Aktienkurse: Sehen wir derzeit zu viel Optimismus im S&P 500?
Die jüngsten Kursrücksetzer scheinen längst vergessen zu sein. Beim S&P 500 triumphiert längst wieder der Optimismus. Zu viel des Guten?
Noch vor wenigen Wochen dürfte dir der Blick in dein Depot weniger Spaß gemacht haben. Die Abwärtsbewegung im Juli und August wurde von vielen als Reaktion auf verhaltene Konjunkturdaten interpretiert. „Doch schnell zeigte sich: Der eigentliche Auslöser war Liquiditätsentzug durch die Auflösung von Carry-Trades zwischen Dollar und Yen“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer von Vates Invest. Doch obwohl auf dieser Seite noch keinerlei Entspannung eingetreten sei, notiere der S&P 500 wieder optimistisch hoch. Mit entsprechendem Rückschlagpotenzial. Doch selbst, falls es dazu kommen sollte, solltest du entspannt bleiben und vielleicht sogar nachkaufen, sofern du auf breit streuende ETFs setzt.
Zur Erklärung: Ein Carry-Trade ist eine beliebte Handelsstrategie, bei der Anleger Kapital in einer Währung mit niedrigem Zinssatz aufnehmen (z.B in Yen), um es in einer Währung mit höherem Zinssatz anzulegen (beispielsweise US-Dollar).
S&P 500: Deshalb müssen Dollar-Assets verkauft werden
„Im Juli und August haben wir eine Mini-Crash-artige Abwärtsbewegung gesehen, die in der Spitze etwa 8,5 Prozent nach unten führte“, so Bente. „Da war auch viel Panik im Spiel, doch seither wurde die Abwärtsbewegung v-förmig wieder aufgeholt.“ Das sei jedoch verwunderlich, denn die Ursache sei in keiner Weise verschwunden: Sie liege in der Rückabwicklung der Dollar-Yen-Carry-Trades in dieser Zeit. „Vorher hat man sich in Yen günstig verschuldet und dann in Dollar investiert“, so Bente. „Wird das jetzt rückabgewickelt, die Schulden also getilgt, dann müssen Dollar-Assets in großem Stil verkauft werden.“
Kursrücksetzer war nicht nur Datengetrieben
Insofern handelte es sich nicht um eine Abwärtsbewegung, die von den tatsächlich in dieser Zeit hereinkommenden, etwas schwächeren Konjunkturdaten getrieben wurde. „Diese Daten haben das negative Sentiment nur verstärkt“, sagt Bente. Ursächlich war der Liquiditätsentzug, ausgelöst durch die Veränderung im Dollar-Yen-Wechselkurs, der die Carry-Trades weniger attraktiv machte. Doch dieser Wechselkurs hat sich seither gar nicht wesentlich verändert.
Dollar und Yen
„Schaut man sich an, wie sich seit den Tiefpunkten im August das Verhältnis zwischen Dollar und Yen entwickelt hat, zeigt sich, dass es in keiner Weise eine positive Entwicklung im Währungspaar gegeben hat“, sagt Bente. „Hier gab es eine kurze Gegenbewegung, der Wechselkurs ist aber schon wieder auf den Tiefs zurück.“ Und damit auf die Stände, die den Mini-Crash ausgelöst haben und die den S&P 500 acht Prozent nach unten drückten.
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Der S&P 500 dagegen hat seine Verluste bereits wettgemacht und notiert nahe den alten Hochständen. „Das sollte logischerweise bedeuten, dass die Ursache verschwunden ist“, sagt Bente. Doch das ist sie nicht, der S&P ist dem Dollar-Yen-Kurs vielmehr vorausgelaufen, der aber nicht hinterherkam. Somit drohe jederzeit eine erneute Abwärtsbewegung im S&P 500, sollte es wieder zu einem Abrutschen im Dollar-Yen-Wechselkurs kommen, zumal die Fallhöhe durch das Ansteigen der Aktienmärkte deutlich größer geworden ist. War der Anstieg also nur eine optimismusgetriebene Eintagsfliege? „Bekommt der positiv gestimmte Markt nicht recht, kann das der Auftakt zu einer größeren Gegenbewegung sein“, so Bente.