Finanzielle Vorsorge in den 50ern: Wie sich das noch lohnen kann
Viele Menschen, die heute Mitte oder Ende 50 sind, möchten nicht erst mit 65 oder 67 in den Ruhestand gehen. Und können es sich leisten, weniger zu arbeiten. Auch wer nicht in jungen Jahren an die Vorsorge gedacht hat, hat noch Zeit. Doch gilt das auch für künftige Generationen?
Mit über 50 sind viele Menschen in Deutschland beruflich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, sind überwiegend gesund und fit sowie finanziell gut aufgestellt. Der oder die eine oder andere schaut jetzt schon mal zurück und nach vorn: Was habe ich erreicht? Was will ich noch erreichen? Aber auch: Reicht meine Rente? Kann ich sogar früher als gesetzlich geregelt in den Ruhestand? Reicht meine Altersvorsorge?
Altersvorsorge – wer früh angefangen hat, hat schon Vermögen. Dann ist der Druck deutlich geringer als „früher“. Aber auch mit 50 ist noch Zeit dafür, wenn die ehrliche Bestandsaufnahme ergibt, dass die Rente bzw. private Vorsorge (noch) nicht für später reicht.
Bestandsaufnahme ist wichtig
Wichtig ist die Bestandsaufnahme: Reicht meine gesetzliche Rente oder meine private Vorsorge, um meine persönlichen Bedürfnisse zu decken? Und wie hoch sind die Kosten, um auskömmlich zu leben? 80 Prozent vom letzten Netto-Einkommen sind, so sagen Expert:innen, eine realistische notwendige Größe für den Ruhestand. Das aktuelle Rentenniveau in Deutschland liegt bei 48 Prozent.
Diese Rentenlücke wird ebenso häufig unterschätzt wie unsere Lebenserwartung. Wer vor 1964 geboren wurde, geht offiziell mit 65 Jahren in den Ruhestand, alle anderen mit bis dato 67 Jahren. Somit haben wir noch viele Jahre vor uns. Frauen werden in Deutschland im Schnitt 83,6 Jahre alt, Männer 78,9. Doch nach einer Studie der Swiss Life haben nur 43 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer in Deutschland eine private Vorsorge. Hinzu kommt: Wer seit 2005 in den Ruhestand geht, muss die Alterseinkünfte mehr und mehr versteuern.
Nach dem Alters-Einkünfte-Gesetz steigt seit 2005 der Besteuerungsanteil für die Rente jährlich um zwei Prozentpunkte, seit 2021 um einen Prozentpunkt pro Jahr. Das bedeutet, dass alle, die ab 2040 in den Ruhestand gehen, ihre gesetzliche Rente voll versteuern müssen. Lediglich eine Pauschale von 102 Euro für Werbungskosten zieht das Finanzamt ab.
Immerhin wird Familienarbeit angerechnet: Ist ein Kind vor 1992 geboren, werden pro Kind zweieinhalb Jahre Kindererziehungszeiten gutgeschrieben. Ist ein Kind nach 1992 geboren, gelten bis zu drei Jahre. Für die Zeit der Erziehung wird der oder die Erziehungsberechtigte so gestellt, als hätte er bzw. sie Beiträge in der Höhe des Durchschnitts aller Versicherten gezahlt. Voraussetzung dafür sind mindestens fünf vorhandene Rentenpunkte.
Nach Studien braucht man als Basis das 25-fache der jährlichen Ausgaben als Sparsumme. Pauschalen sind zwar immer schwierig, aber wenigstens ein Anhaltspunkt. Ein Beispiel: Bei monatlichen Ausgaben von 1.500 Euro, sind das pro Jahr 18.000. Multipliziert mit 25 braucht man eine Sparsumme von 450.000 Euro, um nicht mehr arbeiten zu müssen.
Vorsorge-Strategie mit Dividenden
Mit einer langfristigen Dividenden-Strategie als einem von vielen Beispielen für die Geldanlage, lässt sich hier viel erreichen. Zunächst gilt es, nach den GICS-Kriterien, dem Global Industry Classification Standard, verschiedene Branchen auszuwählen. Dazu gehören IT, Finanzen, Nicht-Basiskonsumgüter, Industrie, Gesundheit, Basiskonsumgüter, Rohstoffe, Energie, Versorger und Immobilien.
5 bis 6 Sektoren mit 2 bis 3 Aktien genügen. Daraus ergibt sich ein vernünftiges Maß an Diversifikation, welche für die Geldanlage unerlässlich ist. Zugleich ist es im aktuellen Umfeld sinnvoll, die Inflation zu berücksichtigen. Hier eignen sich vor allem krisenerprobte Unternehmen, die mit Inflation und Energiepreissteigerungen umgehen können, weil sie eine Preissetzungsmacht haben, die wachsen, profitabel sind und möglichst Marktführer in einer attraktiven Branche. Zugleich sollten sie fair bewertet sein und Dividenden zahlen.
Dividenden als langfristiger Baustein zur Kapitalanlage sind sinnvoll, weil Dividendenzahler überwiegend solide Unternehmen sind und sie eine Motivation zur Geldanlage sind. Auch lassen sich diese Strategien vergleichsweise einfach umsetzen. Sie reichen aber als alleiniges Kriterium nicht aus, weil die Entscheidung für eine Aktie von vielen Faktoren abhängt. Grundsätzlich sollten immer Geschäftsmodell und Qualität, Wachstum und Perspektiven beachtet werden. Mit ETFs lassen sich Dividenden-Strategien einfach umsetzen.
Erfolgreiche Dividenden-ETFs
ExtraETF.com listet 40 Dividenden-ETFs auf, die mindestens 100 Millionen Euro groß sind, mindestens drei Jahre am Markt sind. Sie haben Gesamtkostenquoten (TER) pro Jahr zwischen 0,25 und 0,65 Prozent. Über drei Jahre schneiden am besten ab:
WisdomTree US Quality Dividend Growth UCITS ETF (Acc) (WKN: A2AGPV) mit einer Performance von 53 Prozent.
Die ETFs Fidelity US Quality Income ETF (Dist) (WKN: A2DL7C) und Fidelity US Quality Income ETF (Acc) (WKN: A2DL7D) sind mit jeweils 52,1 Prozent auf Platz 2.
Der SPDR S&P US Dividend Aristocrats UCITS ETF (WKN: A1JKS0) folgt mit 47,2 Prozent Performance auf Platz 3.
Mit 50 schon für den Ruhestand planen
Doch ob Dividenden oder eine andere Anlage-Strategie: Was ist mit Mitte 50 bis zum Rentenbeginn mit Mitte 60 erreichbar?
Zum Beispiel können Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer:innen unterstützen, etwa mit der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Dabei erhalten Berufstätige Zuschüsse vom Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin und zusätzliche Entlastungen durch den Staat. Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten: Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung. Sie unterscheiden sich in Rendite, Risiko und bürokratischem Aufwand. Steuerberater sollten da bei der Auswahl helfen.
Grundsätzlich funktioniert eine bAV so, dass man auf einen Teil des Gehaltes verzichtet und in die bAV einzahlt. Maximal 6.788 Euro sind – Stand 2022 – davon steuerfrei. Bei der Auszahlung sind Betriebsrenten allerdings steuer- und sozialversicherungspflichtig.
Private Vorsorge, wie sie etwa durch Investments an der Börse zusammengekommen ist, muss allerdings ebenfalls versteuert werden. Allerdings muss man„lediglich“ auf die Erträge der Kapitalanlagen (Zinsen, Dividenden) Steuern zahlen.
Tipp: So baust du dir ein ETF-Weltportfolio mit Dividendenaristokraten. |
Auszahlungsmöglichkeiten für später
Nichtsdestotrotz, private Vorsorge tut Not. Wer Geld zurückgelegt hat, kann es sich später monatlich auszahlen lassen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Sofortrente: Eine Versicherungsgesellschaft zahlt eine lebenslange Rente abhängig davon, wie viel und wie lange man einen regelmäßigen Betrag eingezahlt hat. Es gibt Garantien und Überschussbeteiligungen. Aber die schwanken. Und eine Untersuchung der Stiftung Warentest im Jahr 2020 hat ergeben, dass keine der 21 getesteten Gesellschaften gute Ergebnisse nach Rentenhöhe, Anlageerfolg und Transparenz erzielt hat.
Eine Rente gegen Einmalzahlung gibt Planungssicherheit. Sie lohnt sich aber vor allem, je älter man wird. Die Alternative wäre ein Auszahlplan Hier wird die Sparsumme durch eine geschätzte Zahl an Jahren bzw. Monaten geteilt. Bei einem Auszahlplan wird ein steuerlicher Freibetrag von 810 Euro für Singles und 1602 Euro für Verheiratete gewährt, der ab dem Jahr 2023 auf 1000 bis 2000 Euro steigt. Oberhalb dieser Grenzen wird Abgeltungssteuer fällig und ggf. Kirchensteuer.
Eine dritte Variante wäre ein Mix aus Sicherheit und Rendite. Eine Kombination aus Sofortrente und Auszahlplan. Die mögliche Lösung wäre hier, dass man zunächst das Gesparte monatlich ausbezahlt bekommt und nach einigen Jahren mit dem übrigen Betrag in die Sofortrente einsteigt. Denn die Auszahlungen fallen bei den Versicherungen umso höher aus, je später man mit einer Sofortrente beginnt.