Jetzt steht Europas starke Konsumgüterbranche im Fokus der Investoren
Während in vielen anderen Sektoren die USA das Maß aller Dinge sind, verfügt Europa im Bereich der Konsumgüterbranche über starke Marken und Unternehmen.
Die Produkte des täglichen Bedarfs von Unternehmen wie Nestlé, Unilever, L’Oréal oder Anheuser-Busch InBev werden fast überall auf der Welt verkauft. Diese internationale Diversifikation und die relative Unabhängigkeit von Konjunkturzyklen machen die Branche zu einem interessanten Investment.
Konsumgüterbranche für ETF-Anleger
Der SPDR MSCI Europe Consumer Staples UCITS ETF (WKN: A1191N) enthält 39 europäische Unternehmen, die in den Bereichen Nahrungsmittel, Getränke, Tabak, Haushaltswaren und Körperpflege tätig sind. Nestlé dominiert mit einer Gewichtung von 25,7 Prozent, gefolgt von Unilever mit 10,3 Prozent und L’Oréal mit 8,67 Prozent. Die Top 10 sind im ETF mit 75,6 Prozent gewichtet. Konzerne aus den Nicht-EU-Ländern Großbritannien und Schweiz geben mit einem Anteil von fast zwei Dritteln den Ton an.
Die großen Konzerne der Branche verfügen oft über starke Marken, die über Jahre aufgebaut wurden. Ihre Produkte genießen einen hohen Bekanntheitsgrad und das Vertrauen der Verbraucher, die dafür auch höhere Preise zahlen. Aufgrund ihrer Größe und Marktmacht können große Konzerne oft günstigere Einkaufspreise für Rohstoffe und Vorprodukte aushandeln. Sie können auch von Skaleneffekten profitieren, indem sie ihre Produkte in großen Mengen herstellen und vertreiben. Dadurch können sie ihre Kosten senken und wettbewerbsfähige Preise anbieten. Sie sind in der Lage, diese Preise auf gleicher Ebene mit den Einkäufern des Handels zu vereinbaren.
Reckitt Benckiser als Beispiel für die günstige Bewertung
Die Entwicklung der Reckitt Benckiser-Aktie war in den letzten fünf Jahren wenig erfreulich. Das Papier verlor an der Londoner Heimatbörse kumuliert 15 Prozent an Wert. Dabei verfügt das Unternehmen über starke Marken wie Finish, Durex, Sagrotan oder Calgon, die oft weltweit oder in ihren Märkten die Nummer eins oder zwei sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen der Branche stagnierte der Umsatz in diesem Zeitraum nicht, sondern wuchs auf vergleichbarer Basis im mittleren einstelligen Prozentbereich. Auch im ersten Halbjahr des laufenden Jahres zeigte sich die anhaltend positive Dynamik mit einem Umsatzwachstum von sechs Prozent.
Nachfrage- und Angebotsschocks, Kosteninflation und Energiepreissteigerungen haben die Margen in den letzten drei Jahren zunehmend unter Druck gesetzt. Inzwischen hat die bereinigte operative Marge mit 23,8 Prozent aber wieder fast das alte Vor-Corona-Niveau erreicht. Mittelfristig will das Unternehmen auch bei dieser Kennzahl wieder in den mittleren Zwanzigerbereich vorstoßen. Auch die Nettoverschuldung wurde in diesem Zeitraum konsequent abgebaut. So verwundert es nicht, dass die Morningtar-Analystin Diana Radu zu dem Schluss kommt, dass die Reckitt-Benckiser-Aktie auf dem aktuellen Niveau um rund 15 Prozent unterbewertet ist.
Aufholchance nach enttäuschender Entwicklung?
Seit Auflegung des ETF im November 2020 ist die Performance enttäuschend. Mit einer kumulierten Wertentwicklung von 14,4 Prozent liegt der ETF deutlich hinter einem vergleichbaren ETF-Produkt auf den breiteren STOXX Europe 600 zurück. Auch der zugrunde liegende Index kann nur über die lange Laufzeit seit Auflegung im Mai 2008 eine deutlich bessere Performance als der STOXX Europe 600 aufweisen, über alle anderen Laufzeiten schneidet der STOXX Europe 600 besser ab. Auch bei den risikoadjustierten Renditen liegen die beiden Produkte über fünf und zehn Jahre nahe beieinander.
Dennoch überrascht das Ergebnis. Schließlich gibt es in Europa keine Big Tech, die die Ergebnisse stark beeinflusst, und im Branchenvergleich verfügen die Basiskonsumgüterunternehmen über qualitativ hochwertige Geschäftsmodelle mit starken Margen und Bilanzen. Tatsächlich scheint die schwache Performance einiger Portfoliounternehmen wie Reckitt Benckiser auszureichen und die Performance von Ausnahmeunternehmen wie ASML, Novo Nordisk oder LVMH zu fehlen. Für Anlegerinnen und Anleger ergibt sich somit eine durchaus interessante Möglichkeit, mit dem ETF auf eine Aufholjagd zu setzen. Das Risiko wird dabei durch den defensiven Charakter des Sektors begrenzt.
Autor Florian Hainzl
Florian Hainzl arbeitet als freier Mitarbeiter für extraETF. Er konzentriert sich dabei auf Unternehmen und Branchen, die von hoher Qualität geprägt sind. Er hat Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeitet als BI-Entwickler. Seit 2018 teilt er sein Fachwissen auch mit den Lesern der deutschen Ausgabe von Motley Fool.