Jahresendrallye: Sehen wir den riskanten Gipfelsturm des Dax?
Die deutsche Wirtschaftsleistung stagniert, die Bundesregierung kämpft mit einer Haushaltskrise – und der Dax seht so hoch wie nie. Wie passt das zusammen?
Statistik-Freunde haben herausgefunden, dass der Dax besonders affin für die Jahresendrallye ist. „Zum Jahresende hin werden letzte Positionen aufgeräumt oder man möchte unbedingt Aktie X oder Y noch im Jahresabschluss haben, da diese bisher sehr erfolgreich gelaufen sind“, sagt Jens Chrzanowski, Chef von XTB Deutschland. Der jüngste Gipfelsturm des Dax wird noch von der Hoffnung auf eine Lockerung der Geldpolitik im Zuge sinkender Inflationsraten verstärkt. Dennoch mahnt Carsten Gerlinger, Managing Director und Head of Asset Management bei Moventum AM, zur Vorsicht: „Die Fallhöhe wird immer größer.“ Es baue sich ein ordentliches Enttäuschungspotenzial auf.
Der Dax ist im Jahresendrallye-Modus
Die Jahresendrallye läuft an der deutschen Börse. Allein im November kletterte der Dax um über neun Prozent nach oben, Anfang Dezember erklomm er Rekordniveaus. „Ursache ist weniger die Aussicht auf eine glänzende Konjunktur, sondern die Hoffnung auf sinkende Leitzinsen“, so Gerlinger. Genährt wird diese Hoffnung durch die überraschend schnell fallende Inflationsrate. Noch vor einem Jahr betrug die Teuerung in der Eurozone zehn Prozent. Nun ist sie auf 2,4 Prozent gefallen und damit in die Nähe des Zielwertes der Europäischen Zentralbank (EZB) gerückt. In Deutschland rutschte die Inflationsrate nach erster Schätzung auf 3,2 Prozent, das war der niedrigste Wert seit Juni 2021.
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Der Zinsgipfel ist erreicht
Die Diskussionen um das Erreichen des Zinsgipfels werden intensiver. Nach der US-Zentralbank hat nun auch die EZB signalisiert, dass der Zinsgipfel wohl erreicht sei. Für die Märkte ist das Grund genug, bereits auf Zinssenkung zu setzen, was den Dax nach oben treibt. „In den Kursen steckt viel Hoffnung“, mahnt Gerlinger, „und damit viel Potenzial für Enttäuschung.“ Und zwar auf drei Ebenen: Erstens sind angesichts hoher Lohnabschlüsse Enttäuschungen an der Inflationsfront durchaus möglich, auch die Entwicklung bei den Energie- und Rohstoffpreisen kann sich jederzeit schnell wieder drehen. Ein zweiter Enttäuschungsfaktor lauert bei den Zinsen. „Denn aktuell ist eine sehr positive Entwicklung eingepreist”, so Gerlinger. Die Erwartungen könnten eigentlich nur dann übertroffen werden, wenn es zu einem starken wirtschaftlichen Einbruch kommt. „Dann aber hat die Aktienseite ein Problem.“
Tipp: Zum Thema Zinsgipfel haben wir mit Carsten Mumm, Chefvolkswirt von Donner und Reuschel, gesprochen. |
Schwache Konjunktur
Drittens dürfe nicht vergessen werden, dass eine Ursache der niedrigen Inflation nicht gerade erfreulich ist: eine schwache Konjunktur, die angesichts der angespannten Haushaltslage in Europa und den USA kaum auf fiskalische Impulse hoffen kann. Enttäuschungspotenzial gibt es daher auch bei den Unternehmensgewinnen. „Die Gewinnschätzungen sind derzeit hoch und bergen bei schwächerer konjunktureller Entwicklung entsprechende Risiken”, so Gerlinger.
Wahlen im Jahr 2024
Dazu kommen höhere Bewertungsrisiken nach dem Kursanstieg sowie die gespannte geopolitische Lage. „Wir stehen vor einem Superwahljahr, insbesondere der Ausgang der Wahlen in den USA und in Taiwan ist von großer Bedeutung.” Dennoch dürfe man die Chancen nicht außer Acht lassen, sagt Gerlinger und erinnert an das Coronajahr 2020: Damals hatte die Rezession gerade erst begonnen, da sorgten Hoffnungen auf den kommenden Aufschwung bereits im März für eine Kursrallye an den Märkten. „Die Konjunkturzyklen werden volatiler“, erklärt Gerlinger, „und entsprechend auch die Märkte.“
Mit breiter Streuung ins neue Jahr
Mit Prognosen und Einschätzungen ist dann immer so eine Sache – sie können zutreffen oder auch nicht. Was auf jeden Fall ratsam ist, ist eine breite Streuung. „Nach einem der schlechtesten Jahre aller Zeiten hatte ein 60:40-Portfolio – 60 Prozent Aktien, 40 Prozent Renten – im Jahr 2023 ein gewisses Comeback“, stellt Gregor MA Hirt, Global CIO Multi Asset bei Allianz Global Investors, fest. „Angesichts des potenziell schwierigen Ausblicks für Risikoanlagen (und vor allem Aktien) könnten Anleger künftig jedoch eine andere Vermögensaufteilung (zum Beispiel 70:30) und alternative Anlageklassen wie Rohstoffe und bestimmte Private-Market-Anlagen in Betracht ziehen“, rät der Experte mit Blick auf das Jahr 2024.
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