17. April 2025
Fabian Behnke, Head of Strategic Accounts, Vanguard Deutschland.

Fabian Behnke (Vanguard) über Stabilität für das Depot trotz US-Zölle

Die Zölle von US-Präsident Donald Trump zwangen die Aktienkurse jüngst nach unten. Wie geht es weiter? Und was können Anleger tun? Antworten von Fabian Behnke, Head of Strategic Accounts, Vanguard Deutschland.

Jüngst zeigten die Aktienkurse getrieben durch die US-amerikanischen Zölle weltweit erst stark nach unten, dann folgte die Gegenreaktion. Rechnen Sie mit einem baldigen Ende der Volatilität oder müssen wir uns auf weitere Ausschläge einrichten?

Kurzfristige Marktausschläge sind keine Ausnahme, sondern treten immer wieder auf – gerade in Zeiten geopolitischer Spannungen, wirtschaftspolitischer Maßnahmen wie Zöllen oder geldpolitischer Unsicherheit. Wir bei Vanguard gehen nicht davon aus, dass sich die Volatilität zeitnah dauerhaft beruhigen wird. Vielmehr ist mit weiteren Schwankungen zu rechnen.

Aus unserer Sicht kommt es jedoch nicht darauf an, kurzfristige Marktbewegungen zu antizipieren. Wichtiger ist, dass Anleger lernen, mit Unsicherheit umzugehen und ihr Portfolio so strukturieren, dass sie an ihrer Strategie festhalten können – auch wenn die Märkte schwanken. Volatilität ist der Preis, den Investoren für langfristige Renditechancen zahlen. Wer versucht, Marktphasen aktiv zu timen, läuft Gefahr, die besten Tage zu verpassen – mit erheblichen Auswirkungen auf die Rendite.

Anleger, die jetzt allzu zittrig werden, sind möglicherweise zu aktienlastig aufgestellt. Inwiefern können Privatanleger mit Anleihe-ETFs ihr Depot stabilisieren und so Krisen mit dem nötigen Durchhaltevermögen meistern?

In Krisenzeiten zeigt sich die Bedeutung robuster Portfolios – insbesondere für Privatanleger, die häufig emotional auf Schwankungen reagieren. Anleihe-ETFs spielen hier eine zentrale Rolle: Sie reduzieren in der Regel die Volatilität und bieten einen gewissen Schutz vor Kursverlusten, da sie anders als Aktien in wirtschaftlich angespannten Phasen oft stabiler performen. Ein ausgewogenes Verhältnis von Aktien und Anleihen guter Bonität hilft Anlegern deshalb, durchzuhalten und Fehlentscheidungen wie Panikverkäufe zu vermeiden.

Tipp: Lies dir unseren Wissensbeitrag „Was sind Anleihen?“ durch.

Doch Stabilität ist nur ein Aspekt. Ebenso entscheidend ist die Diversifikation – also die gezielte Streuung über Anlageklassen, Regionen und Emittenten hinweg. Studien zeigen, dass nur ein kleiner Teil der Aktienmärkte für den Großteil der Wertentwicklung verantwortlich ist. Wer sein Portfolio breit aufstellt – sowohl mit globalen Aktien-ETFs als auch mit breit gefassten Anleihe-ETFs – erhöht die Chance, an den Gewinnen der „Gewinnerpapiere“ zu partizipieren und gleichzeitig die Risiken einzelner Ausfälle zu minimieren. Anders gesagt: Anleger sollten nicht auf einzelne Bäume setzen, sondern auf den ganzen Wald.

Was sollte man bei der Auswahl eines Anleihe-ETFs beachten?

Die passende Wahl hängt stark vom individuellen Risikoprofil, dem Anlagehorizont und den Renditeerwartungen ab. Grundsätzlich spielen drei Faktoren eine zentrale Rolle: Laufzeit, Bonität der Emittenten und regionale Diversifikation. Für risikoaverse Anleger – etwa kurz vor dem Ruhestand oder mit Fokus auf Kapitalerhalt – eignen sich Anleihe-ETFs mit kurzen Laufzeiten (Short Duration) und hoher Bonität. Dazu zählen beispielsweise Staatsanleihen aus der europäischen Union. Diese Kombination sorgt für stabile Erträge bei vergleichsweise geringem Zinsänderungsrisiko.

Tipp: Du willst wissen, in welchem Verhältnis du Aktien und Anleihen mischen solltest? Dann nutze jetzt den Risikokapazitätsrechner.

Für ausgewogene Anleger, die moderate Schwankungen akzeptieren, kommen breit gestreute Anleihe-ETFs mit mittleren Laufzeiten in Betracht. Hier kann eine Mischung aus Staats- und Unternehmensanleihen guter Bonität sinnvoll sein, idealerweise global diversifiziert. Das bietet eine höhere Renditechance bei überschaubarem Risiko, sofern das Währungsrisiko zum Euro abgesichert wird.

Für risikofreudige Anleger – mit langfristigem Horizont oder größerer Risikotoleranz – können auch Anleihe-ETFs mit längeren Laufzeiten und niedrigeren Bonitätsstufen (z. B.  aus Schwellenländern) interessant sein. Diese bieten potenziell höhere Erträge, gehen aber mit stärkerer Volatilität und höheren Ausfallrisiken einher. Wichtig ist, solche Positionen bewusst zu dosieren und mit defensiveren Segmenten zu kombinieren.

Die Aktienseite ist sicherlich für die Rendite zuständig, Anleihen dienen der Absicherung. Doch welches Mischverhältnis ist angebracht?

Ein pauschales „richtiges“ Mischverhältnis gibt es nicht – entscheidend ist die individuelle Situation der Anlegerin oder des Anlegers. Die Aufteilung zwischen Aktien und Anleihen sollte sich an der Risikobereitschaft, dem Anlagehorizont und der persönlichen Lebenssituation orientieren.

Ein klassisches 60/40-Portfolio – also 60 Prozent Aktien, 40 Prozent Anleihen – gilt als ausgewogen und ist für viele langfristige Anleger ein sinnvoller Ausgangspunkt. Risikofreudigere Anleger mit langem Anlagehorizont, etwa in der Ansparphase, können auch auf 80/20 setzen. Wer hingegen stärker auf Kapitalerhalt fokussiert ist oder kurz vor dem Ruhestand steht, wählt möglicherweise ein Verhältnis von 40/60 oder sogar 20/80 – also mit höherem Anleiheanteil.

Tipp: Lass dich einfach von unseren Musterportfolios inspirieren.

Auch das Alter spielt eine Rolle. Jüngere Anleger können tendenziell höhere Aktienquoten verkraften, da sie Rückschläge aussitzen können. Ältere Anleger benötigen hingegen oft mehr Stabilität und greifen daher stärker zu Anleihen, da die Lebensphase, in der das aufgebaute Vermögen wieder verzehrt wird, näher ist. Weitere Faktoren sind Einkommenssituation, Anlageziel und psychologische Belastbarkeit. Wichtig ist, sich regelmäßig mit dem eigenen Risikoprofil auseinanderzusetzen und das Portfolio gegebenenfalls anzupassen – gerade in dynamischen Marktphasen.

Neben der Beimischung einer Anleihe-Position wären auch globale Aktien-ETFs mit geringerer Schwankung (Low Volatility/Minimum Volatility) denkbar. Was halten Sie davon?

Low-Volatility-ETFs können helfen, Kursschwankungen auf der Aktienseite zu reduzieren – doch sie bleiben Aktieninvestments mit den entsprechenden Risiken. Low-Volatility-Strategien können darüber hinaus nicht garantieren, in jeder Phase stabiler als der Gesamtmarkt zu sein. Wer echte Diversifikation anstrebt, sollte Aktien mit qualitativ hochwertigen Anleihen kombinieren.