20. Oktober 2020

Gesundheitsaktien im Boom: Welche Indexfonds lohnen sich?

Zu den Gewinnern der Coronakrise zählt die Gesundheitsbranche. Gesundheitsaktien boomen geradezu. Lohnt sich der Einstieg noch? Und welche ETFs sind interessant?

Die Gesundheitsbranche geht als Gewinner des ersten Quartals 2020 hervor und erlebt regelrecht einen Boom. Viele Anleger haben durch die Covid-19-Pandemie einen konventionellen Wirtschaftszweig als Investment-Case neu entdeckt: Gesundheitsaktien!

Ein Blick auf die Entwicklung des MSCI-World verrät, dass der Sektor im ersten Quartal um lediglich 10,80 Prozent gefallen ist, während der gesamte Index eine Negativperformance von 20,1 Prozent hingelegt hat. Doch die Entwicklung wirft auch Fragen nach seiner Widerstandsfähigkeit auf.

Vor welchen Herausforderungen steht die Branche?

Der Sektor steht aktuell vor zahlreichen Herausforderungen, die es vor einem Investment in Gesundheitsaktien zu bedenken gibt.

Schließung von Arztpraxen

Vielerorts sahen sich Ärzte gezwungen aus Kostengründen ihre Praxen zu schließen, da Patienten Angst vor Infektionen haben. Auch Tierärzte und andere medizinische Einrichtungen sind von den Auswirkungen betroffen. Dies schmälert nicht nur deren Erträge, sondern reduziert ebenfalls die Nachfrage nach Medikamenten.

Verschiebung von Behandlungen und Einnahmequellen

Lukrative Einnahmequellen (Operationen, moderne Diagnostikverfahren etc.) werden von medizinischen Einrichtungen aktuell zugunsten der Behandlung von Covid-19-Patienten zurückgestellt. Auch die Zahl der Notfälle ist aufgrund der Infektionsängste stark zurückgegangen. Menschen fahren weniger Auto, treiben weniger Sport im Freien und fahren weniger Fahrrad, weil sie zu Hause bleiben müssen. Insbesondere Krankenhäuser werden – trotz staatlicher Hilfeleistungen – noch sehr lange mit den Folgen der Krise zu kämpfen haben.

Forschung fokussiert sich auf Covid-19-Impfstoff

Die Forschung der Pharma-Konzerne fokussiert sich aktuell zu 100 Prozent auf die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes. Die Mehrheit der finanziellen und personellen Ressourcen wird aus dem Grund gebunden. Das hemmt die Innovation in anderen Bereichen. Fraglich ist zudem, wer sich in den Wettbewerb letztlich durchsetzen und wie profitabel ein entsprechendes Mittel sein wird.

Interessant ist zudem, dass kaum ein Unternehmen aus dem Gesundheitssektor eine Prognose für die kommenden sechs Monate abgeben kann. Dennoch bin ich mir sicher, dass der Nachfrageeinbruch für die Branche nicht von Dauer sein wird. Hier sind ein langer Atem und Geduld bei Anlegern gefragt.

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Die Branche bleibt auf Wachstumskurs

Unabhängig von der Pandemie verzeichnen Pharma- und Healthcare ein starkes Wachstum. Das liegt unter anderem am demografischen Wandel. Ob in den USA oder in Europa – der größere Anteil an älteren Menschen bedeutet eine steigende Nachfrage nach medizinischen Produkten und Dienstleistungen.

Besonders spannend ist, dass bereits jeder vierte Einwohner in Europa 60 Jahre oder älter ist. In den USA werden rund 10.000 Menschen aus der Generation Baby-Boomer jeden Tag 65 Jahre alt. Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich in Asien, wo China mit ihrer Ein-Kind-Politik einen wesentlichen Beitrag leistet.

Auch die steigende Lebenserwartung ist ein Wachstumstreiber der Pharma-Branche. Darüber hinaus entstehen durch den Einsatz moderner Technologien (Robotics, künstlicher Intelligenz, Big Data etc.) viele neue Ansätze zur Behandlung von Krankheiten, die bislang als unheilbar galten. Die Anbieter können oft auch relativ einfach höhere Margen durchsetzen. Da ist es kein Wunder, dass die Gewinne im Gesundheitssektor langfristig stärker gewachsen sind als in jeder anderen Branche.

Gesundheitsaktien haben sichere Geschäftsmodelle

Während beispielsweise Luxusgüter in Krisenphasen weniger nachgefragt werden, bleibt die medizinische Versorgung von Nachfrageeinbrüchen meist nur temporär betroffen. Kurzfristig können Behandlungen verschoben werden – irgendwann werden sie jedoch nachgeholt. Und wer auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen ist, wird dies in der Krise nicht unterbrechen.

Die Covid-19-Pandemie hat bereits heute ein starkes Umdenken angestoßen. Das Bewusstsein für die eigene Verletzlichkeit und Gesundheit ist bei vielen Menschen gestiegen. Die Nachfrage nach Produkten, die das eigene Immunsystem stärken oder sonstigen medizinische Präparaten, wird von diesem Trend angefeuert. Auch Krankenhäuser müssen in diesen schwierigen Zeiten ausreichend Arzneimittel auf Lager haben.

Nicht alles auf eine Karte setzen

Privatanleger können ohne Zweifel in Einzelaktien investieren. Die Favoriten sind aktuell: Gilead, UnitedHealth, Sanofi, BioNTech oder auch Drägerwerk. Zwar bieten diese Unternehmen hohe Renditechancen, die Risiken sollten Sie jedoch nicht unterschätzen.

Die Entwicklung eines Pharma-Unternehmens ist stark von der Wirksamkeit ihrer Produkte abhängig. Aktuell wird sehr viel Hoffnung in die Forschungsreise dieser Unternehmen gesteckt – doch Rückschläge kann es bei den strengen Zulassungsverfahren immer geben. Ich rate davon ab, allein aus reiner Hoffnung zu investieren. Die Profitabilität eines entsprechenden Medikaments dürfte sehr bescheiden ausfallen.

Aus dem Grund sollten Anleger auf breit gestreute ETFs auf den Gesundheitssektor setzen, um unternehmensspezifische Risiken zu reduzieren und von der Gesamtentwicklung zu profitieren. Da die Gesundheitsbranche sehr breit gefächert ist, bewegen sich nicht immer alle Aktien in die gleiche Richtung. Beispielsweise könnten Vorschriften, die speziell für Medizinproduktehersteller gelten, diese Unternehmen belasten, aber keine Auswirkungen auf die Pharma-Aktien haben.

Welche ETFs lohnen sich für Privatanleger?

Eine breite Diversifikation war noch nie wichtiger – auch in dieser Branche. Kostengünstige Indexfonds sind deshalb eine gute Wahl. Nachfolgend stelle ich Ihnen vier ETFs vor, mit denen Privatanleger von der Entwicklung des Gesundheitssektors profitieren können.

SPDR MSCI Europe Health Care

Der SPDR MSCI Europe Health Care ETF (WKN: A1191S) investiert in Aktien aus dem europäischen Gesundheitswesen. Er ist etwas breiter aufgestellt als andere ETFs in dieser Liste, hat aber einen klaren Branchenschwerpunkt: Gut zwei Drittel seines Vermögens sind in Pharma-Unternehmen investiert, knapp zwölf Prozent in Biotechnologiefirmen.

Hersteller von Geräten für Diagnostik und medizinische Behandlung sowie Anbieter von Gesundheitsleistungen runden das Portfolio ab. Die Branche hat ausgezeichnete Zukunftsaussichten, weshalb der ETF für die meisten Anleger einen Blick wert ist.

XTrackers MSCI World Health Care

Der Xtrackers MSCI World Health Care ETF (WKN: A113FD) bildet die Wertentwicklung des MSCI-World-Health-Care-TotalReturn-Net-Index ab. In diesem Index enthalten sind Gesundheitsaktien aus allen 23 Industrieländern. Zu den größten Positionen gehören bekannte Pharma-Unternehmen wie Johnson & Johnson, Roche, Pfizer, Merck und Novartis.

Trotz seines globalen Anlageuniversums hat der Fonds einen klaren geografischen Schwerpunkt – und zwar in den USA, die zwei Drittel des Portfolios ausmachen. Die breite Diversifikation macht diesen Index besonders für Einsteiger attraktiv.

Invesco NASDAQ BioTech

Dieser ETF (WKN: A12CCJ) verfolgt das Ziel, die Wertentwicklung des NASDAQ-Biotechnology-Index abzubilden. Im Vergleich zu anderen ist dieser ETF sehr stark auf BioTech-Unternehmen konzentriert. Das gibt Privatanlegern zwar die Möglichkeit höhere Renditen zu erzielen, jedoch steigt durch die hohe Konzentration auch das Risiko.

Da der Markt jedoch attraktive Wachstumschancen bietet, eignet sich dieser ETF in jedem Fall als Beimischung in einem ausgewogenen Portfolio. Auf Sicht von drei Jahren konnte der Fonds zehn Prozent pro Jahr zulegen – und im Corona-Jahr 2020 liegt der ETF mit über zehn Prozent ganz weit vorn.

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Fazit

Trotz der Risiken ist eine Beimischung von ETFs mit Gesundheitsaktien eine sinnvolle Ergänzung für das Portfolio. Es gibt – neben der Covid-19-Pandemie – ausreichend Wachstumstreiber und Innovationskraft, die sich zukünftig positiv auf die Ertragslage der Unternehmen auswirken wird.

Der Gesundheitssektor unterliegt nicht den klassischen Marktrisiken, da die meisten Produkte und Dienstleistungen der Grundversorgung angehören, die Menschen immer brauchen – unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation. Das verschafft der Branche langfristig eine relativ hohe Stabilität.