Inflation und inflationsgeschützte Anleihe-ETFs unter der Lupe
In den vergangenen Monaten erwies sich die Inflation vor allem in Europa als ausgesprochen hartnäckig. So können sich Anleger darauf einstellen.
Vom von der EZB kommunizierten Wunschwert in Höhe von zwei Prozent p.a. sind wir in der Eurozone noch ziemlich weit entfernt. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) am 14. September zum zehnten Mal in Folge ein Anheben der Leitzinsen verkündet hat, erreichte sie in den vergangenen zwölf Monaten lediglich einen Rückgang der Teuerungsrate von 9,9 auf 5,2 Prozent p.a. (August). In Deutschland fiel der Rückgang von 8,6 auf 6,1 Prozent p.a. noch „magerer“ aus. EZB-Chefin Christine Lagarde prognostizierte für die kommenden beiden Jahre jährliche Inflationsraten von 3,2 Prozent (2024) bzw. 2,1 Prozent (2025). Damit wäre dann die „Mission Preiswertstabilität“ erfüllt. Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank Fed, äußerte sich nach der jüngsten Sitzung (20. September) ebenfalls zur Inflation. Er rechnet mit einem anhaltenden Kampf gegen die Inflation, der sich bis ins Jahr 2026 hinziehen könnte.
Inflation dürfte hoch bleiben
Grundsätzlich sollte man aber stets im Hinterkopf behalten, dass sich so manche Prognose von EZB oder Fed in der Vergangenheit nicht bewahrheitet hat. So hat sich zum Beispiel in den USA aufgrund des deutlich gestiegenen Ölpreises die Inflation bereits wieder von 3,0 Prozent (Juni) auf 3,7 Prozent p.a. (August) beschleunigt. Weil Europa von Energieimporten wie Öl und Gas – insbesondere aus autokratisch regierten Ländern – stark abhängig ist und den negativen Auswirkungen des russischen Angriffs auf Ukraine besonders stark ausgesetzt ist, fallen die Perspektiven hinsichtlich der künftigen Inflation derzeit trotz rückläufiger Produzentenpreise nicht sonderlich gut aus.
Potenzielle Risiken gibt es zuhauf, schließlich könnten Dürren oder Überschwemmungen im Zuge des fortschreitenden Klimawandels zu Ernteeinbußen führen und dadurch die Preise für Lebensmittel (und somit auch die Inflation) weiter nach oben treiben. Sollten zudem stark steigende Löhne und Gehälter eine Lohn/Preis-Spirale verursachen, könnte dies ebenfalls zu einer anhaltend hohen Teuerung führen. Last, but not least bergen auch der Krieg in der Ukraine und Chinas konfrontatives Gebaren gegen das demokratische Taiwan und andere Staaten Risiken und könnten beim Ausfall der globalen Lieferketten einen weiteren Inflationsschub auslösen.
Machen inflationsgeschützte Anleihe-ETFs Sinn?
Vereinfacht ausgedrückt kann man behaupten, dass die Käufer von indexgeschützten Anleihe-ETFs mit deren Wertentwicklung zumindest den inflationsbedingten Kaufkraftverlust ausgleichen möchten. Dies soll über den Kauf sogenannter inflationsgeschützter Anleihen bzw. über die Abbildung geeigneter Indizes erfolgen. Europäische Anleger, die in den vergangenen Jahren über den Kauf solcher ETFs ihr Geldvermögen schützen wollten, können mit deren Ergebnis allerdings nicht zufrieden sein.
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Wichtig in diesem Zusammenhang: Das Inflationsproblem trat erstmals 2021 (EU: 2,9 Prozent p.a.) auf und hat sich im Folgejahr (EU: 9,2 Prozent p.a.) sogar deutlich verstärkt. Von den insgesamt 44 Anleihe-ETFs mit dem Label „inflationsgeschützt“ haben sich im vergangenen Jahr lediglich zwei Exemplare um mehr als 9,2 Prozent verteuert, wobei einem Dollaranleihen zugrunde lagen und somit einem Währungsrisiko ausgesetzt waren. Dem folgenden Papier gelang 2022 mit Euro-Anleihen die Inflation zu übertreffen: Dabei handelte es sich um den Lyxor EUR 2-10Y Inflation Expectations UCITS ETF (WKN: LYX0U6), dem eine Jahresperformance von 10,7 Prozent gelang.
Ein völlig anderes Bild ergibt sich mit Blick auf die Performance des Jahres 2021. Hier haben nämlich insgesamt 41 ETFs Wertsteigerungen zwischen 3,9 und 23,9 Prozent p.a. (!!!) erzielt, wobei die höchsten Gewinne mit Anleihen außerhalb des Euroraums erzielt wurden. Der oben erwähnte „Highflyer aus dem Hause Lyxor“ kam auf eine Performance von immerhin 7,3 Prozent.
Fazit: Alles in allem kann man die allgemeine Entwicklung inflationsgeschützter Anleihe-ETFs als enttäuschend einordnen. Im vergangenen Jahr, als die Inflation für Europas Investoren besonders kräftig ausgefallen war, erlitten insgesamt 40 „inflationsgeschützte“ Papiere nämlich Verluste zwischen 1,4 und 37,4 Prozent.