wie dem MSCI World Index oder dem FTSE All-World Index, kommt meist die repräsentative Auswahlmethode (Optimized Sampling) zum Einsatz. Dabei werden nur diejenigen Werte aus einem Index tatsächlich physisch erworben, die auch den größten Einfluss auf den Kurs des Index haben.

Dazu ein Beispiel: Im MSCI World Index sind derzeit rund 1.700 Unternehmen enthalten. Der iShares Core MSCI World UCITS ETF (Acc) ist ein physisch replizierender ETF, der zur Indexabbildung optimiertes Sampling nutzt. In diesem MSCI World ETF sind daher nur rund 1.500 Titel enthalten. Er verzichtet also darauf in die 200 Werte des Index zu investieren, die die niedrigste Indexgewichtung aufweisen. 

Diese Werte haben nahezu keinen Einfluss auf die Preisentwicklung des Index. Der Verzicht auf die kleinsten Werte spart Transaktionskosten im ETF, die sich dann in einer niedrigeren Gesamtkostenquote (TER) widerspiegeln. Davon profitieren dann auch Anlegerinnen und Anleger des ETFs. 

Physisch replizierende ETFs sind derzeit gefragt

Bild von extraETF Gründer Markus JordanMarkus Jordan, Gründer extraETF
Anlegerinnen und Anleger sollten bei der ETF-Auswahl nicht zu viel Fokus auf die Art der Indexreplikation legen. Beide Varianten haben bestimmte Vor- und Nachteile. Der Trend geht derzeit eher zu ETFs, die den Index physisch abbilden.
Markus Jordan, Gründer extraETF

Synthetische Replikation (Swap)

Eine komplexere Art der Indexabbildung ist die synthetische Indexreplikation mittels eines Tauschgeschäfts (Swap). Der ETF investiert dabei in ein beliebiges Wertpapier-Portfolio und tauscht dessen Wertentwicklung gegen die Entwicklung des Index. Über diesen „Umweg“ können Swap-ETFs die Indexentwicklung in der Regel genauer abbilden und weisen daher einen niedrigen Tracking Error auf.

Schon gewusst?
Was ist ein Swap-ETF?

Ein Swap-ETF funktioniert, indem der ETF in einen Wertpapierkorb investiert. Dieser Wertpapierkorb enthält Wertpapiere, die im abzubildenden Index enthalten sein können, aber nicht unbedingt müssen. Es können auch indexfremde Wertpapiere gekauft werden. Um die Indexperformance dennoch möglichst präzise abzubilden, wird zwischen dem ETF und einem Swap-Kontrahenten ein Tauschgeschäft (Swap) vereinbart. Der Swap-Kontrahent ist meist eine Investmentbank oder ein Konsortium aus mehreren Banken. Swaps sind eine spezielle Art von Derivaten, die bei ETFs oft eingesetzt werden.

Das Tauschgeschäft sieht wie folgt aus: Der ETF zahlt dem Swap-Partner die Rendite aus dem Wertpapierkorb. Im Gegenzug erhält der ETF vom Swap-Partner die Indexrendite. Durch diesen Prozess ist sichergestellt, dass sich der ETF immer genau so entwickelt wie die Indexentwicklung es vorgibt. Er stellt zudem sicher, dass Swap-ETFs in der Regel eine höhere Replikationsqualität aufweisen.

Der größte Vorteil von Swap-ETFs ist die Möglichkeit, Märkte abzubilden, die aufgrund von Handelsrestriktionen oder Illiquidität nur schwer zugänglich sind. Die Kehrseite der Medaille liegt hingegen in einem möglichen Risiko von ETFs begründet. So besteht bei Swap-ETFs nämlich ein Kontrahentenrisiko, da der Swap-Partner ausfallen kann. Laut OGAW/UCITS-Richtlinie darf der Swap-Anteil eines ETFs allerdings nur maximal 10 Prozent des Sondervermögens betragen, was in der Praxis jedoch kaum erreicht wird.

Um die mit dem Swap einhergehenden Kontrahentenrisiken zu minimieren, wird bei synthetischen Replikationsmethoden zwischen Unfunded Swap-ETFs, Funded Swap-ETFs und Fully-Funded Swap-ETFs unterschieden. Auf die Unterschiede dieser drei Formen gehen wir nun im Detail ein.

Variante 1: Unfunded Swap-ETFs

Bei einem Unfunded Swap-ETF werden maximal 10 Prozent Swap-Anteile nicht extra über eine Versicherung oder Sicherheiten rückversichert. Es bleibt also ein Ausfallrisiko in Höhe des Swap-Gegenwertes für Anlegerinnen und Anleger bestehen.

Variante 2: Funded Swap-ETFs

Bei einem Funded Swap-ETF ist das Ausfallrisiko des Swaps zusätzlich abgesichert. Dies geschieht, indem der Entleiher den Swap-Gegenwert mindestens in gleicher Höhe mit Sicherheiten bei einem Sicherungsverwahrer hinterlegt. Sollte es zu einem Ausfall kommen, werden die hinterlegten Sicherheiten durch den Treuhänder sofort verwertet. Für Anlegende bleibt somit also nur noch ein minimales Restrisiko bestehen. Dieses Restrisiko hängt u.a. von der Preisentwicklung der hinterlegten Sicherheiten ab. In einer extremen Marktphase könnten diese drastisch an Wert verlieren und möglicherweise den Gegenwert des Swap-Geschäfts nicht mehr kompensieren.

Variante 3: Fully-Funded Swap-ETFs

Eine besondere Konstruktion stellt der Fully-Funded Swap-ETF dar. Der ETF hält nämlich anders als bei den anderen beiden Swap-Konstruktionen keinen Wertpapierkorb. Es wird also 100 Prozent des Fondsvermögens in einen Swap investiert. Allerdings werden Sicherheiten mit entsprechenden Aufschlägen hinterlegt. Der Sicherungswert liegt meist zwischen 100 und 120 Prozent des Swap-Wertes. In diesem Fall wird auch von einer Übersicherung gesprochen. Auch hier werden die hinterlegten Sicherheiten durch den Treuhänder bei einem Ausfall sofort verwertet. 
 

Die Replikationsgüte, auch Tracking-Error genannt, beschreibt die möglichst exakte Nachbildung eines Index. Anhand dieser Kennzahl können ETFs, die den gleichen Index abbilden, miteinander verglichen werden. 

 

 

Welche Replikationsmethode ist die beste?

Welche Replikationsmethode ist die beste?

Die Antwort, welche Replikationsmethode die beste ist, ist nicht eindeutig zu beantworten. Beide Varianten haben bestimmte Vor- und Nachteile. Synthetisch replizierende ETFs bilden die Indexentwicklung sehr genau ab und erzielen in bestimmten Märkten, z.B. beim amerikanischen S&P 500 Index, aufgrund von Steuervorteilen einen Renditevorsprung gegenüber dem Index. Zudem ermöglicht diese Replikationsmethode in schwer zugängliche Märkte oder spezielle Anlagestrategien mit ETFs zu investieren. Auf der anderen Seite haben sie ein zusätzliches Kontrahentenrisiko. Dieses Risiko wird in den meisten Fällen durch die Bereitstellung von Sicherheiten minimiert.

Physisch replizierende ETFs können vor allem bei der Transparenz und Einfachheit punkten. Anlegende finden im Sondervermögen genau das vor, was sie erwarten. Durch die Möglichkeit Bestände aus dem Sondervermögen zu verleihen, können zusätzliche Erträge generiert werden. Diese Erträge aus der Wertpapierleihe führen zu einer Reduzierung der Fondskosten und damit zu einer besseren Wertentwicklung des ETFs. 

Auch aus steuerlicher Sicht fallen seit der Investmentsteuerreform von 2018 bei physischen und synthetisch replizierenden ETFs ähnliche Abgaben an.

Fazit:
Kein großer Unterschied bei den Replikationsmethoden

Alle Formen der Indexreplikation ermöglichen es einem ETF, die Indexentwicklung sehr präzise abzubilden. Auch wenn das Ausfallrisiko bei Swap-ETFs als gering einzustufen ist, zeigen die investierten Gelder und die Anzahl der Produkte, dass physische ETFs von Anlegerinnen und Anlegern mehr gefragt sind. 

Da bei physisch replizierenden ETFs durch die Wertpapierleihe ebenfalls ein minimales Restrisiko besteht, macht es objektiv betrachtet keinen Unterschied, welche Art der Indexreplikation gewählt wird.

In vielen Fällen haben Anlegende die Wahl, ob sie lieber einen physisch replizierenden oder einen synthetisch replizierenden ETF auswählen. Über die ETF-Suche können ETFs einfach und bequem anhand der Replikationsmethode selektiert werden.

Wichtige Fragen zur Indexreplikation von ETFs