Was eine ETF-Fondsschließung bedeutet und welche Punkte du beachten musst.
Seit ihrer Geburtsstunde im Jahr 2000 erfreuen sich ETFs auch in Europa einer zunehmenden Beliebtheit. Mit der steigenden Nachfrage steigt auch das ETF-Angebot. Nahezu wöchentlich kommen neue ETFs hinzu. Doch oft können diese ETFs die Erwartungen der Anbieter nicht erfüllen – es droht eine Fondsschließung. In der Zukunft wird es daher wohl zu Bereinigungen der Produktpaletten kommen und ETFs mit einem niedrigen Fondsvolumen könnten geschlossen werden.
In diesem Beitrag klären wir, was eine Fondsschließung für Anlegerinnen und Anleger bedeutet und wie diese vermieden oder rechtzeitig erkannt werden können.
Das Wichtigste in Kürze:
Das musst du über ETF-Fondsschließungen wissen
Kein Totalverlust: Fondsschließungen sind unangenehm, führen aber in der Regel zu keinem wirtschaftlichen Schaden für Anlegende.
Gründe: Manche ETFs erreichen nicht das notwendige Fondsvolumen, um profitabel geführt zu werden. Diese ETFs werden dann vom Markt genommen.
Ablauf: ETFs können durch eine Fondsfusion oder eine Liquidation aufgelöst werden. Am häufigsten wird die Liquidation angewendet.
Steuer: Die steuerliche Behandlung variiert je nach Art der Fondsschließung. ETF-Anbieter versuchen Nachteile für die Anlegenden möglichst gering zu halten.
Warnsignale: Es gibt im Vorfeld klare Signale, anhand derer eine Fondsschließung erkannt werden kann. Ein niedriges Fondsvolumen ist das wichtigste.
Was passiert, wenn ein ETF geschlossen wird?
Was passiert, wenn ein ETF geschlossen wird?
Wenn ein ETF geschlossen wird, verlieren Anlegerinnen und Anleger nicht das investierte Kapital. Eine Fondsschließung kommt auch nicht überraschend, da es einige Anzeichen gibt, die eine bevorstehende Schließung andeuten. Die ETF-Anbieter kündigen eine Fondsschließung im Voraus an. Die depotführende Stelle leitet diese Information dann an ihre Kundinnen und Kunden weiter, was in der Regel 1-2 Monate vor der eigentlichen Fondsschließung geschieht. So bleibt genug Zeit sich mit der Situation zu beschäftigen.
Warum kommt es zu Fondsschließungen?
Warum kommt es zu Fondsschließungen?
Nicht jeder ETF, der auf den Markt kommt, kann nach einer bestimmten Zeit, die auf das Produkt gesetzten Erwartungen erfüllen. Um einen ETF wirtschaftlich zu betreiben, benötigt der ETF mindestens 50 Mio. – 100 Mio. Euro Fondsvolumen. Bei ETFs mit einem niedrigeren Volumen und einer Auflage vor mehr als drei Jahren, ist eine Auflösung daher sehr wahrscheinlich. Ein anderer Grund ist die Bereinigung der Produktpalette des ETF-Anbieters.
Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass einige der ETF-Neuemissionen der vergangenen Jahre in nächster Zeit auch wieder vom Markt verschwinden werden.
Die Zahl der ETF-Neuemissionen wächst seit Jahren.
Diese Bereinigung kann aus eigenem Interesse erfolgen oder auch im Rahmen einer Fusion mit einem anderen ETF-Anbieter oder aufgrund der Übernahme bzw. Zusammenlegung nahezu identischer ETFs. Dabei wird versucht, kleine ETFs mit einer ähnlichen Anlagestrategie miteinander zusammenzulegen, um das Produkt danach mit einem größeren Volumen wirtschaftlich betreiben zu können.
Alle Fondsschließungen haben eine Gemeinsamkeit: Sie kommen nicht überraschend. Bereits im Vorfeld gibt es eindeutige Anzeichen, dass eine Fondsschließung kurz bevorsteht. Woran du eine Fondsschließung erkennen kannst, erläutern wir weiter unten.
Gehe so vor, wenn ein ETF geschlossen wird
Markus Jordan, Gründer extraETF.com
Wirst du von deiner Depotbank über eine bevorstehende ETF-Schließung informiert, dann heißt es Ruhe bewahren. Prüfe, ob es sich dabei um eine Fusion oder eine Liquidation handelt. Im nächsten Schritt solltest du die steuerlichen Fragen klären. Danach kannst du deine Anlageentscheidung auf Basis klarer Fakten treffen.
Markus Jordan, Gründer extraETF.com
Wie ist der Ablauf einer Fondsschließung?
Wie ist der Ablauf einer Fondsschließung?
Es gibt verschiedene Methoden, wie ein Fonds geschlossen werden kann. Die wichtigsten sind die Fondsfusion und die Fondsliquidation. ETF-Anlegende werden meist mit einer Fondsliquidation in Berührung kommen.
Fondsfusion
Bei einer Fondsfusion übernimmt der aufnehmende Fonds alle Vermögensgegenstände des aufzulösenden (übertragenden) Fonds. Die Fondsanteile des ursprünglichen Fonds werden automatisch zum Kurs am angegebenen Stichtag in die neuen Anteile des aufnehmenden Fonds getauscht. Ein eventuell auftretender Spitzenausgleich wird den Kundinnen und Kunden auf dem Konto gutgeschrieben.
Jede Fondsfusion muss zudem vorab von der Finanzaufsicht genehmigt werden. Im Rahmen der Genehmigung wird geprüft, ob der aufnehmende Fonds eine möglichst gleiche Anlagestrategie verfolgt. Zudem müssen die Anlegenden frühzeitig über die Fondsfusion in einem öffentlichen Register (z. B. Bundesanzeiger) informiert werden.
Liquidation
Bei einer Fondsliquidation werden zu einem bestimmten Stichtag alle Vermögenswerte des Fonds verkauft (liquidiert). Die danach im Fondsvermögen befindlichen Vermögenswerte werden dann an die Anteilsinhaber der ETFs ausgeschüttet (Liquidationsausschüttungen).
Da die Preisfeststellung eines ETFs täglich erfolgt, verkaufen die meisten Anlegerinnen und Anleger ihre ETF-Anteile vor der Einstellung der Kursberechnung des ETFs. Damit umgehen sie Wartezeiten zwischen der Einstellung der Kursberechnung und der letztendlichen Gutschrift des Verkaufserlöses.
Beispiel für eine ETF-Liquidation ComStage CAC 40 UCITS ETF
Datum
Maßnahme
13.08.2019
Information der Anlegerinnen und Anleger über ein Schreiben der Fondsgesellschaft
13.09.2019
späteste Möglichkeit ETFs an die KVG zurückzugeben
13.09.2019
Einstellung des Börsenhandels des ETFs
18.09.2019
Einstellung der Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen
23.09.2019
Beginn der Liquidation des Fondsvermögens
30.09.2012
Letzte Berechnung des Nettoinventarwerts (auf Basis der Werte vom 27.09.)
danach
Auszahlung des Liquidationserlöses an die Anteilsinhaber
Unser kostenloser Newsletter hält dich auf dem Laufenden.
Wie sieht die steuerliche Behandlung bei Fondsschließungen aus?
Auch hier wird zwischen einer Fondsliquidation und einer Fondsfusion unterschieden.
Steuerliche Behandlung einer Fondsfusion
Hier muss zunächst geprüft werden, welche Fonds zusammengelegt werden. Handelt es sich um eine Fusion von Fonds aus dem gleichen Domizilland (zum Beispiel irische IE-ISIN mit irischer IE-ISIN), oder wird die Fusion mit ETFs aus unterschiedlichen Domizilen (zum Beispiel irische IE-ISIN mit Luxemburger LU-ISIN) durchgeführt.
Cross-Border-Fusion: Hier werden ETFs mit unterschiedlichen Fondsdomizilen zusammengelegt. Beispiel: Ein ETF aus Deutschland wird mit einem aus Luxemburg fusioniert. Der Gesetzgeber möchte in diesem Fall vermeiden, dass steuerliche „Sachverhalte“ von einem Land in ein anderes Land verschoben werden. Daher gelten Cross-Border-Fusionen steuerlich wie ein Verkauf des untergehenden Fonds und eine Neuanschaffung des neuen ETFs. Diese Art der Fusion wird in der Regel von den ETF-Anbietern vermieden, da es dazu führt, dass der Investor steuerliche Gewinne oder Verluste realisiert und entsprechend versteuern muss.
Inlands-Fusion: Bei einer Fusion von ETFs mit dem gleichen Fondsdomizil, treten die neuen Anteile in die steuerliche Position der alten Anteile ein – d. h. die Anschaffung der neuen ETF-Anteile stellt steuerlich keinen Neukauf dar. Zudem wird der untergehende Fonds aus steuerlicher Sicht nicht veräußert. ETF-Anbieter sind bestrebt diese Art der Fusion darzustellen, da sich für Anlegende die steuerliche Situation des Investments nicht ändert.
Steuerliche Behandlung einer Fondsliquidation
Die steuerliche Behandlung einer Fondsliquidation ist einfach, da sie wie ein Verkauf der Fondsanteile behandelt wird. Das bedeutet: Wenn der Anlegende dabei einen Gewinn realisiert, fallen Steuern an. Werden die ETFs mit Verlust verkauft, wird der Verlustverrechnungstopf um den realisierten Verlust erhöht. Später erzielte Gewinne aus dem Verkauf von ETFs können dann damit verrechnet werden.
Im Extra-Magazin-Abonnement bekommst du alle Hintergründe & Details zur erfolgreichen Geldanlage mit ETFs, Aktien, Kryptos & Co. direkt zu dir nach Hause geliefert! Das erwartet dich in jeder Ausgabe....
So kannst du eine bevorstehende ETF-Schließung erkennen
Für Anlegerinnen und Anleger gibt es ein paar Hinweise, wie eine bevorstehende Fondsschließung erkannt werden kann. Welche das sind, und wie du die Hinweise einschätzen kannst, erklären wir dir im Folgenden.
Experten gehen davon aus, dass ETFs erst ab etwa 50 – 100 Millionen Euro Fondsvolumen wirtschaftlich betrieben werden können. ETFs mit einem größeren Fondsvolumen werden daher eher selten geschlossen. Auf Nummer sicher gehen Anlegende, wenn sie einen ETF wählen, der die 100-Millionen-Euro-Schallmauer bereits durchbrochen hat. In der ETF-Suche kann man sich nur ETFs anzeigen lassen, die mehr als 100 Mio. Euro Fondsvolumen aufweisen.
ETFs mit einem geringen Fondsvolumen, aber einem hohen Handelsvolumen können durchaus interessant für die ETF-Anbieter sein. ETFs, die rege gehandelt werden, haben niedrige Spreads und werden daher gerne von aktiven Anlegerinnen und Anlegern genutzt. Bei diesen ETFs droht keine vorzeitige Schließung.
Die ETF-Anbieter beobachten sehr genau die Aktivitäten ihrer Konkurrenten. Es kann für einen Emittenten von strategischem Interesse sein, einen ETF mit geringem Fondsvolumen am Markt bestehen zu lassen, wenn er damit eine Lücke in der Angebotspalette eines Konkurrenten besetzen kann.
Um als ETF-Anbieter wahrgenommen zu werden, sollte das insgesamt verwaltete Vermögen mindestens zehn Milliarden Euro betragen. Bei diesen „großen“ Anbietern ist die Wahrscheinlichkeit von Fondsschließungen tendenziell geringer als bei Anbietern, die nach einigen Jahren immer noch nicht über eine kritische Größe gekommen sind. Über unsere ETF-Anbieter-Portraits kannst du dich über die Angebote und verwalteten Vermögen der in Deutschland aktiven ETF-Anbieter informieren.
ETF-Anbieter geben neu eingeführten Indexfonds üblicherweise zwei bis drei Jahre Zeit, um sich am Markt zu etablieren. Hier droht also zunächst keine Gefahr. Sollte ein ETF nach drei Jahren allerdings nicht über ein Fondsvolumen von 50 – 100 Mio. Euro verfügen, solltest du dich auf eine eventuelle Fondsschließung einstellen.
Auch in Europa kommen immer wieder mal Fusionen bei ETF-Anbietern vor. Fusionen zielen meist auf Kostensenkungen ab. Dabei wird der Vertrieb optimiert, die Verwaltungskosten reduziert und in diesem Zusammenhang auch die Produktpalette überprüft. Hier kann es zu Fondsschließungen oder ETF-Fusionen kommen. Du solltest daher die aktuelle Presse über die Entwicklung des ETF-Marktes im Blick behalten. Wir berichten in unserem News-Bereich über die aktuellen Entwicklungen der ETF-Branche.
Wichtig ist auch die Tracking Difference bzw. der Tracking Error eines ETFs. Fonds mit einer hohen Abbildungsqualität, also einer genauen Indexabbildung, werden von institutionellen Anlegern bevorzugt. Dadurch steigt langfristig das Fondsvolumen und damit auch das Interesse des Anbieters, den Fonds nicht zu schließen. Über die ETF-Profil-Seiten kannst du dich über die Tracking Difference eines ETFs informieren.
Fazit:
Keine Angst vor Fondsschließungen
Die Schließung eines ETFs stellt meist keinen finanziellen Nachteil für Anlegerinnen und Anleger dar. Je nach Art der Fondsschließung entsteht allerdings ein Mehraufwand, z. B. für die Wiederanlage der frei gewordenen Gelder.
Deshalb sollten Anlegende vor der Investition in einen ETF genau auf die Anzeichen einer bevorstehenden Fondsschließung achten. Zudem spielt das Fondsvolumen und die Qualität des ETFs eine große Rolle. Denn ETFs mit einer hohen Qualität werden von institutionellen Anlegern bevorzugt, wodurch das Fondsvolumen steigt. ETFs mit einem großen Fondsvolumen können von den ETF-Anbietern profitabel betrieben werden. Diese Fonds werden dann sehr wahrscheinlich nicht geschlossen.
Über die ETF-Suche von extraETF kannst du ETFs nach Fondsvolumen oder Fondsalter selektieren. Damit kannst du einer Fondsschließung vorbeugen.
Nein, das ist nahezu ausgeschlossen. Da ETFs immer in verschiedene Wertpapiere investieren, ist ein Totalverlust sehr unwahrscheinlich. Im Rahmen einer Fondsliquidation bekommst du den Wert deiner ETFs auf deinem Konto gutgeschrieben. Wenn sich der Markt entgegen deiner Erwartung nach unten bewegt, kannst du aber Kursverluste erleiden. Daher bietet es sich an, in ETFs nur langfristig zu investieren.
Wie lange sollte ich einen ETF laufen lassen?
Geldanlagen in Aktien, und damit auch in ETFs, sollten immer langfristig gesehen werden. Du solltest daher einen Zeitraum größer als 15 Jahre einplanen. Damit kannst du zwischenzeitlich eintretende Marktrückgänge einfach abwarten und dann später zu höheren Kursen verkaufen. ETFs eignen sich aufgrund ihrer niedrigen Kosten sehr gut für die Altersvorsorge im Rahmen eines ETF-Sparplans.
Gibt es eine ETF-Blase?
Nein, es gibt keine ETF-Blase. Es werden zwar in Deutschland bereits rund 2.000 ETFs angeboten, aber im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds ist die Zahl überschaubar. Anlegerinnen und Anleger können bei aktiv gemanagten Fonds aus über 60.000 Fonds wählen. Auch die in ETFs investierten Gelder sind im Vergleich zu aktiv verwalteten Fonds sehr niedrig.
🤑
Hi, ich bin Markus Jordan
Ich bin der Gründer von extraETF.com und Herausgeber des Extra-Magazins. Mit über 30 Jahren Erfahrung bin ich ein ausgewiesener Experte im Bereich Finanzen und Geldanlage mit Schwerpunkten auf ETFs, Robo-Advisors und digitale Bankdienstleistungen.