18. Januar 2016
Ausblick 2016: Gibt es ein Horrorjahr?

Ausblick 2016: Gibt es ein Horrorjahr?

Wenn Trends lange genug laufen, die Stimmung extrem positiv ist, obwohl die eine oder andere Eintrübung schon zu sehen ist, ist die Überraschung groß, wenn es auf einmal ganz anders kommt. Auch 2016?

Seit der letzten Finanzkrise 2008/09 haben sich wichtige Anlageklassen außergewöhnlich gut entwickelt und der Optimismus ist schier grenzenlos: Die Zinsen werden nicht steigen,
weil sie nicht steigen dürfen. Aktien gelten weiterhin als alternativlos trotz der aktuellen Kursrückgänge. Beim US-Dollar glauben die Marktteilnehmer an eine weiter feste
Entwicklung zum Euro und an niedrige Öl- und Rohstoffpreise. 2016 könnte dieses positive Szenario kippen:

Obwohl der tiefe Ölpreis für die Wirtschaft grundsätzlich positiv ist, könnte er zum Stolperstein werden. Denn für die Fracking-Industrie sind Kurse unter 50 US-Dollar existenzgefährdend. Wenn 2016 die Forward-Verkäufe zu noch hohen Preisen auslaufen, sind etliche dieser Firmen nicht überlebensfähig. Am Rentenmarkt ist das Vertrauen in die Notenbanken groß, obwohl der High-Yield-Index schon unter das Tief aus 2011 gefallen ist. Wie das Tief beim High-Yield-Index schon andeutet, muss mit Ausfällen bei Anleihen in Höhe von 200 bis 800 Milliarden US-Dollar gerechnet werden. Diese liegen in den Depots der Banken, Rentenfonds, Pensionsfonds sowie Hedgefonds. Eine solche Entwicklung wird den allgemeinen Rentenmarkt tangieren und höhere Zinsen zur Folge haben.

Deutlich steigende Zinsen sind aber Gift für die Aktienmärkte, die sich dann auch Gedanken über die Finanzbranche machen dürften. Denn der eine oder andere Effektenkredit ist plötzlich als problematisch einzustufen. In den USA kommt hinzu, dass die Aktienkäufe mit 471 Milliarden US-Dollar (Okt. 15) deutlich höher kreditfinanziert sind, als in den Crashjahren 2000 (278 Mrd. $) und 2007 (381 Mrd. $). Inwieweit die Kurse einbrechen, wird von einem weniger bekannten Teil der Kapitalmärkte entschieden: Den Derivaten!

Dieser Markt hat sich auf ca. 750 Billionen US-Dollar aufgebaut. Die amerikanische FED wird mit einer Rücknahme der Zinserhöhung und einem QE 4 reagieren. Die Anleger werden ihr Vertrauen in den US-Dollar revidieren. Er wird schwach und verliert seinen Status als sicherer Hafen. Diese Rolle wird plötzlich wieder von den Edelmetallen übernommen, die einen kräftigen Preisanstieg erfahren. Nachdem klar ist, dass am Ölmarkt das Angebot aus der Fracking-Industrie massiv einbricht, steigt dort plötzlich der Preis. In dessen Windschatten erholen sich die anderen Rohstoffpreise. Dadurch wird der zunächst noch verhaltene Anstieg der Inflationsrate verstärkt und übersteigt das Ziel von zwei Prozent. Zinserhöhungen der Notenbanken sind
in diesem Umfeld undenkbar. Fast alle Marktteilnehmer liegen falsch. Fast wie immer. Hier will ich meinen Gedankengang enden lassen. Auch wenn der Domino Day als Gedanke nicht mehr tabu ist, ich bin Optimist und es wird ja nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Aber das Szenario ist logisch, an der Börse denkbar und unerfreulich, ja fast Horror. Sie müssen es auch nicht glauben. Aber Sie sollten darauf vorbereitet sein.

Rolf Ehlhardt ist Vermögensverwalter bei der  I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH in Mannheim.

 

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