11. September 2017
Rainer Laborenz

Risiko mit drei Buchstaben - ETF

Für den Fall einer Marktkorrektur wirken ETFs wie Brandbeschleuniger. Wer in solchen Zeiten in synthetische ETFs investiert, fährt hohe Risiken.

Anleger lieben Berechenbarkeit, aber genau das hat die Welt 2017 nicht im Angebot. In diesem Umfeld hat keine Anlageform in den vergangenen Jahren so rasant an Bedeutung gewonnen wie ETFs. Mehr als 3.000 Milliarden Euro sind weltweit in Indexfonds investiert und bis zum Jahr 2020 wird sich nach Schätzungen des weltgrößten ETF-Anbieters Blackrock diese Zahl verdoppeln.

Wenn immer mehr Anleger sich in einem globalen Umfeld von Kontrollverlust und Unvorhersehbarkeit für ETFs entscheiden, kann das meiner Meinung nach nur daran liegen, dass die Zusammenhänge nicht bekannt sind und die inhärenten Risiken unterschätzt werden.

Die meisten der gehandelten ETFs haben nicht tatsächlich den Index als Bestandteil, sondern beliebige Wertpapiere und Derivate. Sie garantieren lediglich synthetisch die Rendite des Index. Das ist eine Riesen-Mogelpackung, weil hier mit derivativen Produkten etwas suggeriert wird, was tatsächlich nicht vorhanden ist.

Letztlich können Sie mit Aktien jeden noch so schweren Kollaps aussitzen, während Sie bei ETFs am Ende des Tages abhängig von der Bonität des Garantie gebenden Emittenten sind, der wiederum abhängig ist von den Emittenten seiner im ETF verbauten Derivate und strukturierten Finanzprodukte – Lehman Brothers lässt grüßen.

Die Finanz- und Schuldenkrise ist keinesfalls überwunden. Insbesondere für Italiens Banken spitzt sich die Lage zu. Der dortige Bankensektor hat notleidende Kredite in einem Volumen von 360 Milliarden Euro in den Büchern. 18 Prozent des gesamten Kreditbestandes sind faul. Da die Banken untereinander eng verflochten sind, und da Bankenkrisen fast immer auch Staatsschuldenkrisen sind, droht der Funke aus Italien auch den Rest der Eurozone in Brand zu setzen. Insgesamt 550 Milliarden Euro Schulden hat Italien beim globalen Bankensystem, wobei vor allem französische Geldhäuser zittern müssen. Immerhin führen sie mit 250 Milliarden Euro die Liste der Gläubiger an. Deutsche Institute haben knapp 84 Milliarden Euro im Feuer. Diese aktuellen Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ) machen deutlich, wie leicht die Krise einer oder gar mehrerer größerer Banken in Italien auf andere Institute und Länder überspringen könnte.

Hier schließt sich der Kreis. Wer in solchen Zeiten in synthetische ETFs investiert, also eine Wette auf die Stabilität des Finanzsystems eingeht, fährt definitiv hohe Risiken. Hinzu kommt, dass die in ETFs enthaltenen Wertpapiere vom Emittenten beliehen werden dürfen, was die Sicherheit weiter beeinträchtigt.

Wenn ich schon dabei bin, liefere ich Ihnen auch noch die anderen Gründe, warum ich ETFs nicht besonders mag: Die meisten ETFs bilden die großen Indizes ab – und genau damit habe ich als Value-Investor ein Problem. Indizes setzen nämlich nicht auf Qualität oder Unterbewertung, sondern nur auf Größe, was häufig sogar das Gegenteil bedeutet.

Rainer Laborenz Rainer Laborenz ist Geschäftsführer der azemos vermögensmanagement gmbh in Offenburg.