Keine Angst: Deshalb lohnt sich bei Aktien zu viel Vorsicht nicht
Ist doch ganz einfach: In Schwächephasen legt man den Rückwärtsgang ein und verkauft Aktien. Diese Vorsichtsmaße geht aber meist nach hinten los.
Kennst du das? Die Aktien gehen runter und zur Sicherheit schichtest du in konservative Geldanlagen um. Das wäre die ideale Welt, sofern man zu verlässig wüsste, bis wann es runter geht und wann es wieder nach oben geht. Du ahnst es, wir sind nun mitten im Wunschdenken, das mit der Praxis wenig zu tun hat. Zuletzt konntest du das im frühen August 2024 sehen. Nach dem raschen Wiederanstieg, wäre das Tagesgeld schnell langweilig geworden. Nur wenige Tage später schossen die Aktien wieder in den Himmel, um neue Rekordwerte zu erklimmen. Und wieder alles falsch gemacht. Das ist vorbei, beim nächsten Mal bleibst du einfach entspannt.
Wenn die Aktien mal wieder fallen …
… dann solltest du nicht voreilig rausgehen wollen. „Schaut man sich die Dax-Entwicklung seit 2005 genauer an, erkennt man in jedem einzelnen Jahr größere Schwankungen von bis zu 49 Prozent zwischen Jahrestiefst- und -höchststand. Der Durchschnitt der jährlichen Schwankungsbreite liegt bei 24 Prozent“, sagt Thomas Gundermann, geschäftsführender Gesellschafter der Taunus Investments GmbH in Bad Homburg.
Das Erstaunliche: Trotzdem betrage die durchschnittliche Wertentwicklung pro Jahr neun Prozent. Das heißt also, dass sogar in guten Jahren größere Schwankungen aufgetreten sind. Größere Schwankungen sind durchaus nicht unüblich. „Man sollte folglich nicht nervös werden, wenn es mal bergab geht“, rät Gundermann.
Vorsicht zahlt sich bei Aktien nicht aus
In vielen Bereichen des Lebens ist Vorsicht geboten. Doch wie ist es an der Börse? Gundermann macht hierzu einen Vergleich auf: „Nehmen wir einen vorsichtigen Anleger V und einen entspannten Anleger E, die beide zu Beginn des Jahres 2005 mit 100.000 Euro im Dax investiert waren. Der vorsichtige Anleger V verkaufte immer dann sein gesamtes Aktieninvestment und parkte das Geld zinslos auf einem Konto, sobald der Dax minus zehn Prozent des Vorjahresendwertes erreichte.Da Anleger V dennoch von den langfristigen Renditechancen eines Aktieninvestments profitieren wollte, investierte er das geparkte Geld zum Jahresende wieder in den Dax, wenn die Zehn-Prozent-Schwelle in einem Jahr erreicht wurde. Falls die Zehn-Prozent-Schwelle in einem Jahr nicht erreicht wurde, blieb Anleger V einfach investiert. Dem gegenüber war der entspannte Anleger E einfach dauerhaft im Dax investiert und machte so jede Bewegung Eins-zu-eins mit.“
Und nun? Während der vorsichtige Anleger V zwar in vier von 20 Jahren die negativen Auswirkungen auf sein Investment beschränken konnte, sei er bei genauso vielen Jahren zu früh ausgestiegen und habe die anschließende Erholung bis Jahresende verpasst. „Im Endergebnis konnte er sein Vermögen von 2005 bis Ende August 2024 um das 3,7-fache von 100.000 auf 368.000 Euro steigern und folglich eine jährliche Rendite von 6,7 Prozent erzielen“, so Gundermann.
Der Experte rechnet vor: 76.000 Euro mehr auf dem Konto
Der vorsichtige – man könnte ihn auch den ängstlichen – Anleger nennen, wurde nicht belohnt. Anders sein Gegenüber, der entspannte Anleger E. Er habe zwar in der Finanzkrise 2008 einen Verlust von 40 Prozent aussitzen müssen, erzielte jedoch im Vergleich zum Anleger V eine um einen Prozentpunkt höhere jährliche Rendite von 7,7 Prozent. „Er steigerte sein Vermögen von 2005 bis Ende August 2024 um das 4,4-fache von 100.000 auf 444.000 Euro und hatte 76.000 Euro mehr in der Tasche als Anleger V“, hält Gundermann fest.
Bleib entspannt
„Wir empfehlen allen Anlegern, nicht nervös zu werden und Phasen, in denen die Märkte korrigieren, auszusitzen. In dieser ergibt sich sogar die Chance, antizyklisch aufzustocken“, rät der Experte. Wie du weißt, sind Schwankungen am Aktienmarkt normal und sogar der Grund für attraktive Renditechancen, sofern du breit mit ETFs streust. Wenn du stets versuchst, den Markt zu überlisten, ergibt sich laut Gundermann ein Kernproblem: „Der optimale Wiedereinstiegszeitpunkt ist nämlich mindestens genauso schwierig vorherzusagen wie der optimale Ausstiegszeitpunkt.“ Bleib also stark und handle nicht hastig, meist profitiert dann nur dein Broker. Solltest du das partout nicht hinbekommen, solltest du dein Depot konservative gestalten und Anleihe-ETFs hinzunehmen. Mit Hilfe unseres Risikokapazitätsrechner kannst du das für dich passende Portfolio ermitteln.