Altersvorsorgedepot: Zahlst du mehr Steuern als du an Förderung bekommst?
Mit dem Altersvorsorgedepot soll die private Rente aktienbasierter aufgestellt werden. Doch wie wirkt sich die nachgelagerte Besteuerung aus?
Das Altersvorsorgedepot kommt. Nach Wunsch der FDP soll es Anfang 2026 so weit sein und deutsche Anlegerinnen und Anleger hätten die Möglichkeit, ihre Altersvorsorge selbst in die Hand zu nehmen und aktienbasierter aufzustellen. ETFs und Einzeltitel rücken dann in den Fokus, um renditeorientierter anzulegen. Wir von extraETF waren in der vergangenen Woche im Berliner Paul Löbe Haus und haben uns im Rahmen eines Panels die konkreteren Pläne zur Altersvorsorge-Reform angehört. Obwohl der Referenten-Entwurf noch in der internen Abstimmung ist, sind ein paar Eckpfeiler bereits klar. Im folgenden Text soll es insbesondere um die steuerlich Behandlung gehen. Denn hier sind noch einige Fragen offen – und großes Optimierungspotenzial vorhanden.
Alle uns bekannten Fakten haben wir bereits in einem Wissensbeitrag zusammengefasst. Dort findest du alle relevanten Punkte von Förderung über Umschichten bis zur Rolle der Riester-Rente. Wir wollen an dieser Stelle einmal die Besteuerung betrachten. Wie funktioniert die steuerliche Förderung und welche Dinge gilt es zu beachten. Zunächst einmal ist klar, dass während der Ansparphase keine Steuern anfallen. Auch Gewinne aus Umschichtungen im Depot bleiben von der Kapitalertragsteuer unangetastet. Vorzeitige Verfügungen sind natürlich nicht möglich, genauso wie ein Auscashen vor dem 65. Lebensjahr. Die Bundesregierung setzt auf eine nachgelagerte Besteuerung. Bedeutet: Erst mit Renteneintritt müssen Anlagerinnen und Anleger zahlen. Das hat den Vorteil, dass während der Ansparphase der Zinseszinseffekt stärker seine Wirkung entfalten kann – es ist schließlich mehr Kapital vorhanden – und im Alter ein geringerer Steuersatz greift.
Tipp: Alles, was zum Altersvorsorgedepot bisher bekannt ist, findest du in unserem Wissensbereich. |
Missverständnis Besteuerung beim Altersvorsorgedepot
„Die nachgelagerte Besteuerung hört sich zunächst gut an, doch Rentner können im Alter schnell beim Spitzensteuersatz landen“, sagt Alberto del Pozo, Geschäftsführer vom InsureTech myPension. Wie sich die nachgelagert Besteuerung auswirkt, können Rentnerinnen und Rentner in spe bereits seit Längerem bei der Riester-Rente erleben. „Die Förderung über steuerlicher Absetzbarkeit und nachgelagerte Besteuerung ist gerade für Normalverdiener ineffizient“, ist sich del Pozo sicher. Für Alleinverdienende mit einem mittleren Brutto-Einkommen von 52.500 Euro ergibt sich eine Förderquote von 30 Prozent; bei 45.000 Euro Jahreseinkommen sind es 27 Prozent. Nach Abzug durch die nachgelagerte Besteuerung auf die späteren Rentenzahlungen, schmilzt die Förderquote heute schon in der Summe auf wenige Prozent zusammen. „Die deutlich höheren Renditechancen des neuen Altersvorsorgedepots mit Aktien und ETFs kann steuerlich betrachtet zum großen Nachteil werden. Denn je besser die Performance, desto höher fällt die nachgelagerte die Besteuerung aus“, sagt del Pozo.
Das ist dann besonders ärgerlich, wenn Anlegerinnen und Anleger feststellen müssen, dass der steuerfreie Anteil von Renten mit Einführung des Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) seit 2005 bis 2023 um 25 Prozent gesunken ist und auch weiter sinken. Zwar steigt durch das Wachstumschancengesetz der Besteuerungsanteil langsamer an und erreicht erst im Jahr 2058 (statt bisher 2040) die 100 Prozent. Trotzdem sind bereits im laufenden Jahr 83 Prozent aller Rentenleistungen (inkl. der gesetzlichen Rente) steuerpflichtig. Durch den zuletzt deutlichen Anstieg der gesetzlichen Renten werden jedes Jahr tausende Rentner steuerpflichtig. Im Gegenzug sind allerdings die sogenannten Vorsorgeaufwendungen – also Geld für die Altersvorsorge (inkl. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung) – im Rahmen der betraglichen Höchstgrenzen (27.566 € Euro für Alleinstehende und 55.132 Euro für zusammen veranlagte Paare und Verheiratete) zu 100 Prozent als Sonderausgaben abzugsfähig.
Höchststeuersatz bei Maximaleinzahlung
Wie wirkt sich das Ganze nun aus? Die folgende Rechnung ist stark vereinfacht. Gerade die Rente ist eine sehr individuelle Sache und hängt von sehr vielen Einflussfaktoren ab. Der Einfachheit halber rechnen wir mit der momentanen Eckrente von 1.769 Euro (per 2024). Sie erhält, wer 45 Jahre ununterbrochen in die gesetzlich Rentenversicherung einbezahlt hat. Gehen wir nun davon aus, dass unsere Rentnerin oder unser Rentner nun zusätzlich das Altersvorsorgedepot wählt und ausschließlich den Höchstbetrag einzahlt, um die Förderung zu erlangen. Als unverheiratete Person ohne Kinder müssten also 3.000 Euro jährlich eingezahlt werden, um 600 Euro Förderung zu bekommen. Die Jobstarter-Zulage lassen wir ebenfalls einmal außen vor. Bei einer Jahresnetto-Sparleistung von 3.600 Euro und einer durchschnittlichen Kapitalmarktrendite von sieben Prozent spart die Person über 45 Jahre mehr als 1,1 Millionen Euro zusammen.
Mit dem Altersvorsorgedepot haben Anlegerinnen und Anleger die Möglichkeit, sich das Vermögen im Rahmen eines Entnahmeplans auszahlen zu lassen – Bedingung: Es muss mindestens bis zum 85. Lebensjahr reichen. So gesehen können pro Jahr etwa 55.000 entnommen werden, bis das Geld nach 20 Jahren (Renteneintritt mit angenommenen 65 Jahren) aufgebraucht ist. Diese 55.000 Euro plus die Eckrente von etwas mehr als 21.000 Euro lassen das zu versteuernde Einkommen pro Jahr auf etwa 76.000 Euro anwachsen. Somit bewegt sich unser Beispielrentner im Bereich des Spitzensteuersatzes von 42 Prozent. Und somit wäre die Besteuerungsquote höher als die Förderquote in der Ansparphase.
Lösung Flattax oder Steuerfreiheit?
Experte Alberto del Pozo setzt sich schon seit längerer Zeit für eine Flattax ein. Gemeint ist ein pauschaler Prozentsatz, mit dem die Renten aus dem Altersvorsorgedepot besteuert würden. Weiterhin plädiert er für eine generelle Förderung in der Ansparphase von 50 Euro Cent je eingezahlten Euro in die private Altersvorsorge. Im Rentenalter angekommen sollten dann Rentenleistungen aus der privaten geförderten Altersvorsorge mit maximal 25 Prozent besteuert werden. „Unser Vorschlag sorgt für mehr Transparenz auf Seiten der Einzahler und weniger Verwaltungsaufwand auf Seiten der Behörden. Gleichzeitig wird die Altersvorsorge noch attraktiver, weil immer mindestens eine Förderquote von 25 Prozent nach Steuern gewährleistet ist“, ist sich del Pozo sicher. Auch eine völlige Steuerfreiheit für Vorsorgeaufwendungen und ausgezahlte Leistungen wird heiß in der Community diskutiert. So würden alle gleichermaßen profitieren.