21. September 2016
BEdeutung der Emerging Markets steigt stetig

Emerging Markets: Bedeutung für den Weltmarkt steigt stetig

Die Sommerolympiade in Brasilien war ein Schaufenster für die Kehrseiten des damaligen Wachstums wie Korruption, politische Instabilität, Strukturprobleme oder eine hohe Rohstoffabhängigkeit. Brasilien dürfte für die Herausforderungen zahlreicher anderer Schwellenstaaten stehen. Trotzdem sollten Anleger auch die langfristigen Chancen solcher Emerging Markets-Investments nicht außer Acht lassen.

Und dass sich solche Investments auch in einigen Fällen kurzfristig lohnen können, zeigt Brasilien selbst. So gehören ETFs auf brasilianische Aktien trotz der Amtsenthebung von Brasiliens ehemaliger Regierungschefin Dilma Rousseff, der Gefahr durch den Zika-Virus sowie der beschriebenen weiteren Probleme zu den bestperformenden Produkten seit Jahresbeginn mit Renditen von mehr als 50 Prozent (Stand: September). Ein häufig von Experten genannter Grund für den vermeintlich unerklärlichen Aufwärtstrend: An der Börse wird die Zukunft gehandelt. Es kann also nur besser werden. Die Amtsenthebung von Dilma Rousseff signalisiert zumindest einen ersten Schritt hin zu dringend notwendigen Wirtschaftsreformen.

Auch russische Aktien wieder im Aufwärtstrend

Wieder steigende Rohstoffpreise vor allem bei Rohöl trieben zudem die Aktien russischer Unternehmen. Zudem kommt es wieder zu einer ersten zaghaften politischen Annäherung des Westens an Russland. Der östliche Nachbar wird gebraucht, um die zahlreichen internationalen Konflikte vor allem im Nahen Osten zu lösen. Und da an der Börse die Zukunft gehandelt wird, erhoffen sich Anleger davon eine Lockerung der wirtschaftlichen Sanktionen und neue Impulse für Exportunternehmen. ETFs auf russische Aktien legten so seit Jahresbeginn knapp 24 Prozent (Stand: September) zu. Auch Aktien aus den Philippinen (+6,5 Prozent) und der Türkei (3 bis 5 Prozent) behaupteten sich seit Jahresbeginn gut.

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Anleger investieren wieder vermehrt in Emerging Markets

Kein Wunder also, dass so mancher Anleger wieder verstärkt die Schwellenländer als mögliche Anlageregion wiederentdeckte. Allein im März flossen knapp 37 Mrd. US-Dollar zurück in die Emerging Markets. Auch ETF-Anleger setzten dabei wieder auf Schwellenstaaten. Seit Jahresbeginn flossen laut dem Global ETP Landscape-Report von Black Rock bis Ende April 11,5 Mrd. USD in diese Regionen. Allerdings ist die Summe im Vergleich zu den Abflüssen des Vorjahres noch sehr gering. So flossen im vergangenen Jahr nach Schätzungen rund 730 Mrd. USD aus Emerging Markets ab. Allein aus Emerging Markets-ETFs flossen bis zum Vergleichszeitraum Ende April 13,7 Mrd. USD.

Die Gründe für die damalig erhöhten Nettomittelabflüsse sind vielfältig. Zum einen zogen viele Anleger ihr Geld aus diesen Märkten ab angesichts der angekündigten US-Zinserhöhung. In solch einer Situation werden US-Anleihen für Investoren wieder attraktiver. Zudem sind zahlreiche Staaten und Unternehmen stark in US-Dollar verschuldet, da sie sich während des Zinstiefs weit billiger in den USA Geld leihen konnten als in ihren Heimatländern. So beträgt die Schuldenlast von Entwicklungs- und Schwellenländern laut dem Schuldenreport der Wohltätigkeitsorganisation MISEREOR satte 5,4 Billionen US-Dollar. Mit steigender USD-Verzinsung erhöhen sich die Finanzierungsrisiken. Hinzu kommt die wirtschaftliche Abschwächung in vielen der genannten Emerging Markets, allen voran in China.

Auch sinkende Rohstoffpreise belasteten die Unternehmensbilanzen und Staatshaushalte rohstoffreicher Staaten wie Russland, Venezuela, Südafrika oder Brasilien. Hinzu kamen zahlreiche politische Unsicherheiten im Nahen Osten, in der Ukraine und anderen Regionen.     Zahlreiche der Probleme sind noch nicht gelöst. Eine schon baldige US-Zinserhöhung könnte die Unsicherheit wieder erhöhen und zu abermaligen Rückflüssen führen. Allerdings gehen inzwischen zahlreiche Marktteilnehmer von einer moderaten US-Zinserhöhung in Minischritten aus. Für Entlastung sorgt auch die Erhöhung der Rohstoffpreise der vergangenen Monate. Auch eine harte Landung von Chinas Wirtschaft schließen inzwischen zahlreiche Marktteilnehmer aus.

Größter Unsicherheitsfaktor im Reich der Mitte dürften allerdings die zahlreichen faulen Kredite der Schattenbanken sein. Wie die vergangenen Monate zeigten, agiert die chinesische Regierung sehr besonnen und vorsichtig. So hat sie die geldpolitischen Rahmenbedingungen gelockert und geht gleichzeitig gegen Spekulanten vor, die den Renminbi für Leerverkäufe verwenden.

Trotz Risiken – Bedeutung der Emerging Markets für den Weltmarkt steigt stetig

Investoren sollten sich bewusst sein, dass nur mit einem breit diversifizierten Portfolio über alle Anlagestrategien, -klassen und auch -regionen hinweg langfristig ein Anlageerfolg zu erzielen ist. Dazu gehören auch die Schwellenländer, deren Bedeutung für die Weltwirtschaft kontinuierlich steigt. Das liegt vor allem auch an den nach wie vor unterschiedlich hohen Wachstumsraten. So prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF) für die Industriestaaten im laufenden Jahr ein Wachstum von durchschnittlich 1,9 Prozent (Deutschland: 1,6 Prozent), die Schwellenländer werden hingegen um durchschnittlich 4,1 Prozent wachsen.

Das ist zwar deutlich weniger als noch vor einigen Jahren, aber trotzdem besteht das Wachstumsgefälle weiter. Unter kaufkraftparitätischer Betrachtung wuchs allein seit dem Jahr 2000 der Anteil der Schwellenstaaten an der globalen Wirtschaftsleistung von 43 auf nunmehr 57 Prozent. Unter Einbeziehung der Kaufkraftunterschiede entfällt immerhin ein Viertel auf die Emerging Markets. Im Jahr 2000 waren es gerade einmal 14 Prozent. Dieser Trend dürfte anhalten. Lebte in den 80er Jahren noch rund ein Viertel der Erdbevölkerung in den Industriestaaten, so sind es mittlerweile nur noch 17 Prozent. Aufgrund der demographischen Entwicklung dürfte sich dieser Trend noch verstärken.

Während nach Meinung von UN-Bevölkerungsforschern der Anteil Europas, aber auch Asiens an der Weltbevölkerung aufgrund niedriger Geburtenraten sinken wird, explodiert das Wachstum Afrikas. So soll die Bevölkerung dort von derzeit 1,2 Mrd. auf dann 4,8 Mrd. im Jahr 2100 wachsen. Damit steigt auch die Zahl der Erwerbslosen und auch der Mittelschicht automatisch. Und dieser Prozess ist bereits im vollen Gange. So wuchs die Zahl der Haushalte im mittleren Einkommensbereich allein in den vergangenen zwei Jahren in den neun wichtigsten Schwellenländern (China, Brasilien, Indien, Russland, Mexiko, Indonesien, Saudi-Arabien, Südafrika und Türkei) um fast 100 Millionen. So das Ergebnis des, „Emerging Consumer Survey“ der Credit Suisse. Dies wird sicherlich nicht nur Vorteile bringen, denn die hohe Anzahl der neuen Erdenbürger – bis zum Jahr 2100 soll die Bevölkerung auf unserem Planeten von derzeit 7,3 auf dann 11 Mrd. anwachsen – muss ausgebildet werden, die Infrastruktur in den Ländern muss entsprechend angepasst werden. Verteilungskämpfe um wertvolle Ressourcen und damit auch der Druck auf Europa dürften zunehmen, denn bereits schon jetzt können viele afrikanische Staaten ihre Bevölkerung nicht ernähren. Trotz allem ist eine Verschiebung der globalen Weltwirtschaft angesichts dieser demographischen Entwicklung unausweichlich.

Hinzu kommt der Rohstoffreichtum zahlreicher Emerging Markets-Staaten. Wenn die Weltwirtschaft auch in den Industriestaaten wieder anspringt, wächst damit auch der Bedarf an Rohstoffen, die Einnahmen der Emerging-Staaten steigen dann wieder. Besonders jene Schwellenstaaten werden davon profitieren, welche die Einnahmen für den Ausbau ihrer Infrastruktur nutzen, Strukturreformen durchführen, Korruption bekämpfen, in Bildung sowie Forschung investieren, für einen sozialen und politischen Frieden im Lande sorgen und sich nicht im Ausland überdurchschnittlich verschulden. Kriterien, die auch im Mittelpunkt der Anlagebetrachtung vor dem Kauf von Emerging-Markets-Investments stehen sollten.