1. Oktober 2020

Thomas Metzger (Bankhaus Bauer) über das optimale Portfolio

Im Interview erklärt Thomas Metzger, Leiter der Vermögensverwaltung für das Bankhaus Bauer, wie Anleger am besten ein Portfolio aufbauen.

Herr Metzger, die weitere Entwicklung an der Börse ist zwar immer unklar, doch im Corona-Jahr 2020 scheint dies ganz besonders zu gelten. Wie können Privatanleger ganz grundsätzlich ein Portfolio konstruieren, das stabil und renditestark sein kann?

Wichtig ist immer, auf eine ausreichende Diversifikation im Portfolio zu achten. Man sollte niemals einzelnen Wetten einen zu hohen Anteil am Depotwert einräumen. Neben einer Streuung des Vermögens über bspw. Aktien, Renten und Rohstoffe macht es darüber hinaus Sinn, in jeder Asset Klasse mehrere Strategien einzusetzen. Gerade in Panik-Zeiten wie bspw. während der Finanzkrise vor über zehn Jahren oder bei den erst kürzlich aufgetretenen extremen Marktschwankungen konnte man immer wieder beobachten, dass viele Anlagesegmente in die gleiche Richtung gelaufen sind. So wurde im Grunde während sehr ausgeprägter risk-off-Phasen oft fast alles verkauft. Da hat es dann auch ein sauber diversifiziertes Portfolio schwer, ausreichend Schutz zu bieten. Es macht daher Sinn, mit einer zweiten Multi-Strategy-Ebene zu arbeiten um zusätzlich Stabilität aufzubauen. Der Investor sollte dabei versuchen, nicht mehr so stark traditionell, in starren Kategorisierungen nach Anlageklassen zu denken sondern vielmehr flexibel in Chance-Risikoprofilen der jeweiligen Strategie. Ein wichtiges Auswahlkriterium ist dabei eine möglichst geringe oder negative Korrelation der Investmentidee zu traditionellen Anlageklassen wie Aktien oder Renten. Nimmt man den Rentenbereich als Beispiel, kann als Ergänzung zu klassischen Papieren oder Fonds z.B. mit High-Yield-Anlagen aber auch Cat-Bonds, also sog. Katastrophenanleihen oder dem Thema Mikro-Finanz gearbeitet werden, um sich breiter aufzustellen.

Sollten Anleger die drohende zweite Corona-Welle mit in ihren Erwägungen einbeziehen und vielleicht umschichten oder einer einmal gewählten Strategie treu bleiben?

Nun, man sollte schon eine klare Meinung zu den einzelnen Anlageklassen haben und an dieser auch dann festhalten, wenn kurzfristig Nervosität an den Märkten aufkommt. Natürlich ist es notwendig, seine fundamentale Sicht der Dinge regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Das tägliche Hin und Her an der Börse sollte dabei aber etwas ausgeblendet werden. Für diese kurzfristigen Schwankungen sind vor allem die Emotionen der Marktteilnehmer, aber auch Spieler, die an schnellen Bewegungen verdienen und durch ihre Trades Volatilität erzeugen, verantwortlich. Dieses Auf und Ab eignet sich meines Erachtens für einen „normalen“ Anleger nicht dazu, durch ständiges Kaufen und Verkaufen Geld zu verdienen. Kurzfristige Schwankungen bieten allerdings gerade für Investoren, welche über einen langfristigen Anlagehorizont verfügen, sehr gute Gelegenheiten, die strategischen Quoten ihrer Aufteilung im Depot „atmen“ zu lassen. Also bei Übertreibungen nach oben einmal Gewinne mitzunehmen und Einbrüche der Märkte zu nutzen, um Positionen aufzustocken. Das macht gerade bei Aktien, wo historisch betrachtet langfristig sehr gute Renditen zu erzielen waren, wenn man die nötige Geduld mitgebracht hat, mehr Sinn, als ständig die Asset Klasse komplett auf- und abzubauen.

Wie haben Anleger nach Ihren Beobachtungen hier mehrheitlich reagiert?

Selbst Profis haben die extremen Schwankungen im Verlauf der Corona-Krise vor Herausforderungen gestellt. Gerade rasante Kursbewegungen werden oft durch die beiden Extreme Angst und Gier verursacht bzw. deutlich verstärkt. Das Phänomen des „Herdentriebs“ ist ein gutes Beispiel hierfür: Immer mehr Anleger folgen der vermeintlich sicheren Meinung der Masse in eine Richtung bis enorme Blasen oder plötzliche, deutliche Kursbewegungen entstehen. Auch die erhöhte Volatilität im März war sicherlich zumindest zum Teil Folge psychologischer Effekte. Mit Hilfe des Money-Managements bzw. Risiko-Managements können sich allerdings auch private Anleger recht einfache Regeln schaffen um Entscheidungen ohne psychischen Druck fällen zu müssen. Hier geht es z.B. um Wertsicherungsstrategien, die darauf abzielen das Risiko eines Portfolios zum einen durch das Festlegen der Größe der einzelnen Handelspositionen bzw. durch die bereits erwähnte ausreichende Diversifikation des Depots aber auch durch das Definieren von maximalen Verlusten pro Position zu begrenzen. Durch das setzen von Stopp-Loss-Kursen werden z.B. Positionen automatisch verkauft, sobald sie einen vorher festgelegten Kurs erreicht haben. Somit können Verluste im voraus begrenzt, aber auch aufgelaufene Gewinne abgesichert werden.

Werden wir etwas konkreter. Wie könnte ein Portfolio für folgende Personen aussehen? Person A ist 30 Jahre alt und hat 20.000 Euro zum Investieren. Person B ist 45 und kann 100.000 Euro anlegen. Person C ist 60 und will 250.000 Euro anlegen.

Wie bereits dargestellt hängt die Stabilität eines Portfolios ganz wesentlich von der grundsätzlichen, strategischen Asset Allocation, also der Aufteilung des anzulegenden Vermögens auf die einzelnen Anlagekategorien ab. Allerdings sollte die Gewichtung der Asset Klassen nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgen, sondern ganz bewusst gewählt werden. Hier spielen individuelle Faktoren wie Alter, Vermögen, Risikobereitschaft und Verlusttragfähigkeit des Investors sowie dessen Einschätzung der Märkte eine große Rolle. Unter Chance-Risiko-Aspekten führt gerade vor dem Hintergrund des derzeit extrem niedrigen Zinsniveaus für einen langfristig denkenden Investor wohl auch in Zukunft kein Weg an Aktien vorbei. Wichtig ist, die nötige Geduld mitzubringen. Die ganz großen Kursgewinne erwarte ich mittelfristig nicht mehr. Ganz einfach weil die Märkte in Relation zu den Gewinnen der Unternehmen nicht mehr günstig sind und momentan doch einige Unsicherheitsfaktoren belasten. Geht man bei den von Ihnen genannten Beispielen davon aus, dass die Personen für ihren Ruhestand ansparen wollen, hat die Person A wahrscheinlich noch über 30 Jahre Zeit, in der auch schwierige Phasen am Aktienmarkt überstanden werden bzw. sogar zum Aufbau von Positionen genutzt werden können. So hätte ein einfaches Investment in den Dax über die vergangenen 30 Jahre z.B. mehr als sechs Prozent Gewinn p.a. erwirtschaftet. Auch das vermeintlich hohe Risiko in Zusammenhang mit Dividendenwerten kann bei genauer Betrachtung nicht bestätigt werden. Bereits ab einem Dax-Investment, welches über mehrere Jahre reichte, konnten Gewinne erzielt werden, egal zu welchem Zeitpunkt der Anleger in der Vergangenheit gekauft hätte. Insofern macht hier eine hohe Aktienquote von circa 75 Prozent Sinn. Diese kann Schritt für Schritt aufgebaut werden. Person B hat immerhin noch über 20 Jahre Zeit ihr Kapital mit einer möglichen Aktienquote von 50 Prozent arbeiten zu lassen. Neben Cash * kann im Nicht-Aktienteil mit Unternehmensanleihen, Alternativen Investments und Rohstoffen wie bspw. Gold diversifiziert werden. Bei Person C sollte der Sicherheitsgedanke doch ausgeprägter sein und die Aktienquote eher unter 50 Prozent liegen. Zusätzlich kann im Aktienblock mit unterschiedlichen Strategien gearbeitet und nicht nur einfach Einzeltitel oder Fonds gekauft werden. So ist es mit Hilfe von Bonus- oder Discount-Zertifikaten möglich, von einem Seitwärts- oder gar Abwärtsmarkt zu profitieren.