29. Dezember 2017
Stefan Wallrich

Stefan Wallrich: Auf die lange Bank geschoben

Das Nullzinsumfeld wird noch eine ganze Weile anhalten. Das hat Konsequenzen für das Anlageverhalten.

Stefan Wallrich über Anlagemöglichkeiten im Niedrigzinsumfeld

Ende Oktober war es wieder einmal so weit. Das oberste Gremium der Europäischen Zentralbank hat getagt und das weitere Vorgehen diskutiert. Auf die ultra lockere Geldpolitik der vergangenen Jahre soll nun eine Phase der Rekalibrierung folgen, wie EZB-Chef Mario Draghi auf der anschließenden Pressekonferenz verkündete. Die monatlichen Anleihekäufe werden ab Januar zwar von derzeit 60 Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro verringert, das Anleihekaufprogramm wird aber mindestens bis September 2018 fortgeführt. Gleichzeitig behalten sich die Notenbänker eine erneute Ausweitung vor, sollten die Umstände dies erfordern. Erste Zinsschritte sind damit wohl frühestens im Herbst 2019 zu erwarten.

Sparer, die sich jeglichem Anlagerisiko verweigern, müssen damit eine mindestens noch zwei weitere Jahre anhaltende Durststrecke in Kauf nehmen und ihr sauer verdientes Geld nahezu unverzinst auf Tages- und Festgeldkonten parken. Aufgrund der Inflation kommt es dadurch zu einer kontinuierlichen Kaufkraftabnahme des angesparten Vermögens.

Eine leichte Verbesserung der Situation kann hier die Beimischung von attraktiv verzinsten Unternehmensanleihen mittlerer Bonität bringen. Zwar sind die sogenannten High Yields schon gut gelaufen, mit einem Risikoprofil zwischen Aktie und Anleihe stellen sie bei längerem Anlagehorizont aber eine denkbare Möglichkeit dar, zumindest die Geldentwertung auszugleichen. Dabei sollte aufgrund des Zins *änderungsrisikos, das trotz der der aktuellen EZB-Politik langfristig gegeben ist, im Wesentlichen auf Schuldverschreibungen mit maximal mittlerer Laufzeit (drei bis sechs Jahre) zurückgegriffen werden. Einsteiger in diesen Bereich legen sich am besten einen Rentenfonds zu, der schwerpunktmäßig in Unternehmensanleihen ohne Investment- Grade-Rating (BB+ / Ba1 und niedriger) investiert.

Auf die heimischen Aktienmärkte hat die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank weiterhin stimulierenden Einfluss. Der Mangel an festverzinslichen Anlagealternativen wird noch eine ganze Weile bestehen bleiben, was für anhaltende Zuflüsse bei Dividendenpapieren sorgen dürfte. Von dieser Seite her drohen zunächst somit keine Belastungen.

Zwar kommt es immer auf die individuelle Risikotragfähigkeit des einzelnen Anlegers an, eine zumindest kleine Aktien- oder Aktienfondsposition stellt aber für praktisch jedes Wertpapierdepot eine Bereicherung dar. Im Hinblick auf die aktuellen Indexstände von DAX und Euro Stoxx 50 bieten sich dabei insbesondere Konzepte an, die nicht nur bei steigenden, sondern auch bei stagnierenden und sogar leicht fallenden Kursen attraktive Zugewinne versprechen. Hier können etwa verschiedene Zertifikatearten (zum Beispiel Discount-Zertifikate) eingesetzt werden. Oder es wird auf Fonds zurückgegriffen, die entsprechende Strategien verfolgen und beispielsweise ein Rentenportfolio mit dem Verkauf von Put-Optionen kombinieren.

Über den Autor

Stefan Wallrich ist Vorstand der Wallrich Wolf Asset Management AG in Frankfurt/Main.