28. Mai 2022

Vier ETF-Ideen für risikoaffine Anleger

Wer bereits über einen festen Portfolio-Kern mit einem oder mehreren breit gestreuten Standard-ETF verfügt, kann darüber nachdenken, abseits dessen Chancen zu nutzen. Dies geht natürlich nur dann, wenn man auch dazu bereit ist, höhere Risiken einzugehen.

In diesem Beitrag zeigt dir extraETF-Chefredakteur Timo Baudzus vier ETPs, die sich zur Beimischung im Depot eignen könnten. Denn diese bieten durchaus attraktives Renditepotenzial. Mit dabei sind zwei offensive Aktien-ETFs und zwei weitere spannende ETPs. Die Hintergründe!

Bevor ich dir im Folgenden meine Portfolio-Idee schildere, muss ich an dieser Stelle einen Disclaimer setzen. Denn das folgende Portfolio kommt nur für dich infrage, wenn du bereits über ein klassisches ETF-Weltportfolio verfügst, mit dem sämtliche Standardindizes wie der MSCI World, FTSE All World und weitere sehr marktbreite Aktienindizes abgedeckt werden. Hinzu kommt: Die Summe von 20.000 Euro dient nur der konkreten Operationalisierung und ist nur beispielhaft zu verstehen. Denn: Die ETFs, die ich dir in der Folge präsentiere, müssen in einem vernünftigen Verhältnis zu Ihrem bisherigen Gesamtportfolio stehen. Wer sich für einen oder mehrere ETFs aus meiner individuellen Auswahl entscheidet, sollte diese mit einem maximalen Anteil von 20 Prozent in sein Depot aufnehmen. Und zwar nicht pro ETF, sondern insgesamt. Alles andere wäre aus meiner Sicht ein Übermaß an Risiko, das man definitiv nicht eingehen sollte.

Bevor ich nun ans Ende meines Disclaimers gelange, hier noch einmal der Hinweis, den ich bereits im Editorial gegeben habe. Weder die Depot-Ideen meiner Kollegen Thomas Brummer und Jens Jüttner noch dieses Portfolio stellen eine Anlageberatung und erst recht keine Kaufempfehlung dar. Es handelt sich lediglich um beispielhafte Ansätze. Unser Ziel besteht darin, dir zu verdeutlichen, wie unterschiedlich die Herangehensweisen bei der Geldanlage sein können.

Vier ETPs gleichgewichtet

In meiner Depotvariante finden sich lediglich vier ETPs wieder, die allesamt gleichgewichtet ins Portfolio aufgenommen werden, also mit einem Anteil von jeweils 25 Prozent. Ich wiederhole an dieser Stelle nochmal, dass der Anteil der vier ETFs in einem „realen“ ETF-Portfolio maximal 20 Prozent ausmachen sollte, so dass jeder der vorgestellten ETPs maximal 5 Prozent Gewicht in der Praxis erhalten würde.

Warum spreche ich von ETPs und nicht von ETFs? Weil zwei Produkte, die ich gleich erläutern werde, keine klassischen ETFs sind (also kein Sondervermögen). Es handelt sich um ETCs bzw. ETNs – und damit sind die Produkte rechtlich betrachtet ein Kredit, den du dem jeweiligen Produktanbieter zur Verfügung stellst. Das klingt schlimmer, als es in Wirklichkeit ist, denn auch wenn du Geld auf dein Sparbuch einzahlst, ist das Verhältnis, das du mit deiner Bank eingehen, genauso ausgestaltet. Im Fall einer Pleite der Bank könnte dein Geld theoretisch an die Gläubiger der Bank ausbezahlt werden (in der Praxis gilt das nur für Beträge, die über dem Betrag der Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Person liegen). Diese rechtliche Konstruktion gilt auch für die ETCs bzw. ETNs, nur dass es hier keine Einlagensicherung gibt. Dies sollte man zumindest schon mal gehört haben, bevor man in diese Produkte investiert. Nun zum Portfolio!

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Zwei offensive Aktien-ETFs

Während viele Anleger gebannt ihren Blick auf den emporschießenden Ölpreis richten, zeichnet sich jetzt bereits ab, dass der Bereich New Energy (Synonym: Clean Energy) mittel- bis langfristig noch größeres Wachstumpotenzial haben wird, als bis dato angenommen. Investments in alternative Energien werden in den kommenden Jahren zunehmen, auch getrieben von der aktuellen geopolitischen Situation. Einerseits aus Umweltaspekten, andererseits um Abhängigkeiten zu reduzieren von Öl- und Gas-exportierenden Staaten. Daher würde ich 5.000 Euro in den Lyxor New Energy UCITS ETF (WKN: LYX0CB) investieren.

Im Vergleich zu anderen ETFs, die in ähnlicher Weise in den Themenkomplex investieren, weist dieser ETF im Schnitt das geringste KGV auf mit knapp 19. Das bedeutet: Die in dem ETF enthaltenen 78 Werte sind vergleichsweise günstig. In anderen ETFs in diesem Themenspektrum liegt das KGV bei weit über 20. Die Top-10-Positionen machen insgesamt 38 Prozent des ETFs aus, was ebenfalls niedriger ist als bei den meisten Konkurrenzprodukten. Die Regionenaufteilung ist relativ ausgewogen, so dass aus meiner Sicht keine Klumpenrisiken in dem ETF zu erkennen sind. 0,6 Prozent pro Jahr veranschlagt Lyxor, mehr als eine Milliarde Euro sind bereits investiert. Naturgemäß weist ein solcher ETF das Risiko einer erhöhten Volatilität auf.

Der zweite Aktien-ETF ist ein reines Index-Investment – und zwar auf den Hang Seng Index. Dieser ist einer der wichtigsten Indizes in Asien und bildet die 50 wertvollsten Konzerne ab, die an der Börse Hongkong gelistet sind. Dazu gehören Großkonzerne wie Tencent, Alibaba, BYD, Xiaomi oder HSBC. Das bedeutet: Man muss sich hier über das politische Risiko im klaren sein. Die chinesische Regierung greift oftmals stark in die Wirtschaft ein. Im vergangenen Jahr hat die Kommunistische Partei die Muskeln spielen lassen und tiefgreifende Regulierungen angekündigt, zum Teil auch schon umgesetzt. Insbesondere der Tech-Konzern Alibaba wurde davon leidgeplagt und hast massiv an Wert eingebüßt.

Viele chinesische Aktien sind im Vergleich zu Tech-Werten aus den USA jedoch sehr günstig bewertet. Selbst nach dem Tech-Crash sind viele US-Titel aus der zweiten und dritten Reihe des Nasdaq noch extrem teuer, was sich anhand von Kennzahlen wie dem KGV, KUV oder KCV festmachen lässt. Das sieht im Hang Seng Index anders aus. Die bereits angesprochene Alibaba-Aktie ist aktuell dermaßen günstig bewertet, dass ein Kult-Investor wie Charlie Munger 20 Prozent seines Portfolios in diese investiert hat.

Ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt. Fakt ist aber, dass der Hang Seng Index durchaus Chancen birgt. Zudem hat die chinesische Notenbank die Leitzinsen gesenkt und hätte in weiteren volkswirtschaftlichen Schwächephasen noch weiteren Spielraum, um die Wirtschaft und die Börse mit Geldspritzen sowie Zinssenkungen zu unterstützen. Aus den skizzierten Gründen würde ich den Lyxor Hong Kong (HSI) ETF (WKN: LYX013) kaufen. Der ETF bildet den Index synthetisch ab und kostet 0,65 Prozent pro Jahr.

Zwei interessante ETPs

Ein Rohstoff, der bei der Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit eine große Rolle spielen wird, ist Kupfer. Das Industriemetall treibt erneuerbare Energiesysteme und grüne Technologien an und verbessert die Energieeffizienz. Die Vielfältigkeit der Anwendungen ist enorm. Egal ob Energieerzeugung, -übertragung oder -nutzung, Kupfer spielt in allen Prozessschritten eine entscheidende Rolle. So ist Kupfer ein zentraler Bestandteil von E-Autos. Ein E-Auto enthält im Schnitt 80 Kilogramm Kupfer, das ist vier bis fünf Mal so viel wie in einem Auto mit Verbrennungsmotor. Und je schneller Elektro-Autos die Verbrenner ablösen, desto stärker wächst die Nachfrage nach Kupfer.

Auch in Windturbinen ist der Anteil von Kupfer sehr hoch. In der Regel werden in den großen Turbinen etwa 4 Tonnen verbaut. Offshore-Windturbinen verwenden Kabel für die Stromübertragung, und diese Kabel können etwa 16 zusätzliche Tonnen pro Windturbine enthalten. Daher würde ich für 5.000 Euro den GPF Physical Copper ETC (WKN: A3GQ0Q) ordern.

Es handelt sich um eine börsengehandelte Schuldverschreibung, die durch physisch hinterlegtes Kupfer besichert ist. Der ETP-Anbieter GFP stellt unter anderem sicher, dass der Rohstoff aus verantwortungsvollen und nachhaltigen Quellen stammt.

Der zweite ETP setzt auf die digitale Währung Ethereum. Im Unterschied zu Bitcoin ist Ethereum keine reine Kryptowährung, sondern auch eine Plattform für sogenannte DApps (Decentralized Apps), die aus sogenannten Smart Contracts bestehen. Für Smart Contracts gibt es eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem E-Voting-Systeme, Identitätsmanagement und Crowdfunding.

Es gibt also eine Menge sehr konkreter Anwendungspotenziale in der Wirtschaft. Das macht Ethereum aus meiner Sicht langfristig interessant. Umsetzen würde ich dieses Investment mit dem VanEck Ethereum ETN (WKN: A3GPSP). Der Fonds verfügt bereits über ein Volumen von mehr als 80 Millionen Euro und kostet ein Prozent Gebühr pro Jahr. Der starke Kursrückgang von Ethereum in den vergangenen Monaten könnte eine interessante Einstiegsperspektive bieten.

Fazit

Die vier ETPs könnten allesamt oder auch einzeln jeweils eine spannende Ergänzung für ein bereits bestehendes klassisches ETF-Weltportfolio darstellen. Keinesfalls allerdings sollte man als Einsteiger ohne Erfahrung dieses Portfolio 1:1 nachkaufen. Dafür sind die ETPs allesamt einfach zu riskant. Sie eignen sich lediglich zur Beimischung.

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