Was ist, wenn die US-Notenbank die Zinsen nicht senkt?
Die Zinsen sind wieder im Rückzug. Doch im größten Finanzmarkt der Welt ist das nicht der Fall. Was, wenn die US-Notenbank die Zinsen 2024 nicht reduziert?
„Wenn die Zentralbanken die Zinsen in einem gesunden Umfeld für nominales Wachstum senken, wären dies einzigartige Rahmenbedingungen für Aktien“, sagt Evan Brown, Head of Multi-Asset Strategy bei UBS Asset Management. Einige Zentralbanken haben diesen Weg bereits eingeschlagen oder wie im Fall der Europäischen Zentralbank (EZB) angedeutet, dass sie ihn bald beschreiten werden. Allerdings gibt es eine große Ausnahme: die US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Hier stellen sich Anleger nicht die Frage, wann sie in diesem Jahr beginnt, die Zinsen zu senken, sondern ob sie sie 2024 überhaupt senken wird.
Darauf setzen Profis angesichts Unsicherheit um US-Notenbank
„Unsere weitere Übergewichtung von Aktien beinhaltet eine Präferenz für zyklische Werte, insbesondere in Japan und Europa. Trotz der aktuellen Diskussionen über Herausforderungen und erforderliche Restrukturierungsmaßnahmen bleibt Europa aufgrund seiner attraktiven Bewertungen und positiven Dynamik eine vielversprechende Option für Investoren, die ihr Portfolio diversifizieren möchten“, sagt Beate Meyer, Head of Wholesale Germany bei UBS-AM.
Anleiherenditen dürften sich bald stabilisieren
Im Gegenzug spiegelten die höheren Anleiherenditen verbesserte Erwartungen für die Wachstumsaussichten wider, wie die UBS-Experten meinen. In der jüngeren Vergangenheit hätte sich der Renditeanstieg jedoch beschleunigt, was zur Schwäche an den Aktienmärkten beigetragen habe. „Sollte sich die rasante Entwicklung bei den Anleihen fortsetzen, ist mit mehr Volatilität bei Risiko-Assets zu rechnen. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich der disinflationäre Prozess schon bald wieder durchsetzen wird und die Zinsen sich einigermaßen stabilisieren werden“, sagt Brown. Höhere Renditeniveaus sieht er nicht als Hindernis für künftige Aktienerträge. Vielmehr dürfte ein gesundes nominales Wirtschaftswachstum die Unternehmensgewinne auch in einem längerfristig höheren Zinsumfeld stützen.
„Selbst wenn die Fed die Zinsen nicht senkt, sollten sich Aktien- und Kreditmärkte unserer Ansicht nach gut halten“, meint Brown. Das gilt allerdings nur, solange keine Zinserhöhungen drohen. Dies scheint aber unwahrscheinlich: „Die Latte für eine weitere Straffung durch die Fed liegt sehr hoch“, sagt Brown zuversichtlich. Vielmehr könnte sich im Laufe des Jahres das nominale Wachstum etwas abschwächen und der Fed Raum für Zinssenkungen um 50 Basispunkte geben.
Interessante Staatsanleihen?
Das Risiko-Ertrags-Verhältnis bei Staatsanleihen habe sich verbessert. Die Bandbreite der möglichen Entwicklungen ist nach wie vor groß. Es gab in den vergangenen Monaten keine wesentlichen Anzeichen, dass sich Wachstum und Inflation in den USA abschwächen. Anziehende Einkaufsmanagerindizes und Rohstoffpreise liefern sogar Aufwärtsrisiken für Inflation und Anleiherenditen. Und fallende Renditen oder weniger Volatilität dürften mehr Aufwärtspotenzial für Aktien als für Bonds liefern.
Thomas Brummer war bereits für das Anlegermagazin "Der Aktionär" und das Verbraucherportal biallo.de tätig. Zudem hospitierte er in der Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Post in Düsseldorf. Seit 2018 ist er Mitglied der Redaktion und seit 2020 als stellvertretender Chefredakteur für das Anlegerportal extraETF.com und das Extra-Magazin verantwortlich.
2022 verloren Anleihen und Aktien gleichermaßen, nun sind Bonds gefragt. Warum das so ist und welche Rolle sie im Depot spielen, beantwortet Sara Devereux.
Was zeichnet aktive ETFs aus? Wie sieht es mit ESG-Strategien aus? Und was macht der Zinsmarkt? Antworten von Bruno Poulin, Geschäftsführer von Ossiam.