4. Juli 2023
Exklusivinterview: Gary Buxton (Invesco) über den günstigsten FTSE All-World ETF

Exklusivinterview: Gary Buxton (Invesco) über den günstigsten FTSE All-World ETF

Invesco bringt den kostengünstigsten europäischen FTSE All-World ETF an den Start. Gary Buxton erklärt, warum es einen weiteren Welt-ETF braucht.

Am 4. Juli erhält die Anlegergemeinschaft den Invesco FTSE All-World ETF. Sind Sie schon aufgeregt und werden Sie vielleicht selbst einer der ersten Anleger sein?

Ja, auf jeden Fall. Mit dem eigenen Investment könnte es allerdings schwierig werden, da ich Compliance-Regeln befolgen muss. Was aber weitaus wichtiger ist, ist die Tatsache, dass Anlegerinnen und Anleger mit dem Invesco FTSE All-World ETF (WKN: A3D7QX) einen ETF bekommen, der klar beim nachhaltigen Vermögensaufbau hilft, ohne komplex zu sein. Deshalb lautet unser Motto für den Launch: Eine Welt, ein ETF. Zusätzlich möchten wir mit unserem Produkt helfen, das Finanzwissen speziell in Europa zu erweitern. Das ist immer noch nicht so groß, wie es sein sollte bzw. noch nicht so hoch wie beispielsweise in den USA.

Das wird ja sicherlich nicht die einzige Motivation gewesen sein, einen weiteren FTSE All-World ETF für das ohnehin schon große Angebot im Bereich der Welt-ETFs herauszubringen?

Wir möchten mit unserem ETF auch einen währungsgesicherten Zugang zu weltweiten Aktien ermöglichen. Anlegerinnen und Anleger in Europa sehen sich momentan starken Auswirkungen von Währungsschwankungen ausgesetzt. Hier wollen wir ansetzen, denn global diversifizierte und währungsgesicherte Anlagen sind der Erfolgsfaktor für einen erfolgreichen Vermögensaufbau.

Gary Buxton (Head of EMEA ETF bei Invesco Ltd.) begleitet den Launch des neuen Invesco FTSE All-World UCITS ETF.

Offensichtlich hat der Invesco FTSE All-World ETF bisher nur einen Konkurrenten: Vanguard. Wollen Sie Vanguard mit Ihrem Produkt und einer günstigeren Gesamtkostenquote (engl. Total Expense Ratio/TER) Marktanteile abnehmen?

Uns geht es nicht darum, Kundengelder von Wettbewerbern zu gewinnen. Es ist kein Verteilungskampf. Der europäische Privatkundenmarkt ist groß genug für viele Häuser und wächst schnell. Wir gehen davon aus, dass das in ETF angelegte Volumen in Europa von derzeit etwa 1,5 Billionen Euro sich binnen der kommenden fünf Jahre auf drei Billionen Euro verdoppeln wird. Dabei treiben Online-Broker und digitale Plattformen die Entwicklung dynamisch voran. Etwa ein Viertel der Anlegenden machen derzeit Personen aus, die das erste Mal einen ETF kaufen. Deutschland ist dafür das beste Beispiel. Spanien hingegen das komplette Gegenteil – hier treffen wir auf einen größtenteils noch unerschlossenen Markt.

Tipp: Hier findest du alle Informationen rund um Welt-ETFs als Basisanlage.

Wie kommt es, dass Sie Ihren FTSE All World ETF mit 0,15 Prozent TER so günstig anbieten können?

Hierfür spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die langfristige Rate sich auf diesem Niveau einpendeln wird. Hinzu kommt das Skalierungspotenzial. Das beste Beispiel ist ein ETF auf den S&P 500. Die Gesamtkostenquote liegt hier bei 0,05 Prozent. Vor zehn Jahren betrug sie noch 0,40 Prozent. Kundinnen und Kunden haben mittlerweile derart effiziente Zugänge zu Aktien und ETFs wie Großbanken und Versicherungen. Dieser Trend drückt sich schlussendlich auch im Pricing aus. Unsere Aufgabe ist es nun, unseren Kundinnen und Kunden diese Zusammenhänge begreifbar zu machen. Insbesondere, welchen Effekt niedrige Kosten für den langfristigen Erfolg einer Anlage haben können.

Die beiden Vanguard-Varianten umfassen ein Fondsvermögen von rund 15 Milliarden Euro. Mit welchem Fondsvolumen rechnen Sie kurz-/mittel-/langfristig?

Da wir mit unserem ETF eine sehr breite Basis an Anlegenden in vielen verschiedenen Regionen – wie beispielsweise in den dynamisch wachsenden Märkten in Europa und Asien – ansprechen, rechnen wir damit, dass wir die 1-Milliarde-Euro-Marke recht schnell erreichen werden. Hoffentlich bereits binnen eines Jahres.

Europa schlittert in die Rezession, und die USA werden wahrscheinlich im Herbst eine Rezession erleben. Zusätzlich könnte der ETF-Markt im Sommer etwas austrocknen. Wünschen Sie sich nicht ein besseres Umfeld für die Auflegung des ETF?

In der Tat ist das makroökonomische Umfeld herausfordernd. Wir sind dennoch optimistisch. Denn dieser Optimismus speist sich aus der Tatsache, dass die Zu- und Abflüsse im FTSE All World im ersten Halbjahr 2023 sehr stabil sind – insbesondere im Privatkundensegment. Anlegende sind bereit, weiter zu sparen und zu investieren. FTSE All World-Produkte sind relativ robust gegenüber den makroökonomischen Umfeldbedingungen. In der gesamten Zeit, in der ich Produkt-Launches begleite, versuchten mich immer wieder Menschen zu überzeugen, das Launchdate zu verschieben oder an einem bestimmten Zeitpunkt in den Markt zu gehen. Ich denke nicht, dass es einen Unterschied macht, wann wir ein Produkt einführen. Denn letztlich konzipieren wir unsere ETFs für einen langfristigen Zeitraum.

Harry Markowitz, der Pate der modernen Portfoliotheorie, ist kürzlich verstorben. Er hat bewiesen, wie wichtig Diversifizierung ist. Der FTSE All-World Index umfasst etwa 4.000 Unternehmen. Können wir bald einen Invesco-ETF erwarten, der noch mehr Unternehmen umfasst? Zum Beispiel auf den MSCI ACWI IMI mit etwa 9.000 Unternehmen?

Zunächst einmal sind wir sehr zufrieden mit der Produktpalette, die wir haben. Mit dem Invesco FTSE All-Word ETF haben wir sie um einen weiteren, wichtigen Baustein ergänzt. Dabei war es unser Ziel, Schwellenländer ebenfalls abzudecken. Wenn wir uns dann die Diversifikation anschauen, kommt es nicht zwangsläufig darauf an, mehr Länder hinzuzufügen. Weitere Anlageklassen wie bei Multi-Asset-Ansätzen können ebenfalls eine Rolle spielen. 

Was die Diversifizierung angeht, so sind sowohl der MSCI World als auch der FTSE All World stark in US-Aktien engagiert. Was raten Sie den Anlegern, wie sie damit umgehen sollen?

Die USA sind immer noch die größte Volkswirtschaft der Welt. Der offensichtliche Proxy zu den USA ist China. Wir werden sehen, wie sich diese Entwicklung in den kommenden zehn Jahren fortsetzen wird. Sicherlich wird die Zusammensetzung am 04. Juli 2033 eine andere sein als heute. Und das ist auch gut so, denn dafür sind Produkte wie ETFs auf den FTSE All-World gemacht: Sie spiegeln die Weltwirtschaft wider bzw. passen sich an sie an.

Dennoch ist das Klumpenrisiko hoch. Im Vergleich dazu: Der MSCI World hatte in den 80er Jahren eine Gewichtung von 40 Prozent in japanischen Aktien. Dann kam die Bankenkrise und die Gewinne waren dahin. Empfinden Sie den US-Anteil – ob nun im MSCI World oder im FTSE All-World – nicht als zu hoch?

Das müssen wir differenzierter betrachten. Die Situation rund um den hohen Anteil japanischer Aktien war eine völlig andere. Ich denke nicht, dass das Klumpenrisiko auf Länderebene kritisch ist. Es bezieht sich eher auf ein oder zwei Einzelunternehmen, die zu hoch gewichtet sind. Ich hatte eine ähnliche Diskussion mit einem meiner Kollegen. Er ist der Ansicht, dass Afrika einer großartigen Zukunft entgegengeht. Doch wenn man einen ETF auf Afrika als Kontinent herausbringen würde, hätte Südafrika und vielleicht noch Ägypten den größten Anteil am Index inne. Aber so sind mit Blick auf das Bruttoinlandsprodukt die Bedingungen. Und die bildet ein Index bzw. der ETF ab.

Welche weiteren Produkte können wir dieses Jahr von Invesco noch erwarten?

Ich darf noch nicht zu viel verraten, aber halten Sie Ausschau nach den Themen Rohstoffe, nachhaltige ETFs und erneuerbare Energien…