Die europäische Zentralbank (EZB) bereitet den Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm vor. Höchste Zeit für Anleger, sich mit dem Kurswechsel in
der Geldpolitik zu beschäftigen!
Der EZB-Rat hat auf einer der letzten Sitzungen im Juni 2017 einen Kurswechsel in der
Geldpolitik angedeutet. Drei Punkte waren besonders interessant:
Die konjunkturelle Lage im Euro-Raum hat sich zuletzt weiter verbessert, was
man an Frühindikatoren wie den Einkaufsmanagerindizes ablesen konnte. Die
Konjunkturrisiken im Euro-Raum wurden daher als ausgewogen bezeichnet statt wie
bisher als abwärtsgerichtet
Für die EZB sind keine deflationären Risiken mehr erkennbar. Um deflationären
Risiken zu begegnen, hat die EZB 2015 das Anleihekaufprogramm überhaupt
umgesetzt
Mario Draghi hat auf einen Hinweis auf mögliche weitere Zinssenkungen in der
Zukunft verzichtet und das aktuelle Leitzinsniveau als angemessen dargestellt.
Diese Punkte signalisieren einen vorsichtigen Kurswechsel der EZB. Allerdings
ist im EZB-Beschluss zu lesen, dass „die EZB-Leitzinsen für längere Zeit und weit
über den Zeithorizont des Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf ihrem
aktuellen Niveau bleiben werden.“ Kernpunkt dieser Aussage ist, dass die Laufzeit
des Anleihekaufprogramms zeitlich begrenzt ist und weit vor der ersten Erhöhung des
Leitzinses ausläuft. Je nach Entwicklung der Konjunktur und der Inflation im Euroraum
muss daher auf absehbare Zeit mit einem Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm
gerechnet werden.
Zunächst ist für Anleger wichtig, dass nicht der tatsächliche Zeitpunkt des Ausstiegs
von Bedeutung ist, sondern der Zeitpunkt der Ankündigung. Als Ben Bernanke am
22. Mai 2013 erstmals eine Rückführung des Quantitative Easing III-Programms der
US-Notenbank andeutete, fiel der DAX um 9,8 Prozent. Bei zehnjährigen deutschen
Staatsanleihen kam es zu einem Renditeanstieg um bis zu 0,66 Prozent. Zumindest
kurzfristig dürfte eine Tapering-Ankündigung also Aktien- und Rentenmärkte belasten.
Hektische Betriebsamkeit ist jedoch fehl am Platz. 2013 wurde die negative Marktreaktion
an den Aktienmärkten bereits nach fünf Monaten wieder aufgeholt. Antizyklisch orientierte
Anleger können eine solche Situation dazu nutzen, ihre Aktienquote aufzustocken.
Im Bereich der Anleihen sollten Anleger die Duration ihres Portfolios prüfen. Je länger
die Duration, desto stärker können vorübergehende Kursrückgänge aufgrund eines
Zinsanstiegs ausfallen. Taktisch können sich Anleger mit variabel verzinslichen Floatern
von Unternehmen oder ausgewählten Hybridanleihen mit einer variablen Zinskomponente in der Zukunft positionieren. Das ist zum Beispiel bei ewigen Anleihen (Perpetuals) mit einem Schuldnerkündigungsrecht oftmals der Fall.
Anleger können auch ausgewählte Fremdwährungsanleihen zur Depotbeimischung
nutzen, um eventuellen Turbulenzen im Euro-Raum, die rund um das Tapering auftreten
können, auszuweichen. Jedoch muss beachtet werden, dass derzeit an wichtigen
Devisenmärkten wie beim US-Dollar eine sehr hohe Volatilität herrscht.
Über den Autor
Thomas Wüst ist Geschäftsführer der Valorvest Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG in Stuttgart.
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