ETF-Strategie: Wird man mit der Faulbär-Strategie wirklich reich?
Vermögen aufbauen mit nur zwei Transaktionen pro Jahr? Einfacher geht es nicht. Genau das soll Anlegern mit der Faulbär-Strategie gelingen. Doch wie gut ist die Strategie wirklich?
In den vergangenen 20 Jahren brachte die Faulbär-Strategie mehr als 3.000 Prozent an Rendite – also rund 18 Prozent pro Jahr! Wie genau die Strategie funktioniert und ob sie sich wirklich zur Altersvorsorge lohnt, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel.
Die Faulbär-Strategie beruht auf der Annahme, dass Underperformer des Vorjahres ein höheres Aufholpotenzial (bzw. Risikoprämie) haben und sich wieder dem Marktdurchschnitt nähern werden. Aus dem Grund wird zum Jahresstart in den schwächsten Länder-ETF investiert, der nach zwölf Monaten wieder verkauft wird. Dann wird geschaut, welcher Länder-ETF im aktuellen Jahr am schlechtesten abgeschnitten hat. Diese Form des Investierens nennt sich auch „antizyklisch“.
Hier ist eine Liste der vergangenen 20 Jahre:
Jahr
Land
Rendite
2000
Vietnam
98 Prozent
2001
Südkorea
37 Prozent
2002
Finnland
- 19 Prozent
2003
Brasilien
101 Prozent
2004
Vietnam
32 Prozent
2005
China
8 Prozent
2006
China
114 Prozent
2007
Südkorea
- 8 Prozent
2008
Irland
- 66 Prozent
2009
Russland
123 Prozent
2010
Südafrika
15 Prozent
2011
Spanien
- 13 Prozent
2012
Österreich
27 Prozent
2013
Südafrika
- 26 Prozent
2014
Brasilien
- 2 Prozent
2015
Russland
7 Prozent
2016
Brasilien
76 Prozent
2017
Dänemark
16 Prozent
2018
Russland
- 3 Prozent
2019
China
25 Prozent
2020
Südkorea
42 Prozent
Die Performance lässt sich zeigen. In den vergangenen 20 Jahren konnten Anleger eine durchschnittliche Performance von 18 Prozent pro Jahr erzielen. Damit schneidet diese Strategie besser als die meisten Märkte ab. 2020 ist beispielsweise Südkorea ins Depot gerutscht und hat mit 42 Prozent sämtliche Benchmarks geschlagen. 2021 lief es zwar bei Sambia am schlechtesten – dennoch landete Brasilien im Depot.
Lassen Sie sich von den Zahlen nicht täuschen. 18 Prozent klingen super – beruhen jedoch auf der historischen Performance, aus der wir keine Schlüsse auf zukünftige Entwicklungen ziehen können.
Tipp: Mit dem extraETF Finanzmanager können Sie Ihre Portfolios überwachen & analysieren, Klumpenrisiken erkennen und Watchlists für Ihre Wertpapierlieblinge anlegen.
Ausschlüsse bei der Faulbär-Strategie
Jedes Jahr soll der „schlechteste“ Länder-ETF im Portfolio landen. Die Faulbär-Strategen lassen jedoch einige Länder außen vor. Hier einmal ein paar Beispiele:
Südamerika: Venezuela und andere Länder in der Region haben teilweise dreistellige Jahresrenditen erzielt, dennoch sollten Sie nicht im Depot landen. Zu hoch seien die politischen Risiken und das Währungschaos in der Region. Brasilien ist das einzige Land in Südamerika, dass im Depot landet.
Naher Osten: Die Staatsfonds aus Dubai, Katar und Abu Dhabi sind zwar milliardenschwer, dennoch scheiden die Regionen aufgrund der politischen Risiken und dauerhaften Spannungen aus. Ähnliches gilt für die Türkei. Es gibt zwar einige ETFs auf den Markt, trotzdem schreckt die Unberechenbarkeit des Präsidenten Erdogan vor einem Investment ab.
Bis auf Südafrika trifft das Gleiche für die anderen afrikanischen Länder zu. Hohe politische Unsicherheit und geringe Liquidität seien zu riskant. Aber auch in Europa gibt es ein paar Blacklist-Kandidaten. So etwa Griechenland oder einige osteuropäische Staaten.
Beachten Sie: Die Auswahl der Länder wirkt aus meiner Sicht willkürlich und folgt keinem „echten“ System. Der Ausschluss von hochriskanten Ländern macht Sinn, aber wo zieht man die Linie zwischen Währungsrisiko und keinem Währungsrisiko? Wie definiert man politische Risiken? Das ist nur eine von vielen Schwächen des Faulbär-Systems.
Mehr Spekulation, weniger Altersvorsorge
Das Faulbär-System ist simpel und bislang sehr effektiv. Der Markt soll geschlagen werden, indem Sie konsequent auf Verlierer setzen. Man muss kein Finanzwissenschaftler sein, um die Risiken zu erkennen. Die Strategie ist volatiler als normale Anlagestrategien – macht durchaus Sinn, wenn Sie pro Jahr nur einen „riskanten“ ETF im Depot liegen haben.
Aus meiner Sicht gleicht die Strategie – auch wenn sie sich auf finanzwissenschaftliche Zusammenhänge bezieht – einer Spekulation, die mit einem smarten Vermögensaufbau nicht viel zu tun hat. Ich empfehle sie daher nur Anlegern mit einer hohen Risikotoleranz. Anderen empfehle ich eine klassische Kapitalallokation mit einem breit gestreuten Welt-ETF für den Aktienanteil.
Alternativ können Sie die Strategie als kleine Beimischung in Ihren Portfolio-Mix aufnehmen. Mit diesem hybriden Modell umschiffen Sie die großen Klumpenrisiken und können möglicherweise trotzdem von einem kleinen Renditeschub profitieren.
Autor Carlos Link-Arad
Carlos Link-Arad ist freier Mitarbeiter und schreibt auf extraETF.com Beiträge zum Thema Geldanlage. Er ist zudem Co-Founder von Beyond Saving und hat in verschiedenen Funktionen in der Finanz- und Fintech-Branche gearbeitet.
Nur einmal pro Jahr einen ETF kaufen und satte Renditen einfahren – das verspricht die sogenannte Faulbär-Strategie. Doch hält die Strategie wirklich, was sie verspricht? Wir haben das Konzept einem Faktencheck unterzogen und einige Kritikpunkte gefunden.