16. Januar 2017
Gold bleibt langfristig attraktiv

Gold bleibt langfristig attraktiv

Augenscheinlich ist Gold gerade dabei, die seit den US-Präsidentschaftswahlen im November erlittenen Verluste zu konsolidieren. Der Goldpreis erreichte sein Monatstief im Dezember bei USD 1.137 pro Unze, nachdem die US-Notenbank Federal Reserve (kurz: Fed) am 14. Dezember die beabsichtigte Erhöhung des US-Leitzinses (Federal Funds Rate) um 25 Basispunkte bekannt gegeben hatte. Die Entscheidung der Fed führte auch dazu, dass der U.S. Dollar Index (DXY) auf neue Höchststände kletterte. Der Goldpreis schloss den Monat mit einem Preis von USD 1.152,27 pro Unze, verlor also USD 20,98 (1,8 %). Die Nettorückkäufe von börsengehandelten Goldprodukten nahmen nach den Präsidentschaftswahlen weiterhin zu, flachten jedoch zum Jahresende hin ab. Seit dem Sieg von Donald Trump kam es bei börsengehandelten Goldprodukten (exchange traded product=ETP) weltweit zu Nettoabflüssen von 7,2 Millionen Unzen. Im Ergebnis beliefen sich die Nettozuflüsse in 2016 aber immerhin auf eindrucksvolle 11,8 Millionen Unzen.

Auch die Goldaktien befanden sich im Konsolidierungsmodus, während der NYSE Arca Gold Miners Index (GDMNTR) um 1,1 % zulegte und der MVIS Junior Gold Miners Index (MVGDXJTR) 2,0 % verlor.

Selbst wenn Marktereignisse ignoriert werden, können sie langfristig unterstützend wirken

Im Dezember kam es zu zwei voneinander unabhängigen Entwicklungen, die von den Märkten weitgehend ignoriert wurden. Wir sind jedoch der Meinung , dass diese sich langfristig positiv auf den Goldpreis auswirken könnten. Am 4. Dezember sprachen sich die italienischen Wähler in einem Referendum gegen eine Verfassungsänderung aus. Dies kam einem Misstrauensvotum gegen Premierminister

Matteo Renzi gleich, der auch umgehend zurücktrat. Dies ist der jüngste Erfolg in einer Serie populistischer Siege rund um den Globus, die sich aus dem Unmut der vom politischen Establishment enttäuschten Wähler speisen. Die etablierten Parteien waren mit ihrer Politik nicht in der Lage, benötigte Arbeitsplätze zu schaffen. Stattdessen bescherte uns die Politik nach der Krise in einem noch nie gesehenem Ausmaß neue Vorschriften, geldpolitische Experimente, Sparmaßnahmen und Neuverschuldung. Durch das Ergebnis des Referendums wächst die Macht der Oppositionsparteien in Italien die die Frage aufwerfen, ob das Land in der Europäischen Union (EU) bleiben sollte. Mit der Umsetzung des Brexit im Jahr 2017 entstehen erhebliche Risiken für die europäische Wirtschaft, und das Referendum in Italien ist ein weiterer Beleg für eine breite Bewegung, die sich gegen die EU wendet. In 2017 finden wichtige Wahlen in den Niederlanden (März), in Frankreich (April) und in Deutschland (August bis Oktober) statt. Wächst das Risiko eines Scheiterns der Europäischen Union, dann könnte dies den Goldpreis durchaus beflügeln.

Zudem wurde am 5. Dezember ein Meilenstein gesetzt, der sich für Gold als vorteilhaft erweisen könnte: Die Prüfungs- und Rechnungslegungsorganisation für islamische Finanzinstitute (Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions, AAOIFI) führte den Scharia-Goldstandard (kurz: der Standard) ein. Mit dem Standard werden erstmals spezifische Regeln für den Einsatz von Gold als Investment in der islamischen Finanzbranche festgelegt. Bisher fehlten derartige Regeln. Dies führte zu Verwirrungen darüber, ob es islamischen Haushalten erlaubt ist, in Gold zu investieren. Wer zuvor Gold besitzen wollte, dem war dies nur in Form eines Investments in Schmuck gestattet. Entsprechend dem Standard ist es nun zulässig, in Goldminenaktien zu investieren. Dies eröffnet weltweit einem wichtigen Bevölkerungssegment, das bereits eine Neigung zum Golderwerb hat, die Möglichkeit, in Goldbarren, Goldmünzen, ETPs und Goldaktien zu investieren.

Das Jahr 2016 sollte als gewinnbringendes Jahr und als Wendepunkt für Gold in Erinnerung bleiben

Obwohl die Wertentwicklung von Gold und Goldaktien nach der US-Wahl doch eher enttäuschte, war 2016 insgesamt ein ertragsstarkes Jahr und ein wichtiger Wendepunkt für Gold-Investments. Gold legte 2016 USD 91 pro Unze bzw. 8,6 % zu und erzielte damit seinen ersten Jahreskurszuwachs seit vier Jahren. Gewinner des Jahres waren jedoch die Goldaktien. Sie verzeichneten Zuwächse von 54,4 % im GDMNTR und von 75,1 % im MVGDXJTR.

Die Gründe für die herausragende Performance der Goldaktien waren vielschichtig. Ausschlaggebend waren dabei unter anderem die folgenden Aspekte:

  • Eine Erholung des Bärenmarktes von 2015, der stark überverkauft war, setzte ein. Der Finanzsektor fiel in „Ungnade“ bei den Investoren, sodass die Bewertungen Rekordtiefstände erreichten.
  • Die Goldproduzenten beeindruckten die Investoren mit ihrer Kostenkontrolle, ihren operativen Ergebnissen und ihrer allgemeinen finanziellen Disziplin.
  • Renditehebel auf den Goldpreis

Eine so starke Performance wie im Jahr 2016 ist charakteristisch für wichtige Wendepunkte auf dem Goldmarkt. Beispielsweise legte der GDMNTR 2002 um 80 % zu, 2009 stieg der Index um 37 %.

Konsensmeinungen und kurzfristige Überreaktionen sind mit Vorsicht zu genießen

Wenn wir aus dem Jahr 2016 eines gelernt haben, dann ist es dies: Egal welcher Konsens über die Ereignisse in der Wirtschaft, in der Investmentbranche oder in der Politik im kommenden Jahr bestehen mag, er ist wahrscheinlich falsch. Dieses Jahr zeigt sich die Fed in Bezug auf die US-Wirtschaft wieder optimistisch und geht von drei Zinserhöhungen im Jahr 2017 aus. Der Markt reagierte im Dezember mit Goldverkäufen und trieb den US-Dollar in die Höhe. Die Prognosen der Fed erweisen sich jedoch selten als korrekt, sodass wir keinen Grund zu der Annahme haben, dass sich 2017 etwas ändern wird. Letztes Jahr um diese Zeit ging die Fed von vier Zinserhöhungen im Jahr 2016 aus, umgesetzt wurde jedoch nur eine.

Die „Flitterwochen“ mit Donald Trump haben den Aktienmarkt zum Erblühen gebracht. Die Finanzmedien stellen bereits den Sekt kühl für den Fall, dass der Dow Jones Industrial Average (DJIA) die Marke von 20.000 Punkten nehmen sollte. Auf dem Aktienmarkt macht sich der Konsens in Bezug auf solides Wirtschaftswachstum bemerkbar. Die Trump-Administration hat sicherlich das Potenzial, wachstumsfördernde politische Maßnahmen zu ergreifen. Der Markt scheint jedoch viele potenzielle Risikofaktoren zu ignorieren, die auf die neue politische Führungsriege zukommen könnten. Dazu gehören die beabsichtigte Veränderung von Handelsabkommen, die Einwanderungspolitik, die Demokraten und die sogenannten ‚deficit hawks‘ (politische umgangssprachliche Bezeichnung für Befürworter eines Defizit getriebenen Wachstums) im Kongress, die Staatsverschuldung sowie und eine Zinsstraffungspolitik der Fed. Weiterhin könnten sich Entscheidungen und Entwicklungen in China oder Russland, Zwistigkeiten in der EU und der Konflikt im Nahen Osten auf die Arbeit der Regierung auswirken. Wir sind überzeugt, dass viele dieser Risiken 2017 in Erscheinung treten und die positive Einstellung zum Aktienmarkt und zum US-Dollar zugunsten von Gold umkehren werden.

Grundsteinlegung für einen langfristigen Bullenmarkt

Im Jahr 2016 sahen wir Gold im Aufwärtstrend und vertraten die Ansicht, Gold sei auf dem Weg zu einem neuen Bullenmarkt. Diese Meinung beruhte u.a. auf folgenden Grundlagen: eine für Friedenszeiten beispiellosen Staatsverschuldung und geldpolitische Maßnahmen, etwa die Lockerung der Geldpolitik (Quantitative Easing), sowie den Negativzinsen, die zu Marktverzerrungen und systemischen Risiken führen. Obwohl wir bei der Prognose eines neuen Bullenmarktes für Gold etwas voreilig waren, sind wir nach wie vor der Meinung, dass diese Risiken den Goldpreis letztlich auf neue Höchststände treiben werden. Die Wende auf den Märkten nach den US-Präsidentschaftswahlen hat uns allerdings völlig überrascht. Die positive Einstellung gegenüber Gold erwies sich als nicht stabil und der Markt scheint einen eindeutigeren Beweis dafür zu benötigen, dass die von uns vorhergesehenen Risiken in der Tat sehr bald eintreten könnten.

Wir sehen 2016 und 2017 nunmehr als eine Phase, in der eine Basis für Gold geschaffen wird, die vermutlich eine Vorstufe zu einem Bullenmarkt darstellt. Der Bärenmarkt-Trend der Jahre 2011 bis 2015 wurde eindeutig gebrochen. Das Jahr 2016 hat uns gezeigt, dass Investoren systemischen Finanzrisiken zunehmend nervös betrachten.

Die folgende Grafik veranschaulicht, wann in der Vergangenheit vergleichbare Marktbedingungen für Gold herrschten. Gold hat eine starke negative Korrelation mit dem Dollar. Dies zeigt sich an den Höchst-und Tiefstpreisen in der Gold-Grafik, die grob mit den Tiefen und Höhen der US-Dollar-Grafik korrelieren. Der US-Dollar befindet sich seit 2011 in einem Bullenmarkt, der in seinem Ausmaß mittlerweile mit den Hausse-Zeiten der frühen 1980er- und der späten 1990er-Jahre vergleichbar ist. Alle diese Phasen entsprechen einem Bärenmarkt für Gold. Als der Dollar sich 1985 und 2001 seinen Höchstständen näherte, bildete Gold einen Double Bottom (eine Doppelboden-Formation) aus, bevor es auf neue Bullenmärkte zusteuerte. Im Jahr 1985 nahm der Goldpreis Anlauf für einen zyklischen Bullenmarkt innerhalb einer langjährigen strukturellen Baisse. Im Jahr 2001 begab sich der Goldkurs in einen historischen säkularen Haussezyklus.

Historische Betrachtung Goldpreis und U.S. Dollar

goldpreis

Aus heutiger Sicht scheint es, als hätte Gold im Dezember 2015 sein erstes Tief in dieser Phase verzeichnet. Allerdings bleibt unklar, ob das zweite Tief in dem Doppelboden-Szenario im Dezember 2016 erreicht wurde, oder ob eine weitere Schwächung zu erwarten ist. Jedenfalls scheint Gold eine Basis zu bilden. Die historische Betrachtung legt nahe, dass das Abwärtspotenzial begrenzt ist.

Joe Foster ist Gold Strategist bei VanEck Securities Corporation