12. Juni 2021

Unternehmensanleihen: Sinnvolle Säulen für Ihr ETF-Portfolio?

Unternehmensanleihen sind für viele Privatanleger eine lohnende Möglichkeit, um mit Zinspapieren noch auskömmliche Renditen zu erwirtschaften. Welche Bereiche attraktiv sind, wie Anleger angesichts des wirtschaftlichen Ausblicks agieren können und warum Corona für Anleihen-ETFs eine Feuertaufe war.

Anleihen sind neben Aktien die wichtigste Säule im Portfolio – doch stimmt das wirklich? Seit mehr als zehn Jahren sorgen niedrige und teils sogar negative Leitzinsen dafür, dass Zinspapiere auf den ersten Blick alles andere als attraktiv sind. Wer auf Staatsanleihen aus solventen Industrieländern, wie etwa Deutschland, setzt, der macht am Ende sogar ein Minus-Geschäft.

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Doch es gibt Alternativen: Ähnlich, wie sich auch Staaten am Kapitalmarkt frische Mittel verschaffen, gehen auch Unternehmen vor. Der Vorteil: Da es Unternehmen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien gibt, werden am Markt auch unterschiedliche Risikoprämien fällig. Will sich also ein von der Pandemie gebeutelter Einzelhandelskonzern mit frischem Kapital versorgen, werden dafür vom Markt entsprechend hohe Kupons aufgerufen. Für Anleger ist das eine Chance, trotz Niedrigzinsen auch auf der Anleihenseite noch reale Renditen deutlich oberhalb der Teuerungsrate zu erzielen und dem Portfolio trotzdem Stabilität zu verleihen – schließlich schwanken Anleihen in der Regel deutlich weniger als Aktien.

Von Ratings und Spreads

Die Marktexperten des weltweit aktiven Investmentmanagers Barings sehen die Situation am Markt für Unternehmensanleihen trotz der Krise positiv: Trotz der historischen Ereignisse im Jahr 2020 beendeten US-Investment-Grade-Unternehmensanleihen das Jahr mit einem kräftigen Plus und profitierten von niedrigeren Zinsen sowie einer Flucht in Qualität inmitten erhöhter Volatilität.

„Bis Jahresende erzielten sie eine Gesamtrendite von fast zehn Prozent, da die Anleger – dank geldpolitischer Unterstützung und der Einführung des Covid-Impfstoffs – die Sorgen um steigende Ansteckungszahlen und mögliche zusätzliche Verbraucherbeschränkungen größtenteils abtaten. Die Zinsspannen verengten sich wieder und beendeten das Jahr mit 96 Basispunkten, obwohl sie im März 2020 mit 393 Basispunkten ihren Höchststand erreicht hatten“, erklärt Charles Sanford, Leiter Investment Grade Corporate Credit bei Barings. Die Zinsspannen beschreiben den Aufschlag der Rendite einer risikobehafteten Anleihe eines Emittenten, wie beispielsweise eines Unternehmens oder eines Staates, zur risikolosen Rendite und gelten als Gradmesser für das Risiko von Anleihen.

Da eine Anleihe üblicherweise einen Nennwert von 100 hat, auf dessen Basis der Kupon ausgeschüttet wird, bedeuten niedrigere Kurse höhere Renditen und damit Risikoaufschläge. Das liegt daran, weil der Kupon in den Anleihebedingungen festgelegt ist und unabhängig vom Kurswert ausgezahlt wird. Neben den Zinsspannen (Spreads), gelten auch Ratings als Gradmesser für das Risiko einer Anleihe. Ratings werden von globalen Agenturen, wie etwa Standard & Poor’s, Fitch oder Moody’s herausgegeben und bewerten die Bonität der entsprechenden Anleiheemittenten.

Mit kleinen Unterschieden reicht die Spanne für Ratings von AAA (sprich: Triple-A“) als Bestnote bis zu D („Default“) für Zahlungsausfälle. Dabei ist beispielsweise „BB“ eine bessere Note als „B“. Zusätzlich enthalten Kreditratings auch eine Erwartungskomponente, die durch ein „+“ oder ein „-“ ausgedrückt wird. Ein „AAA-“ deutet also an, dass das Rating bei einem der nächsten Schritte auf „AA“ gesenkt werden könnte.

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Unternehmensanleihen über ETFs diversifizieren

„Die Renditechancen bei Unternehmensanleihen setzen sich im Wesentlichen aus zwei Komponenten zusammen: Das ist zum einen der risikolose Marktzins, den beispielsweise Bundesanleihen bieten. Und zum anderen die Kreditkomponente, die Anleger für individuelle Risiken des emittierenden Unternehmens entschädigen soll. Angesichts des anhaltend niedrigen Niveaus der Marktzinsen fällt die Kreditkomponente umso stärker ins Gewicht“, erklärt David Wenicker, Leiter iShares Privatkundengeschäft in Deutschland bei Blackrock.

Da neben dem aktuellen allgemeinen Zinsniveau und der Bonität der jeweiligen Emittenten, auch Anleihebedingungen wie etwa Restlaufzeit und andere Vertragsbedingungen, beispielsweise bei Zahlungsverzügen und anderen Situationen, eine Rolle spielen, gestaltet sich ein Investment in Unternehmensanleihen für Privatanleger häufig schwierig – zu komplex ist es, alle Faktoren im Blick zu haben und ein Anleihe-Portfolio regelmäßig zu pflegen. Aus diesen Gründen bieten sich gerade bei Anleihen diversifizierte Investments wie etwa mittels Fonds oder ETFs an. Hier werden beispielsweise Anleihen mit geringen Restlaufzeiten automatisch getauscht oder nur bestimmte Rating-Bereiche abgedeckt.

Anleihemarkt läuft weiter rund

Gerade die Ratings geben eine gute Orientierung, wenn es darum geht, das Risiko eines Anleihen-Investments zu beleuchten. Abgeleitet vom Rating-Spektrum von „AAA“ bis „D“ lassen sich grob gesprochen zwei Kategorien benennen. Anleihen von hoher Qualität („Investment Grade“) mit einer Bonitätsnote zwischen „A“ und „BBB“ sowie Hochzinsanleihen („High Yield“) von „BB“ bis „C“. Vor allem der Übergang zwischen den beiden Kategorien kann für Anleger spannend werden. Als vor rund einem Jahr die Corona- Krise auch am Kapitalmarkt für Furore sorgte, wurden einige Unternehmen abgestuft und landeten im Hochzinsbereich.

Diese gefallenen Engel galten damals vielen Investoren als potenzielle Comeback-Kandidaten. Tatsächlich entwickelten sich viele Unternehmensanleihen, die noch im März und April unter die Räder gekommen waren, letztlich positiv. Auch Hochzinsanleihen profitieren aktuell von der Aussicht auf eine Normalisierung der Wirtschaftsaktivität nach Ende der Pandemie.

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Für Dag Rodewald, Head Passive & ETF Specialist Sales Deutschland & Österreich bei UBS, sind die aktuellen Marktbedingungen für Investments in Anleihen positiv: „Die Spreads bei Unternehmensanleihen sind mittlerweile auf einem recht niedrigen Niveau angekommen. Nichtsdestotrotz ist die Nachfrage weiterhin recht hoch. Beliebte Staatsanleihen rentieren nun auf Tiefstständen und zum Großteil im negativen Bereich – daher suchen Investoren nach Alternativen“, weiß der Marktkenner, der anhand der Mittelflüsse in die ETFs seines Hauses seit Jahren einen detaillierten Blick auf den Markt hat. „Da es eine positive Korrelation zwischen dem Aktienmarkt und den Credit-Spreads auf Unternehmensanleihen gibt, kann dieser Trend der weiteren Spread-Einengung durchaus weiterhin laufen. Aufgrund des insgesamt niedrigen Zinsniveaus, selbst im High-Yield-Bereich, befinden sich Anleiheemissionen weiterhin auf einem hohen Niveau“, so Rodewald weiter.

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„Hochzinspapiere weiter attraktiv“

Während UBS-Mann Rodewald bei Unternehmensanleihen mit hoher Bonität eine besonders hohe Nachfrage sieht und Investoren aufgrund steigender Inflationsängste eher auf ETFs mit kurzer Duration zurückgreifen, ist David Wenicker von iShares Unternehmensanleihen gegenüber neutral aufgestellt und sieht lediglich bei Hochzinspapieren noch Chancen: „Die Spreads von Investmentgrade-Papieren entschädigen inzwischen weniger gut für höhere Ausfallrisiken. Unter Ertragsgesichtspunkten finden wir Hochzinspapiere weiterhin attraktiv“, so Wenicker und verweist auf den hauseigenen iShares Euro High Yield Corporate Bond ETF (WKN: A1C3NE) , der aktuell eine Rendite in Höhe von rund 2,6 Prozent aufweist.

Trotzdem sollten Anleger gerade bei Hochzinsanleihen nicht blauäugig investieren. UBS-Mann Rodewald verweist darauf, dass Rendite-Kennzahlen angesichts möglicher Zahlungsausfälle ein trügerisches Bild zeichnen können. „Ausfallrisiken nehmen letztlich mit sinkendem Rating zu und momentan ist noch nicht wirklich absehbar, was die Corona- Pandemie für Spuren hinterlassen wird“, sagt Rodewald. Kreditausfälle sind nichts Ungewöhnliches und werden gerade von ETFs, die in der Regel mehrere hundert Titel enthalten, gut weggesteckt. Wenn sich Ausfälle allerdings häufen, schmälert das auch in breit diversifizierten ETFs die Rendite.

Coronacrash gut gemeistert

Ein weiterer Kritikpunkt, dem sich Anleihe-ETFs in der Vergangenheit immer wieder ausgesetzt sahen, war die Warnung vor der zu geringen Liquidität der zugrundeliegenden Papiere. Das könne während hektischer Marktphasen zu Problemen führen, so Kritiker. David Wenicker von iShares erteilt dieser Skepsis mit Blick auf die Marktverwerfungen während des Coronacrashs vor rund einem Jahr eine Absage und sieht darin nachträglich eine „erneute Bewährungsprobe, die ETFs erfolgreich gemeistert haben“. Ein Investment in Unternehmensanleihen über entsprechende ETFs ist also nicht nur während rosiger Marktphasen eine sinnvolle Säule im Portfolio.

Eine Auswahl von ETFs mit Fokus auf Firmenbonds

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Fazit

Die Märkte rechnen mit einer deutlichen Wiederbelebung der Wirtschaft. Das macht sich auch im Anleihensektor bemerkbar, der sich nach dem Coronaeinbruch deutlich erholt hat. Unternehmensanleihen bieten in diesem Segment nach wie vor attraktive Renditen. ETFs reduzieren durch Diversifizierung die Ausfallrisiken.