Experte: Deutsche Staatsanleihen sind alles andere als langweilig
Sicher, aber stink langweilig. Das gilt nicht mehr für deutsche Staatsanleihen. Was macht sie interessant jetzt so interessant?
Deutsche Staatsanleihen erwecken nicht gerade Euphorie. Zuletzt folgten einige Jahre mit herben Verlusten. „Das ist momentan völlig anders. Mit Bundesanleihen können wieder Renditen von jenseits der 2,5 Prozent erzielt werden“, sagt Matthias Bohn, Vorstand der P&S Vermögensberatungs AG in Bayreuth.
„Während meiner Ausbildungszeit und in den ersten Jahren in der Bank war mir stets klar: Bei Aktien spielt die Musik! Bis ich im Taunus auf Anleihespezialisten gestoßen bin, die mir glaubhaft darlegten, dass die Rentenmärkte das Non-Plus-Ultra wären und dass natürlich die erzielbaren Renditen aus Kupons und Kurssteigerungen an den Anleihemärkten die Aktienmarktrenditen locker schlagen können“, erläutert Bohn anekdotisch.
Staatsanleihen vom Selbstläufer zum Risikofaktor
„Zugegeben, in den letzten Jahren und damit ist seit den 1980er Jahren gemeint, waren Staatsanleihen als Portfoliobeimischung ein No-Brainer (klare Sache), wie es so schön auf neu-hessisch heißt. Die Zinsen sind immer weiter gefallen und damit hat Buy and Hold in dem Bereich richtig Spaß gemacht“, so Bohn.
Dazu gesellte sich, dass die Bundesanleihen in Krisensituationen – und da gabe es einige – stetig im Kurs gestiegen sind und damit das Portfoliorisiko deutlich reduziert werden konnte. Doch das Jahr 2022 steht für die Wende. Plötzlich waren die Kurse von von langlaufenden Staatsanleihen stärker gefallen als die Aktienmärkte. Seither sei etwa der Kurs des Bund Future als Maßstab des Kursverlaufs einer fiktiven zehnjährigen Bundesanleihe von über 170 auf unter 130 gefallen.
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Notenbank sorgt für Aufwärtspotenzial
Heute stellt sich die Situation anders dar. „Mit Bundesanleihen können wieder Renditen von jenseits der 2,5 Prozent erzielt werden. Wir befinden uns in einer konjunkturell schwachen Verfassung in Europa“, meint Bohn. Die Europäische Zentralbank (EZB) begann im Sommer mit Zinssenkungen. Und, wenn die Wirtschaft weiter so schleppend läuft, werde es hier wohl eher zu Überraschungen bei den Zinssenkungen nach unten kommen. Damit hätten Bundesanleihen nach Einschätzung des Experten ein schönes Aufwärtspotenzial.
Rechne man dann noch mit ein, dass sich viele Aktienmärkte auf oder nahe der Allzeithochs bewegen und das Fundament der Kursrallye immer dünner wird, so würden Bunds einen wunderbaren sicheren Haden darstellen. Bohn ist optimistisch: „Fallen unsere Langfristzinsen in den kommenden Monaten um einen Prozentpunkt, wäre ein Kurspotential von fast zehn Prozent mit diesen Langweilern möglich.“
Das passende ETF-Investment
Auch im Anleihesektor bieten sich ETFs an. Bohn denkt in diesem Zusammenhang etwa an den iShares Germany Govt Bond UCITS ETF (WKN: A1JXZG), der in Bundesanleihen mit verschiedenen Laufzeiten investiert.
Autor Thomas Brummer
Thomas Brummer war bereits für das Anlegermagazin "Der Aktionär" und das Verbraucherportal biallo.de tätig. Zudem hospitierte er in der Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Post in Düsseldorf. Seit 2018 ist er Mitglied der Redaktion und seit 2020 als stellvertretender Chefredakteur für das Anlegerportal extraETF.com und das Extra-Magazin verantwortlich.
Die Erfahrung aus der Vergangenheit zeigt, dass Anleihen meist interessant sind, wenn das Maximum bei den Leitzinsen erreicht ist – also vielleicht jetzt.