Warum du Nebenwerte nicht links liegen lassen solltest

Weshalb die Zeit der Nebenwerte bald anbrechen könnte

Sollte die US-Politik statt der Handelspolitik demnächst Steuersenkungen in den Fokus nehmen, könnte das vor allem Nebenwerte beflügeln.

Günstiger geht es eigentlich kaum, wie die Experten von J.P. Morgan Asset Management feststellen: Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 16 seien Nebenwerte nicht nur deutlich niedriger als Large Caps bewertet, die ein KGV von 18 aufweisen. Sie liegen damit unter dem langfristigen Durchschnitt ihrer eigenen Historie von 17,5. Der globale Small-Cap-Index hat in den vergangenen zehn Jahren sogar einen Rückstand von 60 Prozent gegenüber der Entwicklung des MSCI Welt-Index aufgebaut. Ist nun also der Zeitpunkt gekommen, verstärkt auf Small Caps zu setzen? Aus Sicht von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, spricht die Ausgangslage durchaus für eine Aufholjagd bei den Nebenwerten (Small Caps).

„Doch solange Präsident Trump an seiner Politik der Eskalation von Strafzöllen, selbst zum möglichen Preis einer US-Rezession, festhält, weht diesem durchaus attraktiv bewerteten Aktiensegment ein eisiger Wind ins Gesicht“, erklärt Galler. Denn Nebenwerte reagieren besonders sensibel auf die konjunkturelle Entwicklung und die Veränderungen der Finanzierungsbedingungen. Gleichwohl gebe es einen Silberstreif am Horizont für Nebenwerte in Form von Steuersenkungen.

Gewinnerwartungen für Nebenwerte sind häufig unrealistisch

Ein beliebtes Argument zugunsten der Nebenwerte ist das prognostizierte Gewinnwachstum: Um 38 Prozent sollen die Gewinne von Nebenwerten im laufenden Jahr 2025 zulegen – im Vergleich zu eher bescheiden anmutenden zehn Prozent bei den Standardwerten. Doch ganz so einfach ist es nach Meinung Gallers nicht. Ein Blick auf die bisherigen Erfahrungen mit US-Small-Caps zeige das sehr deutlich: „Während die jährlichen Gewinnschätzungen für Large Caps zwischen 2011 und 2023 durchschnittlich um 3,7 Prozent nach unten korrigiert wurden, mussten die Small-Cap-Gewinne durchschnittlich um fast 24 Prozent nach unten revidiert werden. Die Erwartungen für die Nebenwerte stimmen also oft nicht mit der Realität überein“, sagt Galler. 

Allein für das Kalenderjahr 2024 wurde ein Gewinnwachstum von 24 Prozent erwartet. Die Gewinne fielen jedoch um 14 Prozent. Die Gewinnerwartungen der Standardwerte mussten hingegen nur um zwei Prozent nach unten korrigiert werden. Eine Ursache für die schlechtere Prognosequalität bei Nebenwerten liegt nach Einschätzung von Tilmann Galler in der geringen Analysedichte. „Große Unternehmen werden oft von 10 bis 20 Analysten bewertet, wodurch ein Schätzfehler oder eine veraltete Analyse in der Konsensschätzung weniger ins Gewicht fällt. Bei Nebenwerten ist das anders“, erklärt Galler. 

Tipp: Schau dir gleich unseren Seite zu Small-Cap-Aktien an. Danach solltest du auch einen Blick auf die allgemeine Smart-Beta-ETF-Seite werfen.

Auch in diesem Jahr ist das Muster ähnlich: Während die Small-Cap-Gewinnschätzungen für 2025 nach Zahlen von J.P. Morgan Asset Management seit Jahresbeginn bereits um sechs Prozent gesenkt wurden, beträgt der Rückgang bei Standardwerten nur zwei Prozent. Im ersten Quartal 2025 entwickelten sich die Gewinne für Small Caps bislang negativ und sanken um 13 Prozentpunkte auf Minus acht Prozent. Aktuell erzielen 40 Prozent der US-Nebenwerte sogar keinen Gewinn.

Gegenwind durch Folgen der Zollpolitik – Steuersenkungen könnten Rückenwind bringen

Gegenwind würden die Nebenwerte derzeit vor allem von der protektionistischen Zollpolitik der US-Regierung bekommen, da sie eine stagflationäre Wirkung habe. „Kleinere Unternehmen werden sowohl durch die negative Wirkung für das Wirtschaftswachstum als auch durch die Aussicht auf höhere Inflation und damit strukturell höhere Finanzierungskosten belastet“, stellt Kapitalmarktexperte Galler fest. Denn im Vergleich zu großen Unternehmen seien Nebenwerte in ihrer Ertragslage meist sehr viel sensibler gegenüber der konjunkturellen Entwicklung. Zum anderen wirkten sich höhere Zinsen für dieses Segment deutlich negativer aus als bei Large Caps, da der Anteil an variabel verzinslichen Schuldtiteln gerade bei Small-Cap-Unternehmen sehr hoch ist. „Die US-Notenbank Fed dürfte den Leitzins ohne unmittelbare Rezessionsgefahr nicht so umfangreich senken, weshalb die Kostenbelastung für den Schuldendienst erhöht bleibt“, führt Galler aus. 

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Einen „Silberstreif am Horizont“ sieht Galler jedoch: „Sollte sich der wirtschaftspolitische Schwerpunkt der US-Politik in näherer Zukunft von der Handelspolitik auf Steuersenkungen verlagern, kann aus dem Gegenwind sehr schnell Rückenwind werden. Aufgrund des höheren effektiven Steuersatzes im Vergleich zu den Standardwerten sollten US-Nebenwerte stärker von der geplanten Unternehmenssteuersenkung profitieren. Dies dürfte auch das weltweite Segment der Small Caps begünstigen“, fasst Galler zusammen.