Michael Bußhaus (Justtrade): "Anleger können für null Euro handeln"
Kennst du die „jungen Wilden“ Anbieter im Broker-Sektor? So kannst du bei Justtrade kostenfrei ETFs handeln. Wir haben mit Chef Michael Bußhaus gesprochen.
Können Sie uns bitte kurz erklären, was Neobroker sind und welche Vorteile diese bieten?
Neobroker sind Online-Broker der neueren Generation, die ab 2019 gegründet wurden. Sie zeichnet die Fokussierung auf eine starke Mobile-Applikation aus, aber auch eine Konzentration des Angebots. So sind Neobroker sicherlich, was die Handelsgrenze und das Wertpapier-Universum betreffen, limitierter als die klassischen Online-Broker. Wenn man sich allerdings das Verhalten der Kunden anschaut, merkt man schnell, dass das auch reicht. Wir haben festgestellt, dass die Kunden im Schnitt an drei Handelsplätzen handeln – warum sollte man als Broker also 13 Börsen anbieten müssen? Auch haben sich die Neobroker überlegt, welche Services sie im Angebot haben müssen, um wettbewerbsfähig zu sein, und auf welche sie verzichten können. Diese Effizienz macht am Ende Neobroker aus. Die Vorteile sind klar: Durch Reduzierung der Komplexität sind in jedem Fall die Gebührenstrukturen völlig andere –bei Justtrade können Anleger dadurch für null Euro Ordergebühren handeln.
Das erinnert mich an die Zeit, in der die Direktbanken aufgekommen sind. Müssen die sich nun Sorgen machen aufgrund der Neobroker?
Viele Kunden nutzen Neobroker als Zweitdepot. Sie wollen ihre Direktbank nicht komplett verlassen, weil sie dort eine breite Angebotspalette an anderen Bankprodukten, wie bspw. das Girokonto, nutzen. Insofern stehen Direktbanken und Neobroker nicht in direkter Konkurrenz, Neobroker sind vielmehr eine sinnvolle Ergänzung.
Also die wenigsten Kunden sind ausschließlich bei einem Neobroker?
Das trifft für große Teile der Kundschaft zu. Bei uns ist der Durchschnittskunde 42 Jahre alt und hat entweder bei uns sein Zweitdepot oder schichtet mehr und mehr zu uns um. Ohnehin neigen die Deutschen zu mehreren Depots. Das kommt noch aus der Zeit des Neuen Markts, als man Aktien zeichnen konnte. Eine Ausnahme sind die ganzen jungen Kunden, die erst über Neobroker den Weg zur Börse gefunden haben. Hier haben es Neobroker geschafft, echte Neukunden in den Markt zu holen: Knapp eine Million junge Anleger sind in den vergangenen Monaten neueingestiegen – das haben etablierte Online-Broker über Jahre nicht geschafft. Diese Kunden sind natürlich dann nur bei einem Neobroker.
Und was zeichnet gerade Justtrade aus?
Natürlich ist da zuallererst unser attraktives Preismodell zu nennen. Kunden zahlen keine Transaktionsgebühren, es fallen nur die marktüblichen Spreads des gewählten Handelsplatzes an, aber die zahlt der Kunde bei jedem Broker. Und was uns noch auszeichnet – da sind wir einzigartig unter den Neobrokern –, ist, dass wir eben nicht nur eine Börse anbieten, sondern gleich drei unterschiedliche. So kann jeder die für sich günstigste wählen. Wir haben darüber hinaus auch eine Anbindung an die Handelsplattform Stock3, ehemals Guidants, über die Kunden auch Orders erteilen können und zudem umfangreiche Analysemöglichkeiten erhalten und Analysten-Empfehlungen oder News zu den Wertpapieren bekommen.
Sicherlich auch entscheidend ist das ETF-Sparplan-Angebot. Wie sind Sie hier aufgestellt?
Wir haben das Angebot im Januar 2022 gestartet und sind sehr zufrieden damit. Wir glauben allerdings nicht daran, dass man jeden ETF als Sparplan braucht. So haben wir uns gemeinsam mit unseren ETF-Partnern gefragt, welche ETFs Anleger wirklich als Sparplan brauchen. Daraus ist unser Angebot dann entstanden. Derzeit bieten wir bereits mehr als 200 Sparpläne an, die alle wichtigen und beliebten Werte beinhalten. Davon sind ungefähr 50 Wikifolios. Das ist ein Produkt, das wir als einziger Neobroker anbieten. Wir gehen grundsätzlich gern auf Kundenanregungen ein und wollen unser Angebot weiter ausbauen – wir halten allerdings nichts davon, achtmal den MSCI World als ETF-Sparplan anzubieten.
Welche ETFs sind im Sparplan besonders beliebt bei den Kunden? Wahrscheinlich der MSCI World, oder?
Ja, genau, der MSCI World, aber auch die ESG-Variante des MSCI World. Der ESG-Ableger ist sogar beliebter als die normale Variante. Ein echter Klassiker ist auch der FTSE All World von Vanguard. Aber auch einzelne Themen-ETFs sind gefragt. Besonders überrascht mich jedoch, wie hoch heute schon der Anteil nachhaltiger ETFs ist.
Das ist in der Tat etwas erstaunlich.
Der MSCI-World-ESG-ETF ist in Sachen Rendite und Kostenstruktur nicht schlechter. Es gibt also keinen Grund, ihn nicht zu wählen – auch wenn die Bekanntheit des klassischen MSCI World natürlich (noch) größer ist.
Kann man bei Ihnen auch einzelne Aktien besparen?
Das bieten wir aktuell noch nicht an, ist aber ein Punkt, den wir auf der Agenda haben. Das Problem ist hier die Finanzierung, es gibt schließlich bei Aktien keinen Emittenten, der einem eine Rückvergütung für die Orders zahlt. Dann muss man schauen, wie man Aktiensparpläne profitabel anbieten kann. Wir haben aber jetzt schon, wie gesagt, Wikifolios, die wir sehr spannend finden, und auch 35 Krypto-ETPs, die man besparen kann.
Wikifolios ist ein gutes Stichwort. Können Sie die Idee erklären?
Wikifolios sind so eine Art Social-Trading-Zertifikat. Wikifolio ist eine Gemeinschaft, bei der jeder ein eigenes Musterdepot führen kann. Und wenn jemand dann auf Wikifolio genug Follower für sein Musterportfolio hat, dann legt Lang & Schwarz als Emittent ein entsprechendes Index-Zertifikat auf. So entsteht also ein Zertifikat auf genau dieses Musterportfolio. Der Trader, der das Musterportfolio betreut, kann kommentieren und Nutzerrückmeldungen einholen. Die Follower können also genau sehen, warum der Trader eine Position kauft oder verkauft. Wenn mir als Anleger gefällt, wie der Verantwortliche investiert, dann ist es nur folgerichtig zu sagen: Ich investiere eben in dieses eine Wikifolio-Zertifikat und muss mir die Einzelwerte nicht selbst überlegen und kaufen.
Tipp: Schau dir jetzt gleich unseren ETF-Broker-Vergleich an. Daneben kannst du auch gleich einen Blick auf den Krypto-Broker-Vergleich werfen. |
Sie haben auch schon das Krypto-Angebot angesprochen. Wie sieht es da bei Justtrade aus?
Wir waren der erste Neobroker, der überhaupt den Handel von Kryptowerten mit dem Handel von Wertpapieren aus einem Depot heraus vereint hat. Wir bieten aktuell 21 Kryptowerte an. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass nur maximal zehn davon wirklich relevant sind. Nichtsdestotrotz beobachten wir den Markt und das Angebot kontinuierlich, und werden auch weitere Kryptos dazunehmen. Dabei geht es aber weniger um die Anzahl als vielmehr darum, dass man die richtigen Kryptowerte anbietet. Am Ende rechne ich mit einem Angebot von 30 bis 50 Kryptowerten. Das Besondere bei uns ist, dass wir eben neben den nativen Kryptowerten auch Krypto-ETPs anbieten. Das hat für den Endkunden den Vorteil, dass er zwischen zwei Alternativen wählen kann, die ggf. steuerlich unterschiedlich behandelt werden: Die nativen Kryptowerte gelten als privates Veräußerungsgeschäft, ETPs fallen dagegen in der Regel unter die Abgeltungssteuer. Es gibt allerdings bereits ein paar Krypto ETPs, die steuerlich auch als privates Veräußerungsgeschäft gesehen werden, genau wie beispielsweise Xetra Gold. Der Kunde hat also auch hier die Wahl bei uns. Und es gibt sogar Produkte mit Staking Rewards, so dass im Prinzip keine oder deutlich geringere Produktkosten anfallen.
Bei den Staking Rewards will ich noch einmal nachbohren. Was ist das genau? Was sind die Vorteile für Anleger?
Es gibt zwei technische Philosophien: einmal Proof of Work und einmal Proof of Stake. Proof of Work ist die klassische Variante, auf die der Bitcoin beruht. Diese Methode ist sehr energieintensiv. Ethereum hat das Verfahren umgestellt von Proof of Work auf Proof of Stake. Über das sogenannte Staking kann ich meine Kryptowerte in die Chain geben, die werden dann geblockt und ich kriege Zinsen dafür, dass andere mit meinen Kryptowerten neue schaffen können. Derzeit können Anleger mit rund drei bis fünf Prozent Zinsen im Rahmen des Stakings rechnen. Die Emittenten von Krypto-ETPs können ähnlich wie die ETF-Anbieter mit der Wertpapierleihe mit dem Staking Zusatzerträge generiere und diese dann in Form niedriger Produktkosten an die Kunden weitergeben.
Bleiben wir gleich beim Thema Zinsen. Einige Direktbanken und Neoboker zahlen schon mehr als zwei Prozent auf Tagesgeld. Ist das auch bei Ihnen ein Thema?
Hohe Tagesgeldzinsen sind für uns kein Thema, das überlassen wir anderen. Unser Name Justtrade ist Programm: Wir sind der Broker für Trader, also für diejenigen Kunden, die handeln wollen, und nicht solche, die ihr Geld parken möchten. Wir wollen nicht in ein Wettbieten um Tagesgeldhopper eintreten, die ständig hin- und herwechseln. Nehmen wir an, der Durchschnittskunde hat vielleicht 5.000 Euro auf seinem Verrechnungskonto, dann sind das nicht ganz 8,50 Euro Zinsen im Monat – dieser Kunde würde mit unserem Angebot allein dank der Order-Kostenstruktur schon so viel günstiger fahren, so dass die Zinsen am Ende wirklich nicht ins Gewicht fallen. Zudem bieten wir für Kunden den Handel an drei Börsenplätze an, so dass hier durch die Wahl der günstigsten Börse nochmal gespart werden kann. Wer von unseren Kunden aber dennoch Wert auf Zinsen legt, kann bei uns zum Beispiel einen Geldmarkt-ETF kaufen, der ihm auch attraktive Erträge bietet und zudem nicht in der Anlagesumme oder als Neukundenangebot beschränkt ist.
Aber was ist dann die Strategie von Justtrade, um die großen Neobroker Trade Republic und Sclabale Capital ein bisschen anzugreifen oder in diese Regionen vorzustoßen?
Die Zielgruppen sind unterschiedlich. Wir sind eher ein Daytrader- und Zertifikate-Broker und haben für diese Kunden mit den drei Börsen und vier attraktiven Emittenten auch ein interessanteres Angebot. Wir gewinnen die Kunden nicht von Trade Republic und von Scalable Capital, sondern unsere Kunden sind, wie erwähnt im Schnitt 42 Jahre alt. Das liegt auch ein bisschen daran, dass wir ein Mindestordervolumen von 500 Euro haben. Das heißt, ganz junge Leute, die eben noch nicht so viel Geld zur Verfügung haben, können derzeit bei uns ja faktisch gar nicht handeln. Das wollen wir jedoch perspektivisch ändern, allerdings gegen eine geringe Gebühr. Jüngere Kunden und Anleger mit kleineren Volumina können dann bei uns die oben genannten Vorteile ebenso nutzen.
Also Sie sehen Justtrade eher in Konkurrenz zu den klassischen Brokern?
Ja, genau. Wir sehen uns eher in Konkurrenz zu den klassischen Online-Brokern, die eben eine anderen Gebührenstruktur aufweisen. Diese haben oft ein ähnliches Preismodell, eine prozentuelle Gebühr mit einem Mindestsockel und einer maximalen Gebühr. Da sind viele Kunden schnell zehn Euro oder mehr pro Order los. Manche dieser Kunden haben sich irgendwann gefragt, wieso sie zehn Euro für die gleiche Aktie bezahlen sollen, die sie bei Justtrade für null Euro bekommen und sind zu uns gewechselt.