Staatsanleihen schlagen Aktien, wenn du nicht breit streust

Staatsanleihen schlagen Aktien, wenn du nicht breit streust

Aktien können dir schlechtere Renditen bringen als Staatsanleihen. Die Kraft des Aktienmarkts lässt sich nur mit breiter Streuung heben, denn dann sind die Kurstreiber dabei.

„Die meisten Aktien schneiden schlechter ab als Staatsanleihen.” Diese provokante Aussage stammt aus der wissenschaftlichen Arbeit „Do stocks outperform Treasury bills?“ von Hendrik Bessembinder aus dem Jahr 2018. „Das ist ein überraschendes Ergebnis, denn die meisten Anleger gehen davon aus, dass Aktien in der Regel besser abschneiden als Staatsanleihen. Uns wird beigebracht, dass es sich mehr lohnt, Aktien zu besitzen, als Geld zu verleihen“, sagt Sebastian Lewis, Stratege bei Vanguard.

Staatsanleihen haben gegenüber Aktien-Kursraketen das Nachsehen

Bei genauerer Betrachtung ist das Wort „meisten“ entscheidend. Lewis weist in diesem Zusammenhang auf die Verzerrung des Aktienmarkts hin. Das heißt: Eine kleine Anzahl von Aktien steigt stark und treibt den Durchschnitt nach oben. „Auch wenn die allgemeine Annahme zutrifft, dass Aktien besser abschneiden als Anleihen, zeigt Bessembinders Forschung, dass nur eine geringe Anzahl von Aktien für den Total Return verantwortlich ist“, so Lewis. Doch wie wenige sind es genau?

Bessembinder analysierte die Kursentwicklungen von fast 64.000 Aktien weltweit zwischen 1990 und 2020 und kam laut Lewis zu folgenden Ergebnissen:

  • Die fünf Unternehmen mit der höchsten Vermögensbildung in diesem Zeitraum – Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet und Tencent – machten 10,3 Prozent des weltweiten Vermögenszuwachses aus, obwohl sie nur 0,008 Prozent der gesamten Aktien ausmachten.
  • Die besten 159 Unternehmen (0,25 Prozent aller untersuchten Aktien) waren für die Hälfte der weltweiten Vermögensbildung verantwortlich.
  • Die besten 1.526 Unternehmen (2,39 Prozent der Gesamtzahl) trugen fast zur gesamten globalen Vermögensbildung bei.

Dieselben Muster finden sich in mehreren anderen Studien sowohl für die US-amerikanischen als auch die internationalen Aktienmärkte. In der Regel sind es nur wenige Aktien, die den gesamten Markt nach oben treiben.

Fünf Millionen Prozent Plus

Lewis liefert ein weiteres Beispiel: Zwischen 1926 und Dezember 2023 erzielten 17 US-Aktien kumulierte Renditen von mehr als fünf Millionen Prozent. Das bedeutet, dass ein einziger investierter Dollar im Jahr 1926 in diesen Aktien heute 50.000 Dollar wert wäre. Die beste Wertentwicklung erzielte Altria Group mit einer Rendite von 265 Millionen Prozent, also 2,65 Millionen Dollar für jeden ursprünglich investierten Dollar. Doch diese 17 Aktien stammen aus einer Gesamtmenge von 29.000 Aktien.

Tipp: Du willst wissen, in welchem Verhältnis du Aktien und Anleihen mischen solltest? Dann nutze jetzt den Risikokapazitätsrechner.

„Eine einzelne Aktie kann maximal 100 Prozent ihres Werts verlieren. Das ist schmerzhaft, doch der potenzielle Verlust ist nichts im Vergleich zum Wachstum, den einige andere Aktien erreichen können. Diese asymmetrische Verteilung kann sich für Investoren als Vorteil erweisen, wenn sie breit gestreut investieren“, meint Lewis. Denn wenn nur einige wenige Aktien die Finanzmärkte antreiben, bedeutet das auch, dass die Mehrheit der Aktien unterdurchschnittlich abschneidet.

Die Lösung heißt Diversifikation

Im Jahr 2024 zeigte eine Analyse von Vanguard, dass ein Investor, der im FTSE All World investiert war, eine Gesamtrendite von 25,6 Prozent (in Euro) erzielt hätte. Dieser Index umfasst mehr als 4.000 Aktien, doch 69 Prozent davon schnitten schlechter ab als der Durchschnitt. Das zeigt nach Ansicht Lewis, wie wichtig Diversifikation ist, denn Anleger können im Voraus nicht wissen, welche Aktien die Gewinner sein werden.

Mit anderen Worten: Die Wahrscheinlichkeit, die richtigen Aktien auszuwählen, ist gering, und die Renditen sind stark konzentriert. Die Lösung lautet Diversifikation. Wie Vanguard-Gründer Jack Bogle es formulierte: „Suchen Sie nicht die Nadel, kaufen Sie den Heuhaufen.“ Das heißt also für dich: Bau dir ein weltweites ETF-Portfolio auf. Dazu kannst du dich an unseren Musterportfolios orientieren und die ETF-Suche nutzen.

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„Selbst professionelle Aktienfondsmanager haben Schwierigkeiten, besser als marktgewichtete Indizes abzuschneiden. Für Investoren ist es daher oft sinnvoller, in günstige, breit diversifizierte Indexfonds zu investieren“, erklärt Lewis. Diese Strategie stelle sicher, dass sie die besten Aktien besitzen, die das Marktwachstum vorantreiben.

Zehn Tage können 45 Prozent ausmachen

Die Gewinneraktien wechseln jedoch mit der Zeit, was Markttiming besonders riskant macht. Eine Analyse von Vanguard zeigt: Ein Investor, der 1999 100.000 Euro in den MSCI World Index (Total Return) investiert hätte, hätte daraus bis 2024 421.000 Euro gemacht. „Wäre er jedoch an den zehn besten Tagen des Marktes nicht investiert gewesen, hätte sich diese Rendite um 44 Prozent reduziert“, stellt Vanguard-Mann Lewis fest, der es noch metaphorisch zusammenfasst: „Ein einzelner Baum mag also in den Himmel wachsen, doch niemand weiß, welcher es sein wird. Die Herausforderung für Anleger besteht darin, diszipliniert zu bleiben und langfristig zu denken. Das bedeutet, in einen „Wald“ von Aktien zu investieren und zu akzeptieren, dass viele davon scheitern werden. Doch einige werden zu den Gewinnern gehören – und Diversifikation gibt Investoren die Chance, mit ihnen zu wachsen.“