Deutsche Wirtschaft: Schlechte Daten, Dax auf Allzeithoch
Schwache Daten für die deutsche Wirtschaft und dennoch bewegt sich der Dax gegenwärtig auf einem Allzeithoch. Wie geht das zusammen?
Die deutsche Wirtschaft zeigt derzeit zwei Gesichter: Auf der einen Seite stehen viele Indikatoren auf Rezession, schlechte Nachrichten sind eher die Regel als die Ausnahme, Unternehmen verfehlen Ziele und entlassen Mitarbeiter. Und auf der anderen Seite eilt der Dax von Rekord zu Rekord. „Das lässt sich zum einen mit der starken internationalen Ausrichtung der im Dax vertretenen großen deutschen Firmen erklären“, sagt Mathias Beil Leiter Private Banking der Hamburger Sutor Bank. „Entscheidender aber ist, dass die Börsen auf Hilfe der Notenbanken setzen – und die Unternehmen sich nicht auf diese Hilfestellung verlassen wollen.
Schlechte Wirtschaftsdaten und neue Börsenrekorde beim Dax
So war die Börsenwoche bestimmt von schlechten Wirtschaftsdaten in Deutschland und neuen Rekorden im Dax. Deutschland droht auch aufgrund der zurückgeschraubten Konjunkturerwartungen nun endgültig in eine Rezession zu fallen. „Die inverse Zinsstruktur warnt ja schon lange davor“, sagt Beil. Auch der Einkaufsmanagerindex in Deutschland ist überraschend um 0,9 auf 46,1 Punkte gefallen. „Das bedeutet, dass die Unternehmen die Wirtschaft eher schwächer einschätzen.“
Folgerichtig reagieren die Unternehmen und kündigen strategische Kurskorrekturen an. Mercedes-Benz nimmt die selbst gesetzten Elektroziele zurück, BASF baut in Deutschland zahlreiche Stellen ab und Bayer schrumpft die Dividende auf ein Minimum und bietet Mitarbeitern großzügige Abfindungen an, wenn sie das Unternehmen verlassen. MTU Aero Engines bereitet die Aktionäre auf magere Jahre vor und senkt die Dividende, da langwierige Inspektionen an schadhaften Triebwerken Zeit und Geld kosten. „Die Unternehmen handeln so, wie vorsichtige Kaufleute es angesichts der unsicheren Daten tun: zurückhaltend“, sagt Mathias Beil. „Dazu kommen noch die recht hohen Lohnabschlüsse, die ebenfalls für Druck sorgen.“ Dies sei eine Gemengelage, die eher schwächere Börsenkurse erwarten lassen würde.
Die Börse aber sieht das alles anders, der Dax erklimmt neue Hochs – und ist damit in guter Gesellschaft. Der japanische Nikkei-Index erreicht ein neues Allzeithoch und überwindet die alten Hochs, die vor 30 Jahren erreicht wurden. Die US-Börsen laufen auch weiter auf Hochtouren.
Tipp: Übertreibe es nicht mit dem deutschen Anteil im Depot. Denn das zählt zu den typischen Anlegerfehlern.
Ein Garant dafür ist der Hype um die Künstliche Intelligenz. Nvidia hat mit den Geschäftszahlen die Märkte elektrisiert. Die Aktie legte am Mittwoch nachbörslich zweistellig zu und hat das auch am Donnerstag an den Märkten bestätigt. Damit hat einer der sogenannten „glorreichen Sieben“ in diesem Jahr bereits 56 Prozent zugelegt. Ist damit die Richtung klar? „Das wohl eher nicht“, erklärt Beil. „Ein Lieblingskind aus dem Bereich Cybersecurity, die Firma Palo Alto Networks, hat die hohen Erwartungen nicht erfüllt und hat in kurzer Zeit rund 30 Prozent verloren.“
Trotzdem bleiben die Börsen optimistisch und vertrauen auf die Kraft der Notenbanken. „Es wird in den nächsten Wochen darauf ankommen, wie schnell die Zinshoffnungen durch die Notenbanken erfüllt werden“, sagt Beil. „Bleibt diese Erwartung unerfüllt, werden wir Korrekturen an den Börsen sehen.“ Diese können durchaus kräftig ausfallen, sind dann aber die Basis für ein positives Börsenjahr 2024. Denn dann schauen Börsen und Unternehmen wieder in dieselbe Richtung.
Es geht wesentlich breiter
Wenn du an deutsche Aktien denkst, kommt dir mit Sicherheit gleich der Dax in den Sinn. Der Auswahlindex bündelt die 40 größten Unternehmen des Landes. Doch 40 Titel aus einem Land garantieren keine besonders weitreichende Streuung. Wenn du eine Deutschland-Position aufbauen möchtest, kannst du dir den Vanguard Germany All Cap UCITS ETF (WKN: A2JF6S) näher ansehen. Darin sind fast 160 deutsche Unternehmen enthalten.
Autor Thomas Brummer
Thomas Brummer war bereits für das Anlegermagazin "Der Aktionär" und das Verbraucherportal biallo.de tätig. Zudem hospitierte er in der Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Post in Düsseldorf. Seit 2018 ist er Mitglied der Redaktion und seit 2020 als stellvertretender Chefredakteur für das Anlegerportal extraETF.com und das Extra-Magazin verantwortlich.
Der S&P 500 steht inklusive Dividenden bei fast 10.000 Punkten und hängt damit den Dax deutlich ab. Privatanleger sollten einen Teil in den USA investieren.