Ein Streitgespräch: Zertifikate versus ETFs
Interview mit Ralph Stemper im ideas Kundenmagazin der Commerzbank. Das Haus bietet neben Zertifikaten mit der Marke ComStage auch ETFs an.
Herr Stemper, Sie vertreten sowohl die Derivateplattform als auch das ETF-Geschäft der Commerzbank. Sitzen Sie damit nicht ein bisschen zwischen den Stühlen?
Keineswegs. Beide Vehikel ermöglichen ein passives Investment in verschiedene Assetklassen, sind kostengünstig, transparent und entsprechen so dem Geist der Zeit.
Kannibalisieren sich die beiden Anlageklassen nicht? Das Auszahlungsprofil ist doch oft sehr ähnlich, wenn nicht sogar identisch.
Das Auszahlungsprofil eines Indexzertifikats auf den DAX 30 ist dem eines DAX-30-ETF natürlich identisch. Mit beiden profitiert der Anleger von einer Aufwärtsbewegung des DAX 30, wobei beide Instrumente die Entwicklung des DAX 30 möglichst genau nachvollziehen. Eine gewisse Kannibalisierung lässt sich nicht ganz ausschließen. Trotzdem denken wir, dass die Summe der Anleger, die wir mit beiden Anlageformen erreichen, wesentlich größer ist, als wenn wir nur eines anbieten würden. Sie müssen sehen, dass ETF-Anleger bisher in aktiv gemanagten Fonds investierten und von der Leistung ihres Fondsmanagers enttäuscht wurden. Sie möchten jetzt vor allem eine günstige und transparente Anlage haben, auch wenn keine Überrendite zum Markt in Aussicht gestellt wird. Für den klassischen Fondsanleger befindet sich das Indexzertifikat in einer anderen Anlagewelt. Auf der anderen Seite haben wir nur sehr selten beobachten können, dass der Inhaber eines Indexzertifikats in einen ETF wechselt.
Was ist nun besser, Zertifikat oder ETF? Welches würden Sie empfehlen zu kaufen?
Das ist die Gretchenfrage beim Thema ETF versus Zertifikate. Leider gibt es hierauf keine allgemeingültige Antwort. Vielmehr muss jeder Anleger für sich entscheiden, welche Anlageform die bessere für ihn persönlich ist. Die Unterschiede sind nicht sehr groß. Der ETF ist ein sehr günstiges Instrument. Die Pauschalgebühr beträgt beim ComStage ETF DAX lediglich 0,12 Prozent. Das Indexzertifikat auf den DAX 30 von der Commerzbank ist aber noch günstiger. Die vergleichbaren Kosten betragen EUR 0,00, denn das Zertifikat wird spreadlos gehandelt. Zu beachten ist allerdings, dass der Anleger ein Emittentenrisiko beim Zertifikat trägt. Wird der Emittent insolvent, wird er aus der Konkursmasse bedient. Beim ETF ist das investierte Geld geschützt. Es entspricht einem Sondervermögen, wie man es auch von klassischen Investmentfonds kennt, und wäre im Fall der Fälle von der Konkursmasse getrennt. Das sind aber dann auch schon die Unterschiede. Und genau diese beiden Feinheiten muss der Anleger bei seiner Entscheidung für A oder B beachten.
Konkret, welche Alternative wählen Sie als Privatmann? A oder B?
Als Privatmann bevorzuge ich das Indexzertifikat, wenn ich von der Bonität des jeweiligen Emittenten überzeugt bin. ETFs wurden in den Medien als besonders transparent dargestellt. Bei Zertifikaten werden oftmals exotischere Konstruktionen kritisiert. Und auch bei ETFs werden die Stimmen immer lauter, dass es bei der einen oder anderen Innovation mit der Transparenz auch nicht weit her ist. Leider machen sich nur wenige Redakteure die Mühe, richtig zu recherchieren. Über 97 Prozent der am deutschen Markt gelisteten Zertifikate gehören den großen Kategorien wie Discount-, Bonus- oder Indexzertifikate an. Diverse Portale ermöglichen einen blitzschnellen Vergleich, wodurch ein Maximum an Transparenz gegeben ist. Sicherlich gibt es auch Zertifikate, deren Struktur nicht auf den ersten Blick verständlich ist, dies sind aber in der Regel auch maßgeschneiderte Lösungen, die von bestimmten Intermediären für ihre Kunden bestellt werden und einen erhöhten Beratungsaufwand voraussetzen. Dies gilt aber keineswegs für alle Zertifikate.
Und was sagen Sie zur gleichen Kritik bei den neueren ETFs?
Das ETF-Segment ist in Deutschland noch recht neu. Nach und nach entstehen auch Indexfonds, die sich auf exotischere Indizes oder Indizes, die bestimmten Strate gien folgen, beziehen. Diese entstehen entweder, weil der Anbieter sie für aussichtsreich hält, oder auf Kundennachfrage. Entgegen der Meinung vieler Medien, dass der deutsche Privatanleger völlig unbedarft sei, gibt es sehr viele aufgeklärte Privatinvestoren, die mehr haben wollen als einen ETF auf einen Index der deutschen Standardwerte. Auf Messen und auch in Seminarreihen werde ich immer wieder gefragt, warum bestimmte Strukturen, die im Derivatebereich gang und gäbe sind, nicht endlich auch als ETF verfügbar sind. Wenn ein Anleger ein Wertpapier nicht versteht – es ihm zu kompliziert erscheint – sollte er es nicht kaufen. Das gilt für ETFs genauso wie für Zertifikate und alle anderen Anlagevehikel auch. Vielfalt ist nicht negativ. Es beschwert sich ja auch niemand, wenn der Supermarkt zehn Sorten Senf anbietet, ganz im Gegenteil, man geht vielleicht sogar lieber in das Geschäft, das mehr Auswahl offeriert.
ETFs ziehen derzeit mehr Mittel an, die bislang in aktiv gemanagten Fonds angelegt waren. Werden ETFs auch den Zertifikaten den Rang ablaufen?
Betrachtet man das verwaltete Vermögen in ETFs und Zertifikaten in Deutschland, liegen Zertifikate mit rund 100 Milliarden Euro leicht vorn. Ich denke, dass ETFs zukünftig höhere Assest under Management aufweisen werden können als Zertifikate, was vor allem am hohen Anteil des institutionellen Geschäfts liegt. Die Zuwächse bei den ETFs werden in meinen Augen aber nicht zulasten der Zertifikate gehen, sondern wie bisher zulasten der klassischen Investmentfonds. Eines ist völlig klar: Sowohl Zertifikate als auch ETFs werden in den nächsten Jahren weiter wachsen.
Dieses Interview stammt aus dem ideas Kundenmagazin der Commerzbank. Unter der Marke ComStage werden ETFs angeboten.
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