14. April 2025
Altersvorsorge: Das sollte die neue Bundesregierung von Schweden lernen

Altersvorsorge: Das sollte die neue Bundesregierung von Schweden lernen

Bei der Altersvorsorgen mit Aktien können wir vieles von Schweden lernen. Diese Forderungen richten Experten daher an die neue Bundesregierung.

Am 9. April haben sich CDU/CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Damit dürfte die neue Bundesregierung stehen. Geht es nach den Experten des Deutschen Aktieninstituts (DAI) könnte diese einiges von Schweden lernen, denn die Schweden rennen der Börse die Bude ein. Nirgendwo sonst in der Europäischen Union (EU) ist die Zahl der Börsengänge so hoch wie bei den Nordeuropäern. Nach DAI-Zahlen gab es dort alleine zwischen 2016 und 2023 immerhin 508 Börsengänge – deutlich mehr als in Deutschland, Frankreich und Italien zusammen. Und jedes einzelne dieser Staaten kommt auf ein vielfaches der Einwohnerzahl Schwedens. Ein wesentlicher Treiber: Die Akzeptanz in der Bevölkerung: Fast jeder Schwede besitzt nach DAI-Zahlen Aktienfonds, jeder fünfte hält Aktien heimischer Unternehmen und leistet dadurch auch einen wesentlichen Finanzierungs- und Wachstumsbeitrag für die schwedische Wirtschaft. Die jüngst vorgestellte Studie „Mit dem Kapitalmarkt zur Zukunftsnation. Die Erfolgsfaktoren Schwedens“ des Deutschen Aktieninstituts und der Boerse Stuttgart Group leitet daraus Handlungsempfehlungen für die neue Bundesregierung in Deutschland ab. Besondere Bedeutung kommt der Aktienanlage in der Altersvorsorge sowie dem Anlagesparkonto zu.

In Schweden sind Aktien eine Selbstverständlichkeit

Allzu oft werden in Deutschland Aktien als Instrumente der Zockerei angesehen. Das mag vielleicht auch an den teilweise schlechten Erfahrungen vieler Privatanleger mit dem Platzen der Neuen-Markt-Blase um die Jahrtausendwende zusammenhängen. Als ETF-Anhänger weißt du natürlich, dass die breit gestreute Aktienanlage mit ETFs nicht zu vergleichen ist, mit dem Kauf einzelner unbekannter Einzelaktien. Doch in Skandinavien ist die Einstellung anders.

„In Schweden ist der Aktienbesitz eine Selbstverständlichkeit. Damit fließt ein erheblicher Teil der Ersparnisse in die lokale Wirtschaft und trägt maßgeblich zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen über die Börse bei“, sagt Henriette Peucker, Geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts. In Schweden seien die Altersvorsorge und steuergeförderte Anlagesparkonten die Hebel, damit die Menschen mehr in Aktien und Aktienfonds investieren. „Aktieninvestments in allen drei Säulen der Altersvorsorge gehören daher ganz oben auf die Prioritätenliste der neuen Bundesregierung“, fordert Peucker. Ein steuergefördertes Anlagesparkonto ist als Ergänzung zu den Maßnahmen in der Altersvorsorge notwendig.

Um im globalen Wettbewerb mit den Wirtschaftsblöcken USA und China weiter mithalten zu können, brauchen wir laut den Studienverfassern einen leistungsfähigen EU-Kapitalmarkt. „Auf europäischer Ebene wäre eine Selbstverpflichtung der Mitgliedstaaten, zwei Prozent der Löhne und Gehälter zum Aufbau eines Kapitalstocks in der gesetzlichen Rente zu investieren, eine entscheidende Stellschraube“, so Peucker weiter. Auch hier dient Schweden als Vorbild: Dort muss jeder Steuerzahler im Rahmen der gesetzlichen Prämienrente 2,5 Prozent des Bruttogehaltes am Kapitalmarkt anlegen.

Die schwedische Politik hat die Weichen gestellt

„Schweden ist nicht über Nacht zu einem Land der Aktionäre geworden. Die Politik hat Aktieninvestments in der Altersvorsorge und für den Vermögensaufbau konsequent gefördert. Das ist auch in Deutschland dringend geboten, um unsere Altersvorsorge zu sichern und dringend benötigtes privates Kapital für Innovationen zu mobilisieren”, so Voelkel. Ein geeignetes Mittel sieht er in einem privaten Altersvorsorgedepot, das kostengünstige Investments in Aktien ermöglicht und staatlich über Zulagen und steuerliche Anreize gefördert wird: „Möglichst vielen Menschen die Chancen des Kapitalmarkts zu erschließen, ist uns als Börsengruppe mit Fokus auf Privatanleger sehr wichtig.“

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Einen Zugang zum Kapitalmarkt ohne hohe Hürden bietet Schweden auch für Unternehmen. „Seit Anfang 2024 konnten wir allein an unserer schwedischen Tochterbörse NGM 23 neue Listings gewinnen. Bei Börsengängen und in der Venture-Capital-Finanzierung ist uns Schweden weit voraus. Auch Deutschland sollte regulatorische Hürden abbauen und einen attraktiven Kapitalmarkt für junge Wachstumsunternehmen schaffen“, meint Voelkel.

Drei Empfehlungen der Studienautoren

  • Mehr Aktien und Aktienfonds in allen drei Säulen der Altersvorsorge: Die Einführung einer beitragsfinanzierten Kapitaldeckung nach dem Vorbild der Prämienrente in Schweden entlastet das Umlageverfahren und leistet einen Finanzierungsbeitrag für die lokale Wirtschaft. In der zweiten Säule ist es notwendig, dass Pensionsfonds mit einem hohen Aktienanteil eine deutlich größere Rolle spielen – in Schweden legen die großen Pensionsfonds in der betrieblichen Altersvorsorge rund 40 Prozent ihres Vermögens in Aktien und Aktienfonds an. Zur Stärkung der privaten Altersvorsorge wird in der dritten Säule die Einführung eines Altersvorsorgedepots empfohlen.
  • Einführung eines steuerlich geförderten Anlagesparkontos: Das „Investeringssparkonto“ trägt in Schweden wesentlich zu einer Stärkung der Aktienkultur bei. Auch für Deutschland wird die Einführung eines Anlagesparkontos für den Vermögensaufbau empfohlen.
  • Bildungsmaßnahmen zum Thema Wirtschaft und Finanzen: In Deutschland fehlen im Gegensatz zu Schweden regelmäßige Berührungspunkte zu Aktien und Kapitalmärkten beispielsweise über die Altersvorsorge. Das Deutsche Aktieninstitut und die Boerse Stuttgart Group plädieren für ein Schulfach „Wirtschaft und Finanzen“ an allen allgemeinbildenden Schulen.

Rechtlicher Rahmen, der Wachstum ermöglicht:

  • Aktienrecht flexibilisieren: In Schweden ist das Aktienrecht deutlich flexibler als in Deutschland. Beispielsweise gibt es kein gesetzliches Limit für das genehmigte Kapital, das von den Unternehmen häufig zur Expansion ihres Geschäftsmodells genutzt wird. Die gesetzliche Grenze von 50 Prozent des Grundkapitals im deutschen Aktienrecht ist daher zu erhöhen.
  • Prospektregime vereinfachen: Schweden sticht bei der Kürze der Prospekte hervor, die Unternehmen für Kapitalaufnahmen und Börsennotierung erstellen müssen. Mehr Rechtssicherheit bei der Prospekthaftung trägt dazu bei, die Prospektlänge zu verringern und die Lesbarkeit zu erhöhen. Die Möglichkeit, durch eine Ad-hoc-Mitteilung die Investoren über einen Prospektfehler aufzuklären und diesen damit zu korrigieren, sollte eingeführt werden.
  • EU-Marktmissbrauchsverordnung entschlacken: Die Komplexität der Marktmissbrauchsverordnung verringert die Attraktivität der Börse als Finanzierungsquelle. Eine Vereinfachung wird empfohlen, zum Beispiel beim Erwerb beziehungsweise Verkauf von Unternehmen. Wichtig ist die Klarstellung, dass Informationen erst bei Abschluss der Transaktion publiziert werden müssen und nicht vorher.

Attraktivität des KMU-Wachstumsmarkts erhöhen:

90 Prozent der Börsengänge in Schweden finden auf den drei dortigen KMU-Wachstumsmärkten statt, einem Einstiegssegment in der EU mit weniger umfassendem Regelwerk. Um die Attraktivität des Segments zu erhöhen, sollten die an KMU-Wachstumsmärkten gelisteten Unternehmen weitere Erleichterungen nutzen können, beispielsweise bei der Erstellung von Insiderlisten.

Nimm dein Glück selbst in die Hand

Wie viele dieser Forderungen wirklich umgesetzt werden, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Verlasse dich aber nicht zu sehr auf die neue Bundesregierung. Konzentriere dich stattdessen darauf, was in der deiner Macht steht. Und das ist zum Beispiel das Einreichten eines ETF-Weltportfolios. Du suchst dir über die ETF-Suche die favorisierten Produkte heraus, wobei ein bis drei ETFs für den Anfang durchaus reichen. Für die Aufteilung Aktien zu Anleihen orientierst du dich an unserem Risikokapazitätsrechner. Von Zeit zu Zeit passt du dann die Gewichtungen mit Hilfe unseres Rebalancing-Rechners an.

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