Kostenanalyse: So entwickeln sich aktuell die Kosten für alle ETFs in Deutschland
Das Datenteam von extraETF hat eine ausführliche Kostenanalyse für alle ETFs in Deutschland durchgeführt. Hier erfahren Sie, bei welchen ETF-Emittenten und Assetklassen die Gesamtkostenquoten (TER) im Sinkfug sind.
Nein, Geiz ist nicht geil. Auch wenn uns ein Werbeslogan vor etwa 20 Jahren etwas anderes weismachen wollte. Natürlich gibt es eine große Ausnahme. Und zwar, wenn es um die Anlage Ihrer Ersparnisse geht. Hier macht sich die Geiz-ist-geil-Mentalität definitiv bezahlt. Denn: Je niedriger die Kosten Ihrer Geldanlage sind, desto mehr Rendite bleibt unterm Strich für Sie übrig. Vor allem bei längeren Anlagezeiträumen führen niedrige Kosten zu einer deutlich besseren Wertentwicklung. Das ist der Grund, warum ETFs vor allem gegenüber aktiv gemanagten Fonds im Vorteil sind.
Die aktiven Pendants knöpfen Anlegern im Aktienbereich oftmals Verwaltungsgebühren von 1,5 bis 1,8 Prozent pro Jahr ab. Dies macht sich im Endergebnis sehr stark bemerkbar. Dazu ein konkretes Beispiel: „Ein Anleger investiert 10.000 Euro über 30 Jahre. Bei einer jährlichen Durchschnittsrendite von fünf Prozent werden aus den 10.000 Euro Startkapital am Ende der 30 Jahre 43.219 Euro. Bei einer jährlichen Durchschnittsrendite von sechs Prozent sind es 57.435 Euro“, rechnet Ulrich Cord, Teamleiter ETF bei Invesco Deutschland, vor. Ergo: Der Unterschied von nur einem Prozentpunkt macht einen zusätzlichen Ertrag von 14.215 Euro aus. Davon kann man sich einen soliden Kleinwagen in die Garage stellen. Das Beispiel zeigt: Jeder Euro, den Anleger für Managementgebühren und Handelskosten zahlen, schlägt sich potenziell negativ im Anlageergebnis nieder.
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Kostenanalyse: Vanguard ist Kostenführer
„Anleger können die Märkte nicht kontrollieren, aber sie können kontrollieren, wie viel sie zu zahlen bereit sind“, sagt Sebastian Külps, Leiter von Vanguard in Deutschland und Österreich. Das ETF-Traditionshaus aus den USA bezeichnet sich selbst als „Pionier der kosteneffizienten Geldanlage“. Das liegt unter anderem an der genossenschaftlichen Struktur von Vanguard. „Im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern haben wir keine Aktionäre oder Privateigentümer, die hohe Gewinne verlangen. Wir gehören unseren amerikanischen Fondsanlegern, sie sind unsere Besitzer“, sagt Külps. „Statt Dividenden an Dritte auszuzahlen, stellen wir die Interessen unserer Kunden immer in den Mittelpunkt und senken kontinuierlich die Kosten für unsere Anleger.“
Vanguard ist auf dem deutschen ETF-Markt mit einer durchschnittlichen Gesamtkostenquote (TER) von 0,15 Prozent auf all seine Produkte eindeutig der Kostenführer – auch wenn die TER im Vergleich zu 2019 um 0,02 Prozentpunkte gestiegen ist. Der Hintergrund dieser Entwicklung besteht jedoch lediglich darin, dass Vanguard Ende 2020 sogenannte Multi-Asset-ETFs eingeführt hat, deren TER bei 0,25 Prozent liegt. Dabei handelt es sich um ETFs, die in nur einem einzigen Produkt ein sehr breites Portfolio mit mehreren Assetklassen abbilden. Auch das Rebalancing ist bereits in den Kosten enthalten. Insofern sind 0,25 Prozent durchaus günstig für diese speziellen Produkte – auch wenn sie den Vanguard-Schnitt leicht nach oben getrieben haben.
Die Konkurrenz schläft nicht
Als Vanguard 2019 die letzte Kostensenkung durchgeführt hat, galt diese für 31 in Deutschland erhältliche Produkte: 13 ETFs und 18 Indexfonds. „Man kann auch künftig wieder Kostensenkungen von Vanguard erwarten“, sagt Külps. Man werde darauf achten, dem Ruf als Kostenführer weiter gerecht zu bleiben. Doch die Konkurrenz schläft nicht,
im Gegenteil. Die Datenbank von extraETF spuckt mittlerweile 121 ETFs aus, die weniger als 0,1 Prozent pro Jahr kosten. Darunter zum Beispiel die sogenannten Prime-ETFs von Amundi. Diese bezeichnet der Emittent selbstbewusst als „die nächste Generation kostengünstiger ETFs“. Die sechs Aktien- und sieben Renten- ETFs unter dem Label Prime kosten allesamt nur 0,05 Prozent pro Jahr.
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Kostenanalyse: 17 Anbieter sind jetzt günstiger
Die Preisoffensive lässt sich jedoch nicht nur bei einzelnen Anbietern beobachten, sie zeigt sich auf dem Gesamtmarkt. Von 32 ETF-Emittenten, die das Datenteam von extraETF zum Stichtag 31. März einer detaillierten Kostenanalyse unterzogen hat, haben insgesamt 17 Unternehmen ihre durchschnittlichen Produktkosten im Vergleich zu 2019 gesenkt. Die stärksten Preissenkungen haben HSBC, LGIM und Tabula vorgenommen. Sie alle haben ihre durchschnittliche Gesamtkostenquote um 0,09 Prozentpunkte nach unten geschraubt. 14 der insgesamt 32 analysierten Emittenten bieten eine durchschnittliche Kostenquote von weniger als 0,3 Prozent pro Jahr auf ihr Produktsortiment. Darunter finden sich wichtige Player wie Amundi (0,2 Prozent), SPDR, UBS (jeweils 0,26 Prozent), Invesco (0,27 Prozent) sowie Lyxor mit 0,29 Prozent. Alle bieten ein sehr breites Sortiment mit z. T. mehr als 100 Produkten. Xtrackers (226 ETFs) und iShares (344 ETFs) liegen nur leicht darüber mit 0,30 Prozent respektive 0,32 Prozent.
Alle Anbieter liegen laut unserer Kostenanalyse übrigens unter einem Prozent, mit Ausnahme von 21Shares mit einer durchschnittlichen TER von 1,49 Prozent. Allerdings ist dies der Spezialisierung von 21Shares auf Krypto-Produkte geschuldet und muss unter diesem Aspekt bewertet werden. Bei Krypto-ETPs besteht also noch deutliches Kostensenkungspotenzial.
Aktien-ETFs immer günstiger
Im Aktienbereich sind die durchschnittlichen Kosten pro ETF auf 0,32 Prozent gesunken (2019: 0,35 Prozent), zeigt unsere Kostenanalyse. Die Spanne der Produkte reicht hier von sehr günstigen 0,04 Prozent bis 0,99 Prozent. Allerdings muss man hier einen wichtigen Faktor miteinbeziehen: das Fondsvolumen (Assets under Management bzw. AuM). Wenn man die AuM in die Rechnung integriert, liegen die Kosten lediglich bei 0,23 Prozent. Das liegt daran, dass die volumenstarken ETFs in der Regel günstiger sind als diejenigen mit weniger Anlagevermögen.
Ergo: Je mehr AuM ein Fonds hat, desto günstiger können die Emittenten ihn anbieten. Dies ist auch bei Rohstoff -ETCs zu beobachten. Allerdings gilt dies nicht für Anleihen- und Immobilien-ETFs. Hier sind die volumenstärksten Produkte in ihrer jeweiligen Assetklasse sogar die teuersten. Bei Anleihen-ETFs fällt dies jedoch nicht so stark ins Gewicht. Hier müssen Anleger im Schnitt 0,22 Prozent pro ETF berappen. Nur Geldmarktprodukte sind mit 0,12 Prozent im Schnitt noch günstiger.
Multi-Asset und Nachhaltigkeit
Im Bereich der relativ neuen Portfoliokonzepte (Multi-Asset-ETFs) sind die Kosten pro ETF gesunken. 2019 betrugen diese noch 0,4 Prozent für damals acht Produkte. Aktuell sind 18 Produkte auf dem Markt, die im Schnitt 0,36 Prozent veranschlagen. Allerdings sind die neu auf den Markt gekommenen Produkte von Blackrock und Vanguard mit je 0,25 Prozent TER deutlich günstiger als die älteren Produkte von zum Beispiel Xtrackers.
Ebenfalls interessant: Nachhaltige Produkte sind in der Regel günstiger als klassische ETFs. ESG- und SRI-ETFs liegen 0,11 bzw. 0,07 Prozentpunkte unter klassischen Aktien-ETFs. Auch nachhaltige Immobilien-ETFs sind günstiger als ihre klassischen Pendants. Im Anleihenbereich sind Low-Carbon-Produkte bzw. SRI-ETFs etwas billiger als klassische Anleihen-ETFs. ESG-Anleihen-ETFs sind hingegen ein klein wenig teurer (0,25 Prozent ggü. 0,22 Prozent).
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Replikation und Ertragsverwendung
Physisch replizierende ETFs sind nach wie vor günstiger als synthetische ETFs. Dies gilt für alle Assetklassen. Ulrich Cord von Invesco – einem Emittenten, der verstärkt auf synthetische Produkte setzt – ist der Auffassung, dass physische ETFs wegen des Performancevorteils von Swap-ETFs unter Kostendruck stehen. „aber Swaps können gezielt Kosten optimiert werden.
Beispielsweise müssen swapbasierte ETFs auf US-Aktien-Indizes wie den S&P 500 oder den MSCI USA keine Quellensteuern auf Dividenden abführen. Das erhöht die Performance der synthetischen ETFs gegenüber rein physischen ETFs. Somit steigt der Druck auf physische ETFs, über Kostenreduktionen den Performancevorteil der swapbasierten ETFs zu verringern“, sagt Cord. In puncto Ertragsverwendung herrscht über alle Assetklassen hinweg kein großer Unterschied bezüglich der Kosten.
Themen-ETFs etwas teurer
Themen-ETFs sind in der Regel etwas teurer als Basis-ETFs, die beispielsweise Welt-Indizes oder Klassiker wie den S&P 500 abbilden. „Das liegt unter anderem daran, dass Themen-ETFs tendenziell geringe Volumen haben und zum Teil auch weniger liquide Aktien enthalten“, sagt Martijn Rozemuller, Europachef bei Vaneck. „Gleichzeitig sind die zugrundeliegenden Indizes für den Indexanbieter meist aufwendiger, da beispielsweise gezielt Unternehmen auf ihre inhaltliche Tauglichkeit für das jeweilige Thema des ETFs geprüft werden müssen.“
Da Themen-ETFs häufig als taktische Ergänzung im Portfolio eingesetzt werden, seien die Kunden bereit, hierbei auch etwas mehr als für Basis-ETFs zu zahlen, so Rozemuller. Der ETF-Experte stellt zwar keine signifikanten Kostensenkungen in Aussicht, führt aber an, dass Vaneck auch künftig auf eine hohe Qualität und Innovationen bei der Produktentwicklung achten werde. Dazu gehört beispielsweise auch, komplett auf Aktienleihe zu verzichten.
Fazit der Kostenanalyse
Viele Anleger sind mittlerweile sehr preissensibel und achten genau auf das Thema Kosten bei der Auswahl von ETFs. Die Anbieter reagieren mit entsprechenden Preissenkungen, die sich in den kommenden Jahren fortsetzen dürften. Wir von extraETF werden das Thema weiterhin genau begleiten und für Sie analysieren.
Tipp: Mit dem extraETF Finanzmanager können Sie Ihre Portfolios überwachen & analysieren, Klumpenrisiken erkennen und Watchlists für Ihre Wertpapierlieblinge anlegen. |