24. Dezember 2022
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Japan: Darum lohnt sich jetzt der Blick nach Nippon besonders

Japan ist die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt. Die Aktienbewertungen sind günstig, die Bilanzen von hervorragender Qualität. Trotzdem haben viele Anleger Japan überhaupt nicht auf dem Radar. Hier erfährst du, warum das Reich der Sonne ein äußerst interessanter Markt ist. Eine Einführung!

Während sich viele Privatanleger besonders gerne über amerikanische Aktien austauschen, wird der japanische Aktienmarkt nahezu vollständig ignoriert. Das ist einerseits verständlich, schließlich gibt es im deutschsprachigen Raum dazu kaum Informationen. Folglich fehlt vielen Anlegern der Zugang. Anderseits ist das schade. Denn das Ignorieren der immerhin drittgrößten Volkswirtschaft der Welt hat zur Folge, dass die Depots nicht optimal diversifiziert sind. Aktuell erscheinen die Bewertungen von japanischen Aktien zudem durchaus attraktiv. Grund genug, sich einmal etwas ausführlicher mit Japan auseinanderzusetzen.

Was gilt es zu beachten, wenn man sich mit Japan beschäftigt?

In der Vergangenheit hat es sich an der Börse oftmals ausgezahlt, immer dann hinzusehen, wenn es kaum jemand anderes gemacht hat. In den vergangenen Jahren waren hauptsächlich amerikanische Tech-Aktien in Mode. Entsprechend stark sind die Bewertungen dieser Wertpapiere gestiegen – was in Zukunft geringere Renditen erwarten lässt. Japan hingegen befindet sich seit drei Jahrzehnten in einer Phase der wirtschaftlichen Stagnation. Das ganze Land scheint von einer Art „Dämmerschlaf“ befallen zu sein. Doch dieser Eindruck täuscht. Tatsächlich gibt es einige positive Entwicklungen:

  • Angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung führt selbst eine wirtschaftliche Stagnation zu einer Steigerung des BIPs pro Kopf.
  • Zudem führt die Arbeitskräfteknappheit dazu, dass Produktivitätssteigerungen für die japanische Volkswirtschaft besonders wichtig sind. Nicht zufällig sind in Japan einige der weltweit führenden Unternehmen im Bereich der Automatisierung angesiedelt.
  • Viele japanische Unternehmen können aufgrund ihrer globalen Aufstellung an den Wachstumschancen der internationalen Märkte teilhaben.

Als Volkswirtschaft gesehen ist Japan nach den USA und China die drittgrößte Wirtschaftskraft. In den vergangenen 30 Jahren ist das BIP pro Kopf langsamer als in den USA und in Deutschland gestiegen. Pro Kopf liegt die Wirtschaftskraft daher etwas unterhalb der USA und Deutschlands. In puncto Demografie muss man wissen: In Japan bekommen Frauen im Durchschnitt nur 1,4 Kinder, was zur Folge hat, dass die Zahl der Einwohner sinkt – trotz längerer Lebenserwartung. Das bedeutet: Selbst wenn die Wirtschaftsleistung Japans auf dem heutigen Niveau gehalten werden soll, muss sich die Produktivität pro Arbeitsstunde laufend erhöhen.

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Was spricht für ein Investment in japanische Aktien?

Das Land ist eine stabile Demokratie. Die Rechtssicherheit ist hoch. Durch diese Basis wurde der Aufstieg zur drittgrößten Volkswirtschaft überhaupt erst möglich. Hinzu kommt, dass in Japan schon seit längerem kaum Inflation herrscht. Selbst im Mai 2022 lag die Inflation in Japan bei einem Wert von nur 2,5 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland und den USA steigen die Preise derzeit um sieben bis acht Prozent pro Jahr.

Obwohl Japan ein rohstoffarmes Land ist und deshalb auf Rohstoff-Importe angewiesen ist, macht sich der Preisauftrieb an Commodity-Märkten nicht so stark in der Inflationsrate bemerkbar wie bei uns. Wie kommt das? Zuerst ein- mal ist festzuhalten, dass in Japan nach drei Jahrzehnten stagnierender Preise ein Gewöhnungseffekt eingesetzt hat. Mitarbeiter haben keine Erwartungen mehr an steigende Löhne. Umgekehrt sind die Kunden nicht bereit, Preiserhöhungen von Unternehmen zu akzeptieren. Obwohl die Importpreise einiger Rohstoffe gestiegen sind, ändert sich im Land kaum etwas. Die Unternehmen fangen die gestiegenen Kosten – sofern möglich – in der eigenen Gewinn- und Verlustrechnung auf. Dann sinkt die Gewinnspanne eben ein bisschen. Hinzu kommt: Historisch und geografisch bedingt ist die japanische Wirtschaft nicht so eng mit anderen Nationen verbunden. Der Wertschöpfungsanteil im Inland ist bei vielen Produkten so hoch, dass sich Preissteigerungen in anderen Märkten kaum auswirken. Aus heutiger Sicht deutet vieles darauf hin, dass es in Japan auch in Zukunft gar keine oder nur sehr geringe Preissteigerungen geben wird.

Ein weiterer Pluspunkt sind die günstigen Bewertungen vieler japanischer Aktientitel sowie eine gesunde Bilanzstruktur. Diese Beobachtung gilt natürlich nicht für jedes in Japan notierte Unternehmen. Bei den Recherchen ist jedoch aufgefallen, dass es einige japanische Unternehmen gibt, die regelrecht im Cash * schwimmen. Somit könnten die Unternehmen die Ausschüttungsquote der Dividende erhöhen oder (mehr) eigene Aktien zurückkaufen. Egal, ob das KUV, KBV oder KGV betrachtet wird: Fast immer ist die Bewertung der japanischen Aktien geringer als die der in den USA gelisteten Konkurrenten. Teilweise sind die Bewertungsabschläge gerechtfertigt. Wenn der japanische Anbieter langsamer wächst, ist eine geringere Bewertung eine logische Folge.

Gleichzeitig bedeuten die Bewertungsabschläge jedoch auch: Selbst wenn die japanischen Unternehmen langsamer als ihre westlichen Konkurrenten wachsen, kann die Rendite für die Aktionäre trotzdem auskömmlich ausfallen.

Womit wir bei den kulturellen Unterschieden angekommen sind: In Japan geht es eben nicht darum, den Aktienkurs im nächsten Monat oder nächsten Quartal zu maximieren. Viel wichtiger ist, dass die Arbeitsplätze sicher sind und das Unternehmen auch in 50 oder 100 Jahren noch existiert. Daher sind die Risiken der im Cash schwimmenden Unternehmen geringer als die Risiken von stark gehebelten amerikanischen Konkurrenten.

Ein weiterer Pluspunkt: Die Quellensteuer auf Dividenden liegt bei 15,315 Prozent. Ein Doppelbesteuerungsabkommen ist zudem in Kraft, so dass bei den Anlegern verglichen mit einer inländischen Aktie nahezu der gleiche Nettoanteil der Dividende auf dem Konto ankommt. Zudem tun sich Währungschancen auf. Aufgrund der außergewöhnlich niedrigen Inflation ist der japanische Yen eine vergleichsweise stabile Währung. Seit dem Ende der 1990er-Jahre hat sich die Währung unter Schwankungen weitgehend parallel zum Euro entwickelt.

Was spricht gegen ein Investment in japanische Aktien?

In den vergangenen 30 Jahren ist die japanische Wirtschaft kaum noch gewachsen. Die Bevölkerung schrumpft sogar. Daher ist es für Unternehmen, die ausschließlich im japanischen Markt tätig sind, schwierig, Wachstum zu generieren. Bis ins Jahr 2050 wird die Zahl der Erwerbstätigen in Japan Schätzungen zufolge weiter um bis zu einem Drittel sinken. Theoretisch könnte Japan die Situation durch eine gezielte Einwanderungspolitik abmildern bzw. sogar ganz beheben. Doch Einwanderung ist in Japan gesellschaftlich nicht wirklich akzeptiert. Vielleicht ändert sich bei diesem Punkt in den nächsten Jahren noch et- was. Ansonsten bleibt dann nur noch der Weg, die Produktivität je geleisteter Arbeitsstunde laufend zu erhöhen. Das ist in den vergangenen Jahren gelungen. Dennoch ist es gerade mittel- und langfristig unabsehbar, ob Japan die demografischen Herausforderungen dauerhaft bewältigen können wird.

Ein weiterer Malus sind die extrem hohen Staatsschulden, die bei unglaublichen 266 Prozent des BIPs liegen. Zur Einordnung: Deutschland kommt auf einen Wert von 69 Prozent, die USA sind mit 137 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet. Gemessen an der Staatsverschuldung ist Japan weltweit gesehen das am stärksten verschuldete Land. Doch da ein Anteil von fast 50 Prozent von der japanischen Notenbank selbst gehalten werden, ist eine Insolvenz Japans relativ unwahrscheinlich. Das liegt auch daran, dass nur sieben Prozent der Staatsverschuldung in ausländischen Händen liegen.

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Fazit

Das Land hat seit dem Ende des zweiten Weltkriegs viel erreicht. In den vergangenen 30 Jahren ist es jedoch auf der Bremse gestanden. Die Wirtschaft stagniert. Angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung kann selbst bei einer Stagnation der Wohlstand pro Kopf zulegen. Aufseiten der Unternehmen besteht großes Optimierungspotenzial. Das Wachstum könnte zulegen, die Margen gesteigert und überschüssiges Kapital freigesetzt werden. Im Gegensatz zu den USA sind die Unternehmen kaum optimiert und oftmals noch nicht auf Kapitaleffizienz und Margenmaximierung getrimmt. Vielleicht geht es in den nächsten zehn bis 20 Jahren auch in Japan wieder ein Stück vorwärts. Dann würde großes Potenzial im Aktienmarkt bestehen.

Es stellt sich die Frage, ob man sich überhaupt im japanischen Markt positionieren möchte. Die Antwort auf diese Fragestellung muss jeder selbst finden. Als Orientierung dient meiner Meinung nach der MSCI World Index. In diesem Index liegt die Ländergewichtung von Japan bei etwa sechs Prozent. Wer sein Depot in etwa so wie der MSCI World aufstellen möchte, kann fünf bis zehn Prozent des Depots in japanische Aktien investieren. Die vollständige Einführung findest du hier