Faulbär-Strategie: Warum du dieser ETF-Strategie keinesfalls vertrauen solltest
Nur einmal pro Jahr einen ETF kaufen und satte Renditen einfahren – das verspricht die sogenannte Faulbär-Strategie. Doch hält die Strategie wirklich, was sie verspricht? Wir haben das Konzept einem Faktencheck unterzogen und einige Kritikpunkte gefunden.
Nur einmal im Jahr zwei kleine Transaktionen durchführen und schwupps schon bist du reich. Etwas überspitzt formuliert lautet so das Versprechen, das die sogenannte Faulbär-Strategie unbedarften Anlegern macht. „Reich werden ohne große Anstrengung“ lautet das Motto der von einem großen Medienhaus ins Leben gerufenen Strategie. Schon mit einem einzigen ETF im Depot und zwei Transaktionen in zwölf Monaten könne man zum Millionär werden. Vorwissen? Nicht nötig!
Klingt erst mal nach einem Sechser im Lotto. Reich werden ohne großen Zeitaufwand und ohne Fachwissen? Wer will das nicht? Doch wie auch bei Versprechen der Diätbranche, innerhalb von 5 Tagen 15 Kilo völlig mühelos abzuspecken, gilt auch hier: Lass dich nicht blenden von einem vermeintlich tollen Versprechen.
Tipp: Die neue Ausgabe vom Extra-Magazin ist da: Die besten ETF-Sparpläne. |
So soll die Strategie funktionieren
Schauen wir uns jedoch die Strategie zunächst einmal genauer an. Die Idee ist folgende: Du kaufst ganz einfach zu Jahresbeginn einen Länder-ETF. Und zwar immer einen ETF auf denjenigen Länder-Index, der unter allen Länder-Indizes der Welt im jeweiligen Jahr am schlechtesten performt hat (warum das nicht ganz stimmt, dazu später mehr). Du kaufst also einen Länder-ETF, der im Vorjahr ein dickes Minus erwirtschaftet hat, und behältst ihn für 12 Monate. Am Ende des Jahres verkaufst du den ETF wieder und legst dir stattdessen denjenigen Länder-Index wieder ins Depot, der im aktuellen Jahr am schlechtesten abgeschnitten hat.
Denn in der Theorie der Faulbär-Strategen sind immer diejenigen Indizes, die besonders schlecht performt haben, die großen Gewinner des Folgejahres. Die Faulbär-Strategie stützt sich also auf die Annahme, dass die Underperformer des Vorjahres ein besonders hohes Aufholpotenzial bieten. Ergo: Man kauft ganz einfach den größten Verlierer und wird so zum Gewinner. Oder anders ausgedrückt: Mit einer antizyklischen Geldanlage lassen sich überdurchschnittlich hohe Renditen erzielen.
Laut den Erfindern der Faulbär-Strategie hätte ein Anleger, der 1992 mit dieser Strategie erstmalig 10.000 Euro investiert hätte, inzwischen 805.000 Euro auf der hohen Kante. Das ist ein schier unglaubliches Plus von 17 Prozent pro Jahr. Klingt sehr verlockend! Doch hält die Faulbär-Strategie wirklich, was sie verspricht? Ist es tatsächlich so einfach, satte 17 Prozent Durchschnittsrendite über einen fast 30-jährigen Zeitraum zu erwirtschaften? Oder gibt es womöglich doch einen großen Haken an der Sache? Die Antwort lautet leider: ja!
Faulbär-Strategie ist methodisch nicht stringent
Der Haken an der Sache ist gewaltig. Denn die Faulbär-Strategie gaukelt zwar vor, eine Strategie mit einer sehr einfachen, einleuchtenden und transparenten Methode zu sein, ist sie aber nicht. Und zwar, weil sie keiner echten Methodik folgt. Dafür sorgt nämlich eine sogenannte Blacklist.
Blacklist bedeutet: Es sind Indizes von bestimmten Ländern ausgeschlossen worden, die angeblich nicht infrage kommen wegen politischer Risiken, instabiler Währungen oder ganz generell schlechter Investierbarkeit. Dazu ein Beispiel: 2020 landete China im Faulbär-Depot. Eben weil China im Jahr 2019 ein dickes Minus von 25 Prozent erwirtschaftet hatte. Allerdings war China 2019 gar nicht das Land mit der schlechtesten Performance. Argentinien (minus 48 Prozent) und die Türkei (minus 41 Prozent) haben viel schlechter abgeschnitten. Doch weil die Türkei und Argentinien politisch unsicher sind oder aber über eine instabile Währung verfügen, kommen diese nicht infrage.
Das leuchtet zunächst einmal ein. Wer will schon ernsthaft in der Türkei investieren, wo die Lira gerade im Sturzflug ist? Allerdings mutet es dann etwas seltsam an, dass man mit der Faulbär-Strategie in den Jahren 2009 und 2018 in Russland investiert war. Schließlich gilt das Putin-Reich nicht gerade als Hort politischer Stabilität. Und auch der Rubel ist wahrlich keine Hartwährung. Auch China und Brasilien dürften nach der Logik der Blacklist ebenfalls nicht ins Faulbär-Depot wandern. Allerdings hat man in den Jahren 2005, 2006, 2014 und 2020 in eines dieser Länder investiert. Insofern herrscht keinerlei methodische Stringenz bei der Länderauswahl.
Willkürliche Ausschlüsse
Unter den ausgeschlossenen Ländern respektive Regionen befinden sich teilweise auch echte Überflieger. So erzielten einige südamerikanische Länder wie etwa Chile zum Teil sehr hohe Renditen. Das Land ist der größte Kupferexporteur der Welt – trotzdem spielt es in der Faulbär-Strategie keine Rolle. Auch die ölexportierenden Länder des Nahen Ostens sind ausgeschlossen. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Dies ist absolut keine Empfehlung, in diese Länder zu investieren.
Aber es erscheint schon sehr willkürlich, dass diese Länder auf der Blacklist landen, aber Südafrika und Russland scheinbar gut genug für ein Investment sind. Denn von Stabilität kann auch dort keine Rede sein. Aus meiner Sicht sind diese Ausschlüsse eine Bevormundung, die Anlegerinnen und Anleger mit gesundem Menschenver- stand nicht brauchen. Denn erfahrene Investoren können selbst entscheiden, ob ein Markt ein hohes Risiko für sie darstellt oder nicht.
Viel schlimmer aber ist, dass die Faulbär-Strategie mit ihrer irren Rendite von 17 Prozent pro Jahr, die jedoch lediglich auf einem willkürlichen Backtest beruht, Anlegern suggeriert, sie könnten mit dieser Methode reich werden. Darum Achtung: Unerfahrene Anleger sollten sich von der Faulbär-Strategie unbedingt fern halten.
Multi-Asset-ETFs sind eine sehr vernünftige Alternative
Wer weder Zeit noch Muße hat, um sich regelmäßig mit einer Anlagestrategie zu befassen, aber dennoch in ETFs investieren möchte, hat diese Möglichkeit auch ohne die Faulbär-Strategie. Multi-Asset- Portfolios bieten Anfängern einen geeigneten Einstieg in die Welt der ETFs. Was umständlich klingt, ist ganz einfach gesagt eine gute Strategie zur Risikominderung. Hier investieren Anlegerinnen und Anleger mit nur einem ETF in verschiedene Anlageklassen.
Neben Aktien gehören dazu für gewöhnlich auch Anleihen und Anlageklassen wie Rohstoff e oder Immobilien. Investoren müssen sich auch zu Themen wie Rebalancing keine Gedanken machen – das übernimmt der ETF-Anbieter, der die Zusammensetzung des Multi-Asset-ETFs regelmäßig überprüft. Einen kleinen Nachteil gibt es dabei: Diese Überprüfung macht Multi- Asset-ETFs im Schnitt etwas teurer als wenn Sie Ihr Portfolio komplett selbst zusammenstellen. Die jährliche Gesamtkostenquote liegt zwischen 0,25 Prozent und 0,70 Prozent. Die Vorteile überwiegen jedoch diesen kleinen Wermutstropfen.
Wie auch bei der Faulbär-Strategie müssen Anlegerinnen und Anleger bei Multi- Asset-ETFs kaum Zeit investieren. Auch tieferes Börsenwissen ist nicht erforderlich. Das wichtigste Argument ist: Durch die breite Diversifikation ist das Verlustrisiko auch zu schwierigen Marktphasen gering, während langfristig gute Renditechancen herrschen.
Tipp: Nutz den extraETF Finanzmanager jetzt auch in der extraETF App und behalte dein Portfolio jederzeit im Blick. Erhältlich für Android und iOS! |
Die fünf besten Multi-Asset-ETFs im Kurzporträt
Der Xtrackers Portfolio UCITS ETF (WKN: DBX0BT) bietet den Zugang zu einem global diversifi zierten Aktien und Anleihen-Portfolio. 19 Positionen aus Technologie, Finanzen, Industrie und weiteren Branchen sind darin enthalten. Die Aktienquote liegt immer mindestens bei 30 Prozent. Derzeit liegt sie sogar etwas höher, nämlich bei 55 Prozent. 36 Prozent sind in Anleihen investiert, 9 Prozent Cash ist vorhanden und ein Prozent fließt in sogenannte Wandelanleihen. Diese können gegen einen bestimmten Preis in Aktien getauscht werden. In den letzten fünf Jahren hat der ETF um 42,06 Prozent zugelegt. Die Überprüfung des Portfolios durch den ETF-Anbieter Xtrackers erfolgt regelmäßig alle drei Monate.
Der Lyxor Portfolio Strategy UCITS ETF (WKN: ETF701) beinhaltet 11 Positionen und besteht derzeit aus 60 Prozent Aktien, 28 Prozent Anleihen, 11 Prozent andere Anlageklassen und einem Prozent Cash. Jeden März findet eine Wiederherstellung des Ursprungsportfolios statt. Das Ursprungsportfolio sieht wie folgt aus: 60 Prozent Aktien, 30 Prozent Renten-, Geldmarkt- und Zinsexposure und 10 Prozent Rohstoff e. Die regelmäßige Wiederherstellung des Portfolios dient dazu, dass keine der Anlageklassen im Laufe der Zeit überproportional vertreten ist. Die Wertentwicklung der letzten fünf Jahre beträgt 43,38 Prozent.
Der Vanguard LifeStrategy 40% Equity ETF (WKN: A2P7TJ) ist noch recht neu, er wurde im Dezember 2020 erstmals aufgelegt. Er setzt sich aus 40 Prozent Aktien und 60 Prozent Anleihen zusammen. Es werden Positionen sowohl aus Industrienationen als auch aus Schwellenländern im ETF berücksichtigt. Einen eindeutigen Schwerpunkt bezüglich Regionen oder Branchen gibt es dabei nicht, die größte Branche ist auch hier der Technologiesektor mit 7,71 Prozent. Insgesamt sind neun Positionen im ETF enthalten. Seit Auflage hat der ETF 7,06 Prozent zugewonnen.
Der Lyxor Portfolio Strategy Offensiv UCITS ETF (WKN: ETF703) ist ein Teilfonds, der sich nicht auf eine Benchmark bezieht. Wie auch bei den anderen Lyxor- Produkten findet jedes Jahr im März eine Re-Gewichtung der enthaltenen Positionen statt. Aktuell sind 12 Unternehmen enthalten, 79 Prozent sind Aktien, 9 Prozent Anleihen, 11 Prozent andere Anlageklassen, der Rest besteht aus Cash und Wandelanleihen. Seit der Auflage 2018 konnte der ETF ein Plus von 45,97 Prozent machen.
Auch Blackrock bietet Multi-Asset-Portfolio-ETFs an. Dazu gehört etwa der ESG Multi-Asset Moderate Portfolio UCITS ETF (WKN: A2P1TU). Von allen vorgestellten ETFs ist dieser der größte, 3.879 Positionen sind enthalten. Dazu gehören große Unternehmen wie Microsoft und Tesla. 54 Prozent des ETFs bestehen aus Aktien, 40 Prozent sind Anleihen und die restlichen sechs Prozent sind Cash. Auch Blackrock ist noch relativ neu im Thema Multi Asset-Portfolios, der ETF wurde 2020 aufgelegt. Die Wertentwicklung seit Auflage liegt bei 15,69 Prozent. Es zeigt sich: Auch ohne Faulbär lässt sich an der Börse solide Geld verdienen.
Das sind die fünf besten Multi-Asset-ETFs
ETF-Name | TER in % | Ausschüttung | Replikationsart | Volumen in Mio. € |
---|---|---|---|---|
Xtrackers Portfolio UCITS ETF | 0,70 | Nein | Physisch | 511 |
Lyxor Portfolio Strategy UCITS ETF (Vermoegensstrategie) | 0,45 | Ja | Physisch | 181 |
Vanguard LifeStrategy 40% Equity UCITS ETF (Acc) | 0,25 | Nein | Physisch | 93 |
Lyxor Portfolio Strategy Offensiv UCITS ETF (Vermoegensstrategie) | 0,51 | Ja | Physisch | 18 |
BlackRock ESG Multi-Asset Moderate Portfolio UCITS ETF | 0,25 | Nein | — | 21 |
Fazit
Die Faulbär-Strategie kann insgesamt nicht überzeugen. Es mangelt an methodischer Stringenz. Das Klumpen und damit das Verlustrisiko ist zudem enorm hoch. Wer wenig Zeit in sein Portfolio investieren möchte, sollte sich mit Multi-Asset-ETFs beschäftigen. Diese Produkte sind für „Faulbären“ viel besser geeignet.