Aktien oder ETFs? Mit dieser Strategie gewinnst du mit beidem!
Wie investierst du richtig? Über Einzelaktien oder doch lieber ETFs? Das Ganze erinnert mich immer ein wenig an den Kino-Blockbuster Godzilla vs. Kong aus dem Jahr 2021, in dem sich die beiden Monster duellieren. Dabei stellt sich die Frage: Warum das eine oder das andere? Die Kombination aus beidem ist doch perfekt!
Ben Offenberger ist Betreiber des Beamteninvestor-Blogs und dem gleichnamigen Instagram-Account mit über 60.000 Abonnenten. Hier stellt er dir seine persönliche Portfolio-Strategie vor.
Hauptsäule: Dividendenstrategie
Es geht los: Meine Hauptsäule sind dividendenstarke Einzelaktien. Hier sammle ich Aktien gerne bei fundamentaler Unterbewertung ein. Ich kaufe dann, wenn die Unternehmen vom Markt verschmäht werden. Dabei investiere ich sowohl in Wachstumsunternehmen, die momentan noch eine geringe Dividendenrendite aufweisen, als auch in Hochdividendenwerte. Ein zentrales Investitionskriterium ist eine sichere Dividende, die in der Regel stetig gesteigert wird. Mein Cashflow soll jährlich wachsen.
Die Menschen müssen in den USA private Altersvorsorge betreiben und das funktioniert am besten über die Aktienmärkte. Darüber hinaus gibt es dort eine Vielzahl von Pensionskassen, die auf steigende Dividendenzahlungen angewiesen sind, um ihren Mitgliedern deren Renten auszahlen zu können. Zahlungen der Unternehmen erfolgen dort in der Regel viermal jährlich, so dass eine Schieflage von Unternehmen schneller ans Licht kommt. Im Vergleich zu Europa gibt es in den USA außerdem eine Vielzahl von Dividendenaristokraten, die ihre Dividenden seit 25 Jahren und länger steigern. Ich konzentriere mich also auf den US-Markt.
Wachstumswerte als zweite Säule
Darüber hinaus finden sich in meinem Depot auch einige Wachstumsunternehmen ohne Dividende. Neben den großen Technologie-Playern wie Amazon und Alphabet investiere ich auch in kleinere Unternehmen, denen ich in Zukunft große Wachstumsraten zutraue. Das Risiko ist hier deutlich erhöht, so dass diese Positionen geringer gewichtet werden.
Und schließlich ETFs
Den dritten Baustein beim Investieren bildet bei mir eine Reihe von ETFs, die ich als Ergänzung und Abrundung des Depots ansehe. Hier schließt sich dann der Kreis aus aktivem und passivem Investieren. ETFs sind eine sehr gute Möglichkeit, Branchen oder Sektoren abzubilden. Mehr zu diesem Thema findest du im Übrigen in der Beilage dieser Ausgabe.
Regionale Abdeckung
Der Fokus auf stabile Dividendenwerte sorgt für eine starke US-Last. Der asiatische Markt und allgemein Schwellenländer finden sich dabei nicht. Die Auswahl von Einzelaktien fällt mir in diesem Bereich auch besonders schwer, da zum einen die Kulturen der Länder sehr unterschiedlich sind und Privatanleger Aktien in verschiedenen Ländern nicht ohne weiteres handeln können.
Zur Lösung dieser Problemstellung bespare ich monatlich einen Schwellenländer-ETF. Dieser deckt vor allem den Bereich China und Taiwan ab. Die Gewichtung der beiden Länder beträgt innerhalb des ETFs knapp über 50 Prozent. Man muss sich hier also im Klaren darüber sein, dass man mit dieser Wahl vor allem auf China setzt. Für mich ist diese Lösung aber überaus passend. Schon vor längerer Zeit hatte ich meine chinesischen Einzelaktien aufgrund der politischen Risiken innerhalb des Landes veräußert. Vor allem die sich damals im Depot befindlichen Technologie-Werte Alibaba und Tencent bekamen den langen Arm der chinesischen Regierung zu spüren. Die Kommunistische Partei versucht, die Macht der Konzerne einzudämmen, was zu hohen Strafzahlungen und einem Absturz der Aktienkurse führte. Ganz verzichten möchte ich auf einen chinesischen Anteil im Depot allerdings nicht. In diesem Fall bietet der Emerging-Markets-ETF eine gute Investmentmöglichkeit. Neben China und Taiwan wird dieser ergänzt mit einem 16-prozentigen Anteil Indien und weiteren asiatischen Staaten, Ländern aus Südamerika sowie Saudi-Arabien und Südafrika.
Mein persönlicher langfristiger Favorit für die kommenden Jahre ist jedoch nicht China, sondern Indien. Im Jahr 2020 lag die Marktkapitalisierung des gesamten indischen Aktienmarkts bei etwa 2,6 Billionen Dollar. Nur zum Vergleich: Alleine Apple ist derzeit eben- falls mit knapp 2,6 Billionen Dollar an der Börse bewertet.
Gleichzeitig wird damit gerechnet, dass Indien in den nächsten Jahren zum bevölkerungsreichsten Land der Welt aufsteigen wird. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen belief sich 2021 auf knapp 2.000 Dollar und lag damit etwas unterhalb des Jahres 2020, was der Corona-Pandemie geschuldet war. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre ist das Pro-Kopf-Einkommen jedoch um über 30 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung sollte sich fortsetzen und dafür sorgen, dass in den kommenden Jahrzehnten ein immer größerer Teil der indischen Bevölkerung in die Mittelschicht aufsteigt. Das politische System ist vergleichsweise stabil. Ein Hemmschuh ist das weiterhin vorherrschende Kastensystem, das Entwicklungen teilweise bremst.
Die Performance des indischen Aktienmarkts kann sich sehen lassen. In den vergangenen 20 Jahren ging es im Schnitt um mehr als zwölf Prozent nach oben. Damit wurde sowohl der S&P 500 als auch der MSCI World deutlich outperformt. Sollte sich die Pandemie in absehbarer Zeit zur Endemie entwickeln und das politische System mit einer weitergehenden Liberalisierung der Wirtschaft stabil bleiben, sehe ich hier großes Potenzial. Da Direktinvestitionen in indische Aktien hier nur sehr beschränkt möglich sind, setze ich auf eine ETF-Lösung.
Abdeckung von Sektoren
Weitere drei ETFs finden sich in meinem Depot zur Abdeckung besonderer Sektoren. Einer der weltweit bekanntesten Indizes ist der Nasdaq 100, der die größten an der Nasdaq notierten Unternehmen umfasst. Das Problematische an diesem Index ist sein großes Klumpenrisiko: Die neun größten Unternehmen machen mehr als 50 Prozent der Gesamtgewichtung aus. Von diesen neun befinden sich bereits sieben Unternehmen als Einzelposition in meinem Depot. Ein Investment in einen Nasdaq 100 ETF scheidet somit für mich aus. Stattdessen bespare ich mit dem Nasdaq 100 Next Generation ETF (WKN: A2QPVX) eine breite Palette mittlerer Growth-Unternehmen. Dieser umfasst die auf Basis der Marktkapitalisierung größten 100 an der Nasdaq notierten Unternehmen außerhalb des Nasdaq 100 Index, sozusagen den amerikanischen Technologie-MDax.
Ein Klumpenrisiko besteht dabei nicht. Die zehn größten Unternehmen innerhalb des ETF machen weniger als 20 Prozent des Gesamtindex aus. Einziger Anbieter einer solchen ETF-Lösung ist bisher das Investmenthaus Invesco. Das ETF-Volumen des in Deutschland handelbaren Produkts ist mit 34 Millionen Euro noch sehr überschaubar, ich gehe allerdings davon aus, dass sich dies ändern wird, sobald der ETF bekannter wird und Technologieaktien wieder besser performen. Eine weitere Zukunftsbranche ist aus meiner Sicht der Gaming-Sektor.
Meine eigenen Zockerzeiten sind lange vorbei. Ich bin nicht auf dem Laufenden, was heute angesagt ist oder welche Anbieter im Hardware- und Spiele-Bereich vorne liegen. Statistiken kann ich aber lesen. Und die zeigen, dass das weltweit meistverkaufte Spiel Minecraft bereits 285 Millionen Mal über den imaginären Ladentisch ging.
Im Jahr 2016 lag der Umsatz im Markt für Videospiele weltweit bei knapp mehr als 90 Milliarden Euro. Nach einer Prognose von Statista soll sich der Umsatz bis zum Jahr 2025 auf immerhin mehr als 190 Milliarden Dollar erhöhen. Vor allem kostenlose Games mit Abo-Möglichkeiten oder der Verkauf monatlicher Gaming-Pässe bieten hier weiteres Wachstumspotenzial. Der Video Gaming and E-Sport-ETF (WKN: A2PLDF) von Vaneck bietet mir in diesem Fall die Möglichkeit, den gesamten Sektor mit einem Produkt abzubilden.
Umfasst sind hier 25 Unternehmen, die ihre Einnahmen zum überwiegenden Teil aus dem Gamingsektor beziehen. Den Megatrend Gesundheit decke ich über einen weiteren ETF ab. Im Einzelaktienbereich halte ich die Dividendendickschiffe Abbvie und Amgen im Depot. Für jemanden, der beruflich und privat keinerlei Berührungspunkte mit diesem Sektor hat, ist es darüber hinaus jedoch fast unmöglich, kommende Highflyer an der Börse zu entdecken. Heute ist jedermann bekannt, dass die deutsche Firma Biontech durch die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs auf mRNA-Basis ihren Aktionären eine reiche Ernte beschert hat.
Auf jedes Biontech kommen allerdings auch unzählige Biotech-Firmen, die Insolvenz anmelden mussten. Um aber doch an diesem Trend zu partizipieren, bespare ich jeden Monat den Healthcare Innovation ETF von iShares (WKN: A2ANH2). Investiert wird hier weltweit in Unternehmen, die erhebliche Einkommen aus Sektoren generieren, die auf die Erweiterung des aktuellen Stands der medizinischen Behandlung und Technik fokussiert sind. Dabei werden immer mindestens 80 verschiedene Werte gehalten, was das Risiko einzelner Pleiten stark reduziert.
Tipp:ETF-Empfehlungslisten – hier findest du die besten ETFs zu allen wichtigen Anlageklassen. |
Fazit
Ich werde ein Einzelaktien-Investor bleiben. Ich beschäftige mich gerne mit den Firmen, deren Produkten und Geschäftszahlen. Dabei betreibe ich ein Buy-and-Hold-and-Check. Unternehmen werden nur dann ausgetauscht, wenn sich fundamentale Veränderungen ergeben, also beispielsweise das Geschäftsmodell nicht mehr tragfähig ist oder eine Insolvenz zu befürchten ist. Zu einem gewissen Grad werden sich in meinem Depot immer auch ETFs finden. Deren Anteil am Gesamtdepot ist noch sehr klein, es sind allerdings auch die einzigen Positionen, die monatlich ohne Pause bespart werden. Anleger in Einzelaktien sollten ETFs immer so wählen, dass sie individuell zum Depot passen und dieses sinnvoll ergänzen. Dann gewinnen am Ende beide: Godzilla und Kong.