31. März 2017
Rebalancing macht Sinn

Rebalancing: Auch im Depot lohnt sich der Frühjahrsputz

In einem diversifizierten Portfolio verschieben sich im Zeitverlauf normalerweise die Kräfteverhältnisse. Um das eigene Risikoprofil beizubehalten, sollten Anleger die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen regelmäßig zurücksetzen. Ich zeige Ihnen wie das Rebalancing funktioniert.

Sobald die Tage länger werden, die Temperaturen steigen und in der Natur alles sprießt und wächst, kommen bei den meisten Menschen Frühlingsgefühle auf. Viele Hausfrauen und -männer spüren während dieser Jahreszeit allerdings auch einen latenten Druck, weil der obligatorische Frühjahrsputz ansteht. Jetzt gilt es, Haus und Wohnung vom Schmutz zu befreien, der sich während der Wintermonate angesammelt hat. Dazu zählt das Waschen von Gardinen und Bettwäsche genau so, wie das Putzen der Fenster sowie ein breit angelegter Einsatz von Staubsauger und Wischmob.

Depot auf dem Prüfstand

Sinnvoll ist ein regelmäßiges Großreinemachen (Lesen Sie auch meine 9 Tipps für eine sorgenfreie finanzielle Zukunft) nicht nur in den eigenen vier Wänden. Es lohnt sich auch, die Zusammensetzung eines Wertpapierdepots immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls anzupassen. Der Fachjargon spricht hier vom Rebalancing. Dabei geht es primär nicht darum, die einzelnen Bestandteile in Frage zu stellen. Vielmehr meint der skizzierte Begriff das Zurücksetzen einer Allokation auf die ursprünglichen Gewichtungen. Insofern ist das Rebalancing auch und gerade für Anleger interessant, die ihre langfristige Vermögensplanung mit Hilfe von ETFs realisieren. In der Regel haben sie hierbei zunächst in Abhängigkeit von der persönlichen Risikopräferenz eine Aufteilung nach Aktien- und Anleihenfonds vorgenommen.

Da sich die beiden Segmente meistens nicht im Gleichlauf entwickeln, kommt es im Zeitverlauf zu einer Verschiebung der Allokation. Im Rahmen eines Rebalancings wird das Depot wieder auf den gewünschten Mix justiert. An einem einfachen Beispiel lässt sich das Ganze anschaulich erklären: Angenommen, der Anleger Max Mustermann verfügt über ein Portfolio im Wert von 100.000 Euro. Davon hat er 40 Prozent in Aktien-ETF investiert, während der Rest auf Rentenpapiere entfällt. Im ersten Jahr profitiert Felix von einem starken Aktienmarkt – dieser Depotteil gewinnt um 20 Prozent an Wert. Derweil geben die Anleihen-ETF moderat um ein Prozent nach. Für das Gesamtportfolio steht damit im Beobachtungszeitraum ein Plus von 7,4 Prozent zu Buche.

Ohne Rebalancing veränderte Depotstatik

Gleichzeitig führt die unterstellte Performance zu einem neuen Kräfteverhältnis: Während sich die Aktienquote auf knapp 45 Prozent ausdehnt, geht der Anleihen-Anteil auf etwas mehr als 55 Prozent zurück. Da Mustermann seine persönliche Risikoverteilung beibehalten möchte, muss er bei den Aktien-ETF Verkäufe vornehmen. Die frei werdenden Mittel dienen dazu, die Gewichtung der Renten-Fonds wieder auf 60 Prozent hoch zu schrauben. Beim Rebalancing fallen Kosten, insbesondere in Form von Ordergebühren und möglichen Steuern, an. Deshalb sollten Anleger nicht zu penibel agieren. Hat sich die Gewichtung zum Stichtag nur marginal verschoben, kann zunächst auch auf eine Neuordnung verzichtet werden.

Start € Anteil Rendite % Ende € Anteil
Aktien-ETFs 40.000 € 40 % + 20 % 48.000 € 44,69 %
Anleihen-ETFs 60.000 € 60 % – 1 % 59.400 € 55,31 %
Portfolio 100.000 € 100 % 7,4 % 107.400 € 100 %
Quelle: EXtra-Magazin, eigene Berechnungen

Alternativ zur klassischen Vorgehensweise mit Käufen und Verkäufen bietet sich ein so genanntes Cash Flow-Rebalancing an. Dabei führt der Investor seinem Depot frisches Kapital, möglicherweise in Form erhaltener Ausschüttungen, zu. Vorteil: Um die strategische Ausrichtung zurückzusetzen, sind lediglich Kauforders von Nöten. Quasi als Nebeneffekt fallen damit keine steuerrelevanten Veräußerungsgewinne an. Die Cash Flow-Methode ist naturgemäß nur für Anleger realisierbar, die über freie Mittel verfügen. Außerdem gilt es zu beachten, dass sich das Portfolio insgesamt ausdehnt – was eine Verschiebung in der Risikostruktur des Gesamtvermögens nach sich ziehen kann. Max Mustermann müsste immerhin 12.600 Euro nachschießen.

Rebalancing
(klassisch)
Anteil Rebalancing
(Einzahlung)
Anteil
Aktien-ETFs 42.960 € 40 % 48.000 € 40 %
Anleihen-ETFs 64.440 € 60 % 72.000 € 60 %
Portfolio 107.400 € 100 % 120.000 € 100 %
Quelle: EXtra-Magazin, eigene Berechnungen

Alternative Rebalancing Methode

Wie im Haushalt macht das Großreinemachen auch bei der Geldanlage in festen zeitlichen Abständen Sinn. Anleger können beispielsweise die freie Zeit um den Jahreswechsel nutzen, um ihre Allokation auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls anzupassen. Mehr zeitlichen Aufwand erfordert das Rebalancing an Hand bestimmter Grenzen. In unserem Beispiel könnte Felix Mustermann einschreiten, sobald sich der Anteil einer Anlageklasse um fünf Prozent oder mehr verändert. Er müsste also beispielsweise aktiv werden, falls die Aktienquote auf 45 Prozent steigt oder das Gewicht der Anleihen-Produkte auf 55 Prozent schrumpft. Ein zentraler Nutzen dieser Methode liegt darin, dass starke Marktausschläge nicht zu einer übermäßigen Verschiebung des individuellen Anlagemix führen können. Bewegen sich die Kapitalmärkte dagegen in einem ruhigen Fahrwasser, kann das Rebalancing über einen längeren Zeitraum ganz entfallen.

Apropos Kursentwicklung: Da Herr Mustermann wie ein typischer Anleger gestrickt ist, könnte ihn nach einem erfolgreichen Aktienjahr die Gier packen. Er würde dann das Reblancing möglicherweise in Frage stellen und überlegen, ob er die Gewinne nicht besser laufen lassen sollte. Gibt unser Proband diesem Dang nach, ist es durchaus möglich, dass ihm die Märkte noch eine Weile in die Hände spielen. Will heißen, das Depot könnte von einer erhöhten Aktienquote profitieren. Allerdings wirft Mustermann damit nicht nur seine Risikoprämissen über Bord. Gleichzeitig wäre ein weiterer Grund für das Rabalancing sträflich vernachlässigt. Gemeint ist das antizyklische Anlageverhalten: Zieht Max Mustermann die Neuausrichtung durch, trennt er sich in einer starken Börsenphase von Aktien. Gleichzeitig stockt er die Anleihenquote zu einem Zeitpunkt auf, bei dem Rentenpapiere vergleichsweise günstig zu haben sind. Unser Vorzeigeinvestor vermindert dadurch die kurzfristige Gefahr von Rückschlägen und optimiert auf lange Sicht das Risiko-Rendite-Profil – ganz zu schweigen von dem angenehmen Gefühl, über aufgeräumtes Depot zu verfügen.

Wenn Sie den Aufwand der Erstellung eines eigenen ETF-Portfolios nicht aufwenden möchten bieten sich Portfolio-ETFs an. Ich habe Ihnen die wichtigsten Portfolio-ETFs in einem Anlageleitfaden zusammengestellt.

Haben Sie Ihr Depot in diesem Jahr schon überprüft? Wie ist Ihre Meinung zu diesem Beitrag? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.