Frederike Bauer (DWS Xtrackers) über den perfekten Depotmix
Wie sollte dein Depotmix aussehen? Frederike Bauer, ETF-Spezialistin von DWS Xtrackers, gibt spannende Antworten dazu und zu anderen Fragen.
Wir raten beim Depotmix grundsätzlich zu ETF-Weltportfolios. Ist daran etwas auszusetzen?
Ein ETF auf einen globalen Aktien-Index eignet sich weiterhin hervorragend, um ein breit gestreutes Portfolio aufzubauen, das über Anlageklassen, Regionen und Sektoren diversifiziert ist. Mit entsprechend breit gestreuten Anleihe-ETFs holen sich Anleger auch die Wertentwicklung globaler Rentenmärkte ins Portfolio und partizipieren am gestiegenen Zinsniveau.
Wer ein differenziertes ETF-Portfolio anlegen möchte, für den gibt es aufgrund gestiegener Zinsen und Inflationsraten die Möglichkeit, weitere Opportunitäten zu nutzen. Denn einige Wachstumsbereiche des Aktienmarkts, die vom Nullzins-Umfeld profitiert haben, stehen unter Druck. Gestörte Lieferketten und höhere Energiepreise könnten dafür sorgen, dass sich das Wachstum in bestimmten Regionen oder Sektoren künftig stärker unterscheidet. Das bietet Chancen beim Portfolio-Aufbau über ein ETF-Weltportfolio hinaus.
Wie sollte denn ein ETF-Depot derzeit aussehen?
Es sollte diversifizierter und granularer sein als in den vergangenen zehn Jahren und auch Anleihen wieder stärker berücksichtigen. Festverzinsliche Wertpapiere wurden angesichts niedriger Renditen lange Zeit von Anlegern gemieden. Stattdessen konzentrierten sich Investoren stark auf den Aktienmarkt, da dort in vielen Segmenten überdurchschnittliche Erträge zu erzielen waren. Doch diese Situation hat sich grundlegend geändert. Zum einen sind die Ertragsperspektiven für Aktien unsicherer geworden, zum anderen erhalten Anleger bei Anleihen wieder attraktive Zinsen. Die Devise für ein ETF-Portfolio sollte deshalb lauten: zurück zu den Wurzeln. Das heißt, dass in einer erfolgreichen Vermögensallokation nicht ausschließlich auf Aktien gesetzt werden sollte.
Welche Rolle sollten Anleihen für den Depotmix spielen?
Langfristig ausgerichtete Anleger könnten in Erwägung ziehen, zu einem traditionellen 60/40-Ansatz zurückzukehren. In einem Depot würden sich dann zu rund 60 Prozent Aktien und zu rund 40 Prozent Anleihen befinden. Denn nach einer Periode niedriger Erträge und hoher Korrelation mit Aktien bieten festverzinsliche Anlagen mittlerweile wieder attraktive Renditen und eignen sich deshalb als Ertragsbausteine in einem gemischten Portfolio. Für Anleger bedeutet das eine gewisse Flexibilität, da sie nicht zu sehr ins Risiko gehen müssen, um Rendite zu erzielen. Genauso wie bei Aktien lohnt sich auch hier ein granularer Blick auf das stetig wachsende Anleiheuniversum, um das volle Ertrags- und Diversifikationspotentzial auszuschöpfen.
Zurück zum Aktienmarkt: Welche Regionen würden Sie jetzt im Rahmen eines guten Depotmix übergewichten?
Für chancenorientierte Anleger könnte es interessant sein, ETFs auf europäische, japanische und chinesische Aktien im Depot höher zu gewichten.
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Warum gerade diese Regionen?
Europa, Japan und mittlerweile auch China bieten höhere Dividendenrenditen als die USA und weisen gegenüber US-Aktien aktuell deutliche Bewertungsabschläge auf. Legt man das Augenmerk auf die Bewertungen, weisen auch Länder wie Indonesien, Taiwan und Südkorea attraktive Niveaus auf. Mit starkem Gewinnwachstum und niedrigeren Bewertungen können diese Märkte solide Renditen für langfristige Anleger bieten, insbesondere im Fall eines stabileren chinesischen Wachstums oder einer weniger aggressiven Zinspolitik der US-Notenbank, was Währungen und Aktien gleichermaßen unterstützen könnte.
Sie betonen auch, dass auf laufende Erträge von Unternehmen zu achten sei. Wieso eigentlich?
Um Investitionen in Sektoren zu vermeiden, die in einer Rezession unter Druck kommen könnten, empfiehlt sich der Blick auf die Ertragsstärke von Unternehmen. Wichtige Kriterien sind zum Beispiel positive Eigenkapitalrenditen, geringe Ertragsschwankungen und stabile Margen. Es gibt zwei Grundsätze für festverzinsliche Anlagen, die aktuell auch bei der Aktienanlage weiterhelfen: Konzentration auf die laufenden Erträge und Risikomanagement durch Diversifizierung des Portfolios.
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Und was bedeutet das für Privatanleger?
Die Investition in dividendenstarke Aktien kann sich als eine Möglichkeit erweisen, Risiko aus dem Portfolio zu nehmen und gleichzeitig den Faktor Qualität darin stärker zu berücksichtigen. In Zeiten von anhaltender Inflation weisen viele Dividendenindizes eine bessere Wertentwicklung auf als der breite Markt. So beendete beispielsweise der MSCI World High Dividend Index das vergangene Jahr nahezu unverändert und trug somit wesentlich zum Schutz von Anlegervermögen bei. Bevor Aktien in wichtige Dividendenindizes aufgenommen werden, erfolgt in der Regel ein umfassendes Screening, das Kriterien wie Eigenkapitalrenditen oder Verschuldungsgrad unter die Lupe nimmt. Dieser Fokus auf Qualität wirkt sich auf das Anlegerdepot stabilisierend aus.
Mit speziellen ETFs lassen sich bestimmte Sektoren abbilden. Welche Bereiche sind derzeit spannend?
Anleger sollten ihr Augenmerk derzeit vor allem darauf richten, welche Wirtschaftsbereiche über eine hohe Preissetzungsmacht verfügen, denn das kann langfriste Erträge sichern. So lassen sich Sektoren identifizieren, die sowohl gegenüber einem konjunkturellen Abschwung als auch gegenüber einem inflationären Umfeld widerstandsfähiger sind. Dazu zählen etwa die Informationstechnologie, aber auch die nicht-zyklischen Konsumgüter, die über eine vergleichsweise solide Preissetzungsmacht verfügen. Speziell der Sektor Informationstechnologie dominierte lange das Geschehen an den Aktienmärkten, geriet 2022 unter dem Einfluss steigender Zinsen aber in Schwierigkeiten. Für diesen und weitere Sektoren könnte die jüngst marktfreundlichere Kommunikation der US-Zentralbank den Trend dieses Jahr umkehren.
Inwiefern sollten Anleger diese Sektoren in ihrem Depot integrieren?
Sektoren, die über hohe Preissetzungsmacht verfügen, oder langfristig aussichtsreich sind, weil sie von gesellschaftlichen oder ökonomischen Megatrends profitieren, eignen sich gut als Beimischung in einem Portfolio. Das trifft im Übrigen auch auf eine Reihe von Themen-ETFs zu, mit denen sich vielversprechende Querschnitts- oder Teilsektorthemen erfassen lassen. Ein Beispiel ist der Gesundheitssektor: Für die starke Performance der vergangenen Jahre haben bestimmte Schlüsseltechnologien wie die mRNA-Forschung eine besonders große Rolle gespielt. Neben der Entwicklung der Covid-Impfstoffe bietet die Technologie auch ein großes Spektrum an potenziellen Anwendungen über die Pandemie hinaus. An solchen Entwicklungen können Anleger durch die Beimischung von Sektor- oder Themen-ETFs gezielter partizipieren. Dabei sollten sie jedoch unbedingt über langfristigen Anlagehorizont verfügen. Denn Sektoren- oder auch Themen-ETFs können über kürzere Zeiträume durchaus höhere Wertschwankungen aufweisen als breit diversifizierte ETFs.
Eine Entwicklung stellen sicher auch nachhaltige ETFs dar. Auch DWS setzt darauf. Was hat es mit Ihrer Nachhaltigkeits-ETF-Serie auf sich?
Es gibt keine einheitliche Definition für einen nachhaltigen Fonds oder ETF, sondern verschiedene Präferenzen von Anlegern bei diesem Thema. Unser Bestreben ist es, möglichst vielen Anlegern die für sie passenden Produkte anzubieten. Wer sich nicht zu weit vom marktbreiten Index entfernen will, entscheidet sich vielleicht für einen ETF aus der ESG-Screened-Palette. Ein Schwerpunkt unserer Palette sind klimabezogene ETFs. Hier bieten wir 19 Produkte auf unseren US-amerikanischen und europäischen Plattformen an, die fast sechs Milliarden Euro verwalten. Sieben Aktien-ETFs bilden eine Benchmark ab, die sich am Pariser Klimaabkommen orientiert.
Können Sie einen dieser ETFs genauer vorstellen?
Der Xtrackers World Net Zero Pathway Paris Aligned UCITS ETF (WKN: DBX0SR) ist ein Aktien-ETF, der weltweit in den entwickelten Märkten anlegt und ein Beispiel für Produkte, die einer „Paris Aligned Benchmark“, also einer dem Pariser Klimaabkommen angelehnten Index folgen. Die im Index enthaltenen Unternehmen dürfen im Vergleich zu den marktbreiten Indizes bereits aktuell nur 50 Prozent an Treibhausgasemissionen aufweisen. Zusätzlich wird eine weitere jährliche Reduktion der CO2-Emissionen um sieben Prozent im Vergleich zum Ausgangsindex angestrebt. Die verbleibenden Unternehmen im Index werden außerdem danach gewichtet, wie hoch der „grüne“ Umsatzanteil ist oder wie transparent sie bei der Offenlegung von Klimakennzahlen vorgehen.
So mancher Anleger schreckt bei der Suche nach dem optimalen Depotmix noch vor nachhaltigen ETFs zurück. Sie sehen die Diversifikation und die Renditechancen in Gefahr. Können Sie diesen Anlegern ihre Vorbehalte nehmen?
Anlegern muss bewusst sein, dass sie mit einem ETF, der sich auf die nachhaltige Transformation fokussiert, einen bestimmten Anteil des Aktienuniversums ausschließen. Das kann in bestimmten Marktphasen dazu führen, dass die Wertentwicklung des ETF der des breiten Aktienmarkts hinterherhinkt. Das hat sich etwa im vergangenen Jahr gezeigt, als im Zuge der Energiekrise die Aktien von Öl- und Gaskonzernen stark zugelegt haben. Von einer solchen Entwicklung profitieren nachhaltig ausgerichtete Aktien-ETFs naturgemäß nicht. Aber es gab auch andere Phasen, zwischen 2015 und 2020 haben sich ESG-Indizes besser entwickelt als marktbreite Benchmarks. Das hatten wir in einer Analyse zur ESG-Performance im Januar 2021 detailliert beschrieben. Wahrscheinlich wird es immer wieder Zyklen in der Wertentwicklung geben, aber langfristig ist davon auszugehen, dass Anleger durch nachhaltige Fonds und ETFs keine Renditechancen aufgeben. Dazu kommt, dass Regulatorik und institutionelle Investoren den Trend zu Berücksichtigung von ESG-Faktoren in der Kapitalanlage weiter unterstützen.
Bei der nachhaltigen Anlage stellt sich immer die Frage, wie nachhaltig es am Ende sein soll. Wie halten Sie es? Eher ESG oder das noch wesentlich strengere SRI?
Aktuell gibt es keine allgemeingültige Definition von ESG, und man kann auch nicht pauschal sagen, dass SRI strenger ist als ESG. Letztlich muss jeder Anleger für sich entscheiden, wie der gewählte ETF vorgehen soll, da gibt es nicht „die“ richtige Antwort. Auch Xtrackers bietet Produkte, die sich an den strengeren SRI-Kriterien orientieren. Der Xtrackers MSCI World ESG UCITS ETF (WKN: A2AQST) basiert wie alle ESG-ETFs dieser Reihe auf der Low-Carbon-SRI-Leaders-Indexfamilie von MSCI. Allerdings müssen sich Anleger bewusst sein, dass die strengeren ESG-Filter und -Ausschlüsse zu einem etwas konzentrierteren Portfolio führen. Der MSCI World Low Carbon SRI Leaders Index umfasst aktuell rund 640 Aktien gegenüber 1.500 Aktien im breiten MSCI World.