André Dragosch (Bitwise): "Ende 2025 kann der Bitcoin bei 172.000 US-Dollar stehen"
Ein markanter Börsenspruch lautet: „Kaufen, wenn die Kanonen“. Gilt das auch für den Bitcoin?
In der Vergangenheit hat Bitcoin infolge markanter geopolitische Risiko Ereignisse positiv performt. Jedoch zeigen unsere Daten auch, dass Bitcoin kurzfristig zunächst unterdurchschnittlich performt also in der kurzen Frist unter der erhöhten geopolitischen Unsicherheit leidet. Darauf folgt jedoch im Durchschnitt eine Phase mit überdurchschnittlich positiver Performance. Deshalb könnte man auch hier durchaus behaupten, dass Abverkäufe innerhalb geopolitischer Risikoereignisse eher als Kaufopportunität bei Bitcoin gesehen werden sollten.
Konnte der Bitcoin bisher zur Absicherung gegen geopolitische Krisen dienen?
Bislang zeigt sich generell immer noch eine positive Korrelation mit Risikoassets innerhalb von signifikanten geopolitischen Risikoereignissen. Das heißt, wenn beispielsweise Aktien abverkaufen, wird tendenziell auch Bitcoin innerhalb dieser Ereignisse abverkauft. Dementsprechend gab es bisher keine eindeutige Absicherung innerhalb eines breiteren Portfolios. Wir gehen jedoch aufgrund der steigenden Knappheit von Bitcoin relativ zu Gold davon aus, dass sich der Risikocharakter von Bitcoin weiterhin verändern und langfristig die Volatilität strukturell weiter zurückgehen wird. Somit wird Bitcoin langfristig zunehmend Gold ähnlicher werden und potenziell auch seine Korrelationseigenschaften innerhalb geopolitischer Risikoereignisse verbessern.
Können Sie in diesem Zusammenhang zunächst auf den Geopolitical Risk Index und die Methodik Ihrer Auswertung eingehen?
Die Auswertung basiert auf den Top 20 signifikantesten geopolitischen Ereignissen seit Mitte 2010 (seitdem wir zuverlässige Preis Zeitreihen für Bitcoin besitzen). Die Top 20 signifikantesten geopolitischen Risikoereignisse haben wir nach Maßgabe des Geopolitical Risk Index von Caldara and Iacoviello (2022) klassifiziert. Dabei haben wir uns angeschaut, wann dieser Index am stärksten ausgeschlagen ist und haben anhand dessen auf Tagesbasis unsere Performanceauswertung für Bitcoin analysiert.
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Weshalb konnte der Bitcoin als Absicherungsinstrument in Krisenzeiten fungieren?
In manchen Krisenzeiten konnte Bitcoin tatsächlich als Absicherungsinstrument fungieren. Ein gutes Beispiel dafür ist der Kollaps der Silicon-Valley Bank (SVB) im März 2023. Während Bitcoin und andere Kryptoassets signifikant positiv performten, wurden traditionelle Aktien, allen voran die von Regionalbanken in den USA, sehr deutlich abverkauft. Grund war in diesem Zusammenhang der Anstieg von systemischen Risiken im Bankensystem und steigende ökonomische Unsicherheit. Wir denken, dass Bitcoin gerade in solch einem Umfeld als Absicherung fungieren kann, weil es sich um ein knappes, zensur-resisstentes Asset handelt, welches auch kein Gegenpartei-Risiko besitzt. Bitcoins sind zudem unabhängig vom traditionellen Bankensystem, das ja sehr verwoben ist.
Wie ausgeprägt ist die Korrelation zwischen Krisen und Bitcoin-Kursentwicklung?
Generell weist Bitcoin’s Performance und der global Risikoappetit an den Märkten eine positive Korrelation auf. Sprich, wenn die Konjunktur gut läuft, die Wirtschaft expandiert und der Risikoappetit an den Märkten allgemein steigt, performt Bitcoin auch sehr positiv. Andererseits zeigt auch Bitcoin tendenziell in Phasen wirtschaftlichen Abschwungs und sinkendem Risikoappetit auch eher eine unterdurchschnittliche Performance. Das ist zumindest das allgemeine Muster. Wir beobachten jedoch auch bei Bitcoin sich stetig verändernde „Makro-Regime“ in denen sich Korrelation von Bitcoin zu traditionellen Assets wie Aktien komplett auflösen oder sogar umkehren. Das macht Bitcoin im Portfoliokontext auch so interessant, weil es eben nicht immer positiv mit der allg. Aktienperformance korreliert ist.
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Zuletzt beobachten wir auch, dass bspw. der Einfluss von globale Wachstumserwartungen rein quantitativ abgenommen hat, während der Einfluss der Geldpolitik und des US-Dollars deutlich zugenommen hat. Hier sehen wir also aktuell ein sich verändertes Makro-Regime für Bitcoin. In diesem Kontext gehen wir beispielsweise davon aus, dass eine potentielle US-Rezession höchstwahrscheinlich kein deutlich negativen Einfluss auf Bitcoin haben sollte – Im Gegenteil: Es könnte Bitcoin sogar beflügeln durch die weiter steigenden Zinssenkungserwartungen und einen schwachen US-Dollar.
Der Wert des Bitcoins speist sich auch aus der Knappheit, ähnlich wie bei Gold. Was ist knapper und woran bemisst sich dieser Vergleich?
Im Kontext Knappheit und Bitcoin wird oft auf die sogenannte „Stock-to-Flow-Ratio“ verwiesen, welches ein Maß für die Produktionsknappheit ist. Es ist ursprünglich ein Maß aus dem Rohstoffbereich bei dem das aktuelle Angebot (Stock) eines Rohstoffs ins Verhältnis zur jährlichen Produktion (Flow) gesetzt wird. Je höher dieses Verhältnis, umso höher ist tendenziell die Knappheit eines Rohstoffs.
Bei Bitcoin beträgt diese Stock-to-Flow Ratio aktuell ungefähr 124 Jahre, das heißt, es dauert circa 124 Jahre um den aktuellen Umlauf an Bitcoins mit der laufenden Produktion zu replizieren. Zum Vergleich: Bei Gold beträgt diese gerade mal 60 Jahre.
Zudem ist das absolute Angebot an Bitcoins durch den Algorithmus auf maximal 21 Millionen Bitcoins limitiert, anders als bei Gold wo das theoretische Limit im Universum zumindest bis heute nicht bekannt ist und Gold sogar rein physikalisch betrachtet auch künstlich hergestellt werden kann. Bitcoin’s Knappheit nach Maßgabe der Stock-to-Flow Ratio wird zudem mit jedem weiteren Halving weiterhin steigen, welches die Produktionsrate um weitere -50 Prozent reduzieren wird. Das nächste Halving ist im Jahre 2028 vorprogrammiert.
In den USA stehen die Präsidentschaftswahlen an. Kandidat Donald Trump zeigt sich als Krypto-freundlich. Könnte seine Wiederwahl den Bitcoin beflügeln?
Trump scheint zumindest aus Sicht der Performance-Sensitivität des Kryptomarktes der favorisierte Kandidat zu sein. Unsere Analysen zeigen, dass die Performance der Top 10 Kryptoassets darunter auch Ethereum positiv mit den Wettwahrscheinlichkeiten für Trump korreliert sind. Sprich eine höhere Gewinnwahrscheinlichkeit für Trump war bislang mit einer positiven Performance bei Kryptoassets assoziiert.
Das hat verschiedenste Gründe: Trump hat bereits bei der Bitcoin-Konferenz in den USA im Juli 2024 verkündet er würde Bitcoin als strategisches Reserveasset der USA etablieren, sofern er wiedergewählt werden würde. Darüber hinaus wolle er das Bitcoin-Mining im Inland fördern und in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit einen sogenannten „Bitcoin Advisory Council“ installieren, der die entsprechende pro-Krypto Regulierung formulieren soll. Daneben gab es noch weitere Ankündigungen, die vom Kryptomarkt sehr positiv aufgenommen worden sind.
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Von Harris kamen bislang weniger explizite Ankündigungen bezüglich Krypto-Regulierung jedoch auch überwiegend positiv. So hatte sie erst bei ihrer Rede beim Economic Club of Pittsburgh betont man wolle u.a. auch erreichen, dass die USA weiterhin in der Blockchain-Technologie Marktführer sein sollen. Darüber hinaus gibt es auch eine Initiative innerhalb der demokratischen Partei namens „Crypto4Harris“, die eine krypto-freundliche Regulierung propagiert. Alles in allem kann man sagen, dass beide Kandidaten, also sowohl Trump als auch Harris tendenziell „pro-krypto“ sind, allerdings Trump hier zumindest aus Sicht des Kryptomarktes als der favorisierte Kandidat erscheint.
Wo sehen Sie einen fairen Bitcoin-Kurs bis Ende 2025?
Aufgrund der zunehmenden Knappheit durch den oben erwähnten Halving-Effekt gehen wir davon aus, dass der „faire Wert“ von Bitcoin nächstes Jahr zwischen 100.000 und 200.000 US-Dollar liegen wird. Gegen Ende des Jahres 2025 erwarten wir beispielswiese nach Maßgabe dieses Halving-Modells einen „fairen Wert“ von ungefähr 172.000 US-Dollar pro Bitcoin.