Warum der Dax dieses Jahr noch die 26.000 knacken könnte
Das erste Börsen-Halbjahr 2025 erinnert mit seinem turbulenten Verlauf an die erste Hälfte des ersten Corona-Jahres 2020. Was bedeutet das für den Dax?
Im bisherigen Jahresverlauf hast du bereits so ziemlich alles erlebt, was die Börse zu bieten hat. Euphorie, Optimismus, Depression, Unsicherheit. Signifikant war der Crash Angang April. „Das war ein kurzer, heftiger Ausverkauf – auf den aber wieder eine ebenso kurze und deutliche Erholung folgte“, sagt Jens Klatt, Marktanalyst beim Online-Broker XTB.
Auslöser der Korrektur und des anschließenden Einbruchs war der von US-Präsident Donald Trump schon zuvor angekündigte Liberation Day, der 2. April, an dem er nahezu den sämtlichen Rest der Welt mit hohen Zöllen für in die Staaten importierte Waren belegte. „Mit Relativierungen, Pausen und Ausnahmen beruhigte Trump die Märkte allerdings von der ersten Panik, so dass die Kurse im Anschluss wieder auf ein Niveau stiegen, das jenes vom Anfang des Jahres mittlerweile wieder übertroffen hat – das betrifft sowohl die US-Indizes als auch den Dax“, so Klatt.
Dax und Co.: Börsen-Unterschiede und -Parallelen zu 2020
„In der ersten Hälfte 2020 hatten wir – zumindest an den Kursen – Vergleichbares gesehen: Die Angst vor einer Covid-bedingten Weltwirtschaftskrise drückte die Aktienkurse im Frühjahr 2020 kurzzeitig im historischen Crash-Modus nach unten – bevor eben diese Notierungen sich nahezu genauso schnell wieder erholten, um von dort in Richtung weiterer Höhen zu steigen“, meint Klatt.
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Nun hinke der Vergleich zwischen der Situation heute und vor fünf Jahren gewaltig. Damals seien kriegerische Konflikte in Ukraine und Gaza – zumindest für den Außenstehenden und vor allem im Vergleich mit dem aktuellen Ausmaß – noch nicht einmal in Sicht gewesen. Geopolitischen Spannungen waren damit kein wesentliches Thema unter Börsenteilnehmern.
Klatt sieht jedoch Parallelen in der Bedrohung der Weltwirtschaft. „Mit dem Unterschied, dass es 2020 eine weltweite Pandemie war, die drohte, die gesamte globale Konjunktur lahmzulegen – und diesmal sind es die Trumpschen Zollkapriolen, die für ähnliche Gedankenspiele sorgen.“ Von daher sei es vielleicht nicht unbedingt ein zuverlässiger Indikator, aber zumindest bemerkenswert, dass die Aktienmärkte im zweiten Halbjahr 2020 zumindest so stabil blieben, dass sie mit einem leichten bis mittleren Plus aus dem Gesamtjahr gingen: „Im Dax waren es 3,5 Prozent, der breite US-Index S&P 500 konnte das Jahr 2020 sogar mit einem Zuwachs von 16 Prozent beenden.“
Der Faktor Trump und die Märkte
Der XTB-Fachmann sieht eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Kapitalmärkte in der zweiten Hälfte dieses Jahres erneut die Aktivitäten von Donald Trump. Dabei stelle sich die Frage, ob seine Entscheidungen wirklich so erratisch sind, wie sie von vielen Beobachtern dargestellt werden, oder ob hinter seinem mitunter nicht stringent anmutenden Kurs nicht doch kalkulierte Überlegungen stecken.
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„Fakt ist, dass Trumps bisherige Politik dem Nimbus des US-Dollar als Leitwährung einen veritablen Schaden zugefügt hat – dass aber genau das offenbar sein Plan war bzw. ist. Auf diesem Weg verringert Trump sowohl das US-Handelsdefizit als auch den enorm hohen Schuldenberg seines Landes. Zudem dürfte Trump mit vielen seiner bisherigen Entscheidungen und Äußerungen auch im Blick gehabt haben, die Zinsen zu senken“, so Klatt. Da es ihm bislang nicht gelungen sei, Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed, von der Notwendigkeit niedrigerer Zinsen zu überzeugen, stelle sich die Frage, was er noch unternehmen werde. Das wird die Frage sein, die wie ein Damoklesschwert über dem zweiten Börsenhalbjahr schwebt.
Warum die Börsen gut laufen
Das Zinsniveau beeindruckt offenbar den Aktienmarkt kaum noch. So bewegen sich US-Aktien seit dem Liberation-Day-Schock kontinuierlich nach oben – hohe Zinsen hin oder her. „Europäische Aktien wiederum profitieren von der Stärke des Euro gegenüber dem Dollar, die die Inflation in Europa bremst und damit der EZB Spielraum für Zinssenkungen lässt“, erklärt Klatt.
Der Grund für die Resilienz des Marktes könnte aus Sicht des Expertens sein, dass die Marktteilnehmer das Unausweichliche bereits vorwegnehmen. So beließ die Fed, anders als die EZB, auf ihrer Zinssitzung im Juni den Leitzins in einer Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent und änderte auch nichts an ihrer Zinsprognose für das Gesamtjahr 2025, wonach die Mehrzahl der stimmberechtigten Fed-Mitglieder bis Dezember mit zwei Zinssenkungen von jeweils 25 Basispunkten rechnet.
Außer Frage stehe, dass die Fed und Powell mit dieser Haltung geradewegs auf Konfrontationskurs mit US-Präsident Donald Trump gehen würden, der eben einen geldpolitisch lockeren Kurs und zügige Zinssenkungen befürwortet, um die Finanzierungsbedingungen von Unternehmen zu verbessern, aber auch der sich abkühlenden US-Wirtschaft entgegenzuwirken.
Doch: Die Argumentationsgrundlage der Fed bröckelt nach Dafürhalten von Klatt, und die jüngste Re-Formulierung des Status Quo sei zunehmend unverständlich, speziell im konjunkturellen Kontext: „Die aktuellen Inflationszahlen aus den USA zeigen eine Abkühlung, im Handelskonflikt ganz besonders mit China zeichnet sich eine deutliche Entspannung ab, die US-Wirtschaft hingegen schwächelt, wie jüngste Zahlen vom Arbeitsmarkt unterstreichen.“
26.000 im Dax schon 2025?
Zinssenkungen scheinen in den USA geboten. Trump wirkt darauf hin. „Und vermutlich ist es genau dieser Umstand, der Aktien dies- und jenseits des Atlantiks aktuell bereits aufwärts treibt“, so Klatt. Vor diesem Hintergrund lasse er nicht nur die „25 in 25“ im Dax sehr wahrscheinlich werden – ein Wortspiel, das sich auf ein Niveau von 25.000 Punkten im Jahr 2025 bezieht –, vielmehr deute einiges darauf hin, dass das Motto im deutschen Leitindex sogar „26 in 25“ lauten könnte. Also 26.000 Zähler bis Ende 2025.