ETFs verkaufen: Ist die Zeit für "Buy and Hold" endgültig abgelaufen?
Wertpapiere kaufen und diese bis zur Rente halten gilt vielen Theoretikern als das Nonplusultra. Doch ist Buy and Hold tatsächlich noch die richtige Strategie? Manche Profis sehen dies mittlerweile anders. Wir gehen der Frage auf den Grund.
Von der Buy and Hold Strategie werden die meisten Anleger bereits gehört haben. Die Grundidee dieser Strategie ist sehr simpel. Anders als beim Market Timing oder der Stock Picking Strategie, bei denen der Anleger aktiv versucht die besten Ein- und Ausstiegspunkte zu finden, geht es beim Buy and Hold Ansatz pragmatischer zu.
Wertpapiere werden unabhängig des aktuellen Marktgeschehens gekauft und über einen sehr langfristigen Anlagehorizont gehalten. Zumeist war diese Strategie auch von großem Erfolg gekrönt und eine der vielversprechendsten an der Börse.
Ist Buy and Hold noch zeitgemäß?
Egal ob Benjamin Graham, Warren Buffett oder André Kostolany, alle großen Investorenlegenden schworen auf diese Strategie in der Vergangenheit. Der Satz „Kaufen Sie Aktien und nehmen Sie Schlaftabletten“ von Kostolany hat ganze Anlegergenerationen nachhaltig geprägt. Lange Zeit hielt sich auch Warren Buffett mit seinem Investmentunternehmen „Berkshire Hathaway“ stoisch an diese Strategie. Doch inzwischen konnte man in der letzten Zeit häufiger Bewegung in dem Depot der Investmentlegende feststellen.
Zunächst ließ sich der große Verkauf seiner Beteiligungen an US-amerikanischen Fluggesellschaften feststellen. Weiter trennte er sich in den folgenden Monaten von einigen seiner Bank-Aktien. Zuletzt stieß Buffett sogar einige Anteile an seiner größten Position Apple ab.
Durch dieses Vorgehen erkennt man sehr gut, dass selbst einer der größten Verfechter von der Buy and Hold Strategie durchaus auch Eingriffe in seinem Depot vornimmt, wenn er nicht mehr langfristig von einer Position überzeugt ist. Gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit mit jeder Menge Veränderungen ist ein stoischer Ansatz bei Einzeltiteln nicht mehr angezeigt.
Vielmehr sollte man dem Beispiel von Warren Buffett folgen und die Buy and Hold Strategie um einen Aspekt bereichern, dem Check. Denn die Buy and Hold and Check Strategie ermöglicht es dem Anleger in besonderen Fällen einzugreifen, wenn der Einzeltitel langfristig keinen Erfolg mehr verspricht. Das Beispiel der Airlines bei Warren Buffett ist hierfür ein sehr geeigneter Indikator.
Durch die Corona-Krise und Reiserestriktionen, die auf der Welt (noch) herrschen, sind gerade die Fluggesellschaften massiv unter Druck geraten. Eventuell werden einzelne dieser Unternehmen die nächsten Monate nicht überstehen, jedenfalls wird die Branche noch lange unter den Umständen leiden müssen. Zumal mit Hinsicht der strengeren Klimapolitik in vielen Staaten weitere Schwierigkeiten für Fluggesellschaften lauern. Ob und wann die Branche jemals wieder zur alten Stärke zurückkehren wird, kann derzeit niemand seriös beantworten.
Ein Festhalten an diesen Einzeltiteln im Depot könnte zu einem Verlust des eingesetzten Kapitals führen, sodass es die richtige Entscheidung für einen rationalen Anleger wie Buffett ist, diese Titel abzustoßen und in stärkere Aktien zu investieren.
Gilt dies auch für ETFs?
Bei ETFs ist dieser Punkt noch einmal differenzierter zu betrachten. Während man bei Einzeltiteln meist einen hohen Anteil des gesamten Depots auf die einzelnen Titel aufwendet, sind ETF Depots von Natur aus breiter gestreut und weniger anfällig für hohe Verluste. Gerade bei weltweiten ETFs, die in verschiedene Branchen und Länder investieren, hat man keine hohe Konzentration in einzelne Aktien.
Bei solchen ETFs ist die Buy and Hold Strategie weiter erfolgsversprechend. Zumal die ETF Anbieter innerhalb des ETFs ein regelmäßiges Rebalancing durchführen und so schwächere Aktien und Branchen aussortiert werden. Ein regelmäßiger Blick auf das Weltgeschehen ist jedoch auch hier klar von Vorteil.
Bei Branchen ETFs sollte man eher auf die Buy and Hold and Check Strategie zurückgreifen. Nimmt man beispielsweise den Airlines, Hotels and Cruise Lines UCITS ETF (WKN: A3CPGE) steht man vor dem gleichen Problem, vor dem Buffett mit seinen Airlines Aktien stand. Denn nicht nur die Fluggesellschaften litten unter der Krise, sondern die gesamte Reisebranche stand vor dem Ruin. Welche einzelnen Player gestärkt aus der Krise hervorgehen oder von der Bildfläche verschwinden wird sich noch zeigen. Der passive und rationale ETF-Investor sollte auch den Erfolgs-Check absolvieren und im Zweifel den ETF eher abstoßen, wenn er die Branche nicht mehr für erfolgsversprechend hält.
Fazit
Die Buy and Hold Strategie ist nicht tot. Dennoch sollte sie leicht modifiziert angewandt werden. Der Investor sollte seine Aktien und ETFs regelmäßig auf Erfolgsaussichten prüfen und bei massiven Problemen der einzelnen Branchen oder Unternehmen eher Abstand von diesen Investments nehmen. Warren Buffett dient hier als sehr gutes Vorbild.
Erwartete Rendite eines Buy and Hold-Portfolios
Gerd Kommer hat in seinem Buch "Souverän investieren mit Indexfonds, Indexzertifikaten und ETFs" verschiedene Rendite/Risiko-Szenarien beschrieben.
Portfolio 1
Portfolio 2
Portfolio 3
Portfolio 4
Portfolio 5
% risikofreie Anlage
10 %
30 %
50 %
70 %
90 %
% Weltportfolio
90 %
70 %
50 %
30 %
10 %
maximaler Verlust
22 %
17 %
9 %
6 %
2 %
erwartete Rendite p. a.
8,7 %
7,5 %
6,1 %
4,6 %
3,1 %
empf. Mindestanlagedauer
10 Jahre
8 Jahre
6 Jahre
3 Jahre
2 Jahre
Quelle: Souverän investieren mit Indexfonds, Indexzertifikaten und ETFs
Autor Max Paprotny
Max Paprotny ist freier Mitarbeiter und schreibt auf extraETF.com Beiträge zum Thema Geldanlage. Der Rechtsanwalt hat sich bereits während des Studiums in den Themen Wirtschaft und Finanzen weitergebildet und die Instagram-Finanzplattform Maxximieren gegründet.
In diesem Jahr wird die Sparquote wohl bei gut zehn Prozent liegen. Wie sieht es bei dir aus? Wichtig: Setze beim Sparen unbedingt auf einen ETF-Sparplan.
Wie lässt sich ein ETF-Sparplan am besten mit einer Einmalanlage kombinieren? Antworten erfährst du im extraETF Podcast.
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