2. Oktober 2023
Home Bias: Deutsche setzen zu sehr auf deutsche Aktien

Home Bias: Deutsche setzen zu sehr auf deutsche Aktien

Deutsche Anleger setzen nach wie vor überproportional auf heimische Aktien. Das ist allerdings gegen das goldene Börsengebot: die Streuung.

In der deutschen Wirtschaft herrscht gerade Katerstimmung. Hohe Energiepreise, schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt, Fachkräftemangel, wenig Zuversicht beim Blick nach vorne. Und dennoch halten die deutschen Aktienanleger den heimischen Unternehmen mehrheitlich die Treue. Das zeigt eine Auswertung der rund 1,6 Millionen Depots privater Kundinnen und Kunden der Consorsbank *. In den vergangenen fünf Jahren hat die „Heimatliebe“ der Investoren jedoch spürbar abgenommen. Die Depots sind regional diversifizierter geworden. Vor allem US-Aktien haben an Gewicht gewonnen.

Deutsche Aktien stehen ganz oben auf dem Zettel

50,60 Prozent des Anlagevolumens in Aktien im Bestand privater Anlegerinnen und Anleger entfielen der Auswertung zufolge zum Stichtag 30. Juni dieses Jahres auf Werte deutscher Unternehmen. 2018 waren es zum gleichen Zeitpunkt noch 61,80 Prozent. Bei Aktien von Unternehmen aus Nordamerika (USA und Kanada) verlief die Entwicklung umgekehrt. Hier kletterte der Anteil des Anlagevolumens im gleichen Zeitraum von 23,40 Prozent auf 34,20 Prozent. Der Anteil, der in Werte von Unternehmen aus den übrigen europäischen Ländern investiert war, blieb unverändert bei 12,70 Prozent. Anteilsscheine von Unternehmen aus Asien und dem Rest der Welt fielen zu beiden Stichtagen unterdessen kaum ins Gewicht.

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Auch bei den jüngsten Investitionen vertrauen die Anlegerinnen und Anleger mit großer Mehrheit auf deutsche Werte. So entfielen 58,30 Prozent des Kaufvolumens, das im ersten Halbjahr 2023 in Aktien floss, auf deutsche Werte. In den ersten sechs Monaten 2018 traf das mit 67,60 Prozent noch auf mehr als zwei Drittel des gesamten Kaufvolumens zu. Betrachtet man indes die Kauftransaktionen, entfiel davon im ersten Halbjahr 2023 tatsächlich „nur“ etwas weniger als die Hälfte auf deutsche Aktien. Dass der Anteil des Kaufvolumens deutlich höher ausfiel, liegt schlicht an der investierten Summe je Trade. So legten die Consorsbank-Kunden im ersten Halbjahr 2023 im Durchschnitt 6.232 Euro je Kauf in deutschen Aktien an. In US-Aktien und europäische Werte flossen indes nur 4.684 bzw. 3.811 Euro im Mittel.

Die begehrtesten Aktien

Auf welche konkreten Aktien setzen die deutschen Anlegerinnen und Anleger vorwiegend? Nach welchem Kriterium man die Listen auch erstellt – Anlagevolumen im Bestand, Anzahl der Depots, in denen eine Aktie vorkommt oder aktuelles Kaufvolumen: deutsche Dickschiffe aus dem Dax wie Allianz, BASF, Mercedes-Benz oder Siemens stellen stets die absolute Mehrheit. Das gilt fürs laufende Jahr gleichermaßen wie für das Jahr 2018. 

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Die Unternehmen in den Ranglisten haben sich dabei in den vergangenen Jahren durchaus verändert und die Rangplätze entsprechend verschoben. Und auch die Verhältnisse zwischen den Regionen, aus denen die Unternehmen kommen, wurden neu gemischt. Was fällt ins Auge?

  • In der Rangliste der 40 Top-Aktien nach ihrem Anlagevolumen zum Stichtag 30. Juni hat sich 2023 die Anzahl der US-Titel in der vorderen Hälfte mehr als verdoppelt gegenüber 2018. Hier spiegelt sich der Tech-Boom der letzten Jahre wider. Mit Ausnahme von Berkshire Hathaway sind alle sechs US-Unternehmen unter den ersten 20 im Bereich Internet/Technologie aktiv. Apple ist dabei gegenüber 2018 um vier Plätze nach oben auf Rang eins geklettert und hat die Allianz abgelöst. Der Aufstieg ist wenig verwunderlich, kletterte der Kurs des iPhone-Erfinders doch über die vergangenen fünf Jahre um mehr als das Zweieinhalbfache. 
     
  • In der Rangliste der 40 Werte, auf die im ersten Halbjahr 2023 bzw. 2018 das höchste Kaufvolumen entfiel, hat sich die Zahl der US-Titel in der vorderen Hälfte 2023 gegenüber 2018 sogar verdreifacht. Auch hier heißt es: Tech dominiert. Spitzenreiter 2023 ist Tesla. Die Aktie kletterte gegenüber 2018 um 31 Plätze nach oben. Die Anlegerinnen und Anleger hatten den richtigen Riecher. Von Anfang Januar bis Ende Juni dieses Jahres konnte sich der Tesla-Kurs mehr als verdoppeln.   
     
  • Bei den 40 am häufigsten in den Depots der Anlegerinnen und Anleger vertretenen Aktien führt auch 2023 ein bekannter Dinosaurier das Feld an: die Deutsche Telekom. Sie stand schon 2018 ganz oben. Nur ein Relikt aus vergangenen Tagen ist der „magentafarbene Riese“ aber nicht unbedingt. Denn tatsächlich ist die Telekom auch in der Rangliste nach Kaufvolumen im Jahr 2023 recht weit oben zu finden auf Platz 13. Die allmähliche Amerikanisierung zeigt sich unterdessen auch in der Häufigkeits-Rangliste. Waren die Top-10 im Jahr 2018 noch eine rein deutsche Angelegenheit, schafften es im Jahr 2023 mit Apple, Amazon und Microsoft drei Unternehmen vom nordamerikanischen Kontinent in die Spitzengruppe.
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