Rüstung: Gehypte Branche oder langfristiges Anlagethema?
Rüstung ist aktuell das große Anlagethema. Doch bei gut gelaufenen Themen-Investments stellt sich immer die Frage: Vorübergehender Hype oder langfristiger Trend?
In der Corona-Zeit waren Videospiele und E-Sports der letzte Schrei an der Börse. Danach machten Cannabis-Aktien die große Welle. Du hast beide Entwicklungen verpasst? Besser so, denn danach lief es nicht mehr wirklich rund. Doch die viel größere Welle scheint derzeit der Bereich um Rüstungs-ETFs zu sein. Anbieter melden jüngst immer wieder neue Rekordzuflüsse. „Während am Aktienmarkt derzeit eher vielerorts Verunsicherung herrscht, scheinen die Anleger weiterhin Vertrauen in den Verteidigungssektor zu haben und von dem langfristigen Potenzial solcher Unternehmen überzeugt zu sein“, sagt Martijn Rozemuller, Geschäftsführer bei Vaneck Europa. „Das starke Wachstum und die vielen Zuflüsse in unseren ETF zeigen uns, dass wir genau das Interesse der Anleger getroffen haben, als wir mit dem VanEck Defense UCITS ETF (WKN: A3D9M1) den ersten in Europa verfügbaren ETF in diesem Segment aufgelegt haben.“ Ähnliche Erfahrungen macht auch die Konkurrenz von HanETF mit dem Future of European Defence UCITS ETF (WKN: A414ST), dessen Besonderheit die Fokussierung auf den europäischen Verteidigungssektor ist.
Rüstungsaktien haben bereits mächtig zugelegt
Im Zuge des Ukraine-Kriegs schossen die Aktien von Rüstungsproduzenten wie Rheinmetall in die Höhe. Auf Sicht von drei Jahren steht ein Kursplus von mehr als 800 Prozent. Innerhalb von fünf Jahren erhöhte sich der Wert der Anteilscheine sogar um 2.450 Prozent. Auch Neulinge wie Renk konnten bereits mächtig an Wert gewinnen. Seit Auflage im Februar 2024 klettere die Aktie des Augsburger Rüstungsunternehmens um fast 300 Prozent.
Geht dem Rüstungsthema die Luft aus?
Nach den spektakulären Kursanstiegen stellt sich die Frage, ob nicht der Zenit überschritten ist. Immer wieder mussten wir feststellen, das Modethemen nach ihrem Erblühen schnell wieder verwelkt sind. Wieso soll das bei der Rüstung anders sein? „Dies ist ein bekanntes Argument gegen diese Produktkategorie, was sicherlich auf einige Themenprodukte zutrifft“, räumt David Lump, bei HanETF zuständig für den Vertrieb in der DACH-Region, ein. Doch bei Rüstung handelt es sich um ein langfristiges und sehr essenzielles Thema. „Und hier sehen wir eher langfristige Kurstreiber für den Verteidigungssektor. Der Sektor wurde lange Zeit vernachlässigt“, so Lump.
Die aktuelle geopolitische Lage in Europa und die Androhungen Trumps die europäischen Nato-Mitglieder im Notfall nicht zu unterstützen, sollten diese das Zwei-Prozent-Ziel nicht erfüllen, habe Europa wachgerüttelt. Die europäischen Nato-Mitglieder sind mittlerweile mehr gefordert und wollen sich unabhängiger von den USA machen. „Daher investieren sie nun in ihre heimische Verteidigungsindustrie“, meint Lump. In Deutschland sehen wir bereits diese Entwicklung. Im Rahmen der Lockerung der Schuldenbremse dürften in den kommenden Jahren hunderte Milliarden Euro in den Militärsektor fließen.
Die Unterdeckung im Militärwesen hat schließlich eine längere Geschichte. So sind seit dem Kalten Krieg die Verteidigungsausgaben der Nato-Mitglieder kontinuierlich heruntergefahren worden. „Ebenso wurde der Sektor von Investoren fast komplett gemieden. In Zeiten von Frieden werden Rüstungsinvestments schnell in Frage gestellt. Viele der Unternehmen waren nicht in den großen Indizes vertreten. Dies ändert sich nun schlagartig. Eine gut ausgebildete und vor allem gut ausgestattete Armee ist notwendig. Nicht um einen Nachbar anzugreifen, sondern um sich im Notfall verteidigen zu können bzw. bei einem Aggressor erst keine Begehrlichkeiten zu wecken“, erklärt Lump.
Militäranschaffungen erstrecken sich über Jahre
Das Geld, was nun in Form von etwa dem ReArm EU-Programm – einem Plan zur Stärkung der europäischen Wehrfähigkeit – in den Sektor fließt, ist nicht einfach im Lauf des Jahres investiert. „Ich bestelle nicht heute 100 Panzer und bekomme diese bis Ende des Jahres geliefert. Das dauert Jahre“, erläutert Lump und verweist außerdem auf die ständig notwendige Weiterentwicklung, von vorhandener Hardware, aber auch Software. Die Digitalisierung macht eben auch nicht vor der Kriegsführung oder Bedrohung fremder Mächte Halt.
Verlieren nach Ende des Ukraine-Kriegs Investoren das Interesse am Rüstungssektor?
„Ein möglicher Frieden in der Ukraine dürfte sicherlich den Hype um den Sektor ein wenig bremsen, langfristig sehen wir hier aber weiter Potential, besonders bei den IT/Tech-Unternehmen im Verteidigungsbereich. Ein Großteil der gelisteten Cyber-Defence Unternehmen sitzen in den USA. Auch hier muss Europa eigenständiger werden und die heimischen Unternehmen wie Helsing oder ARX Robotics fördern und unterstützen“, meint Lump. Doch heute weiß ohnehin niemand, wie ein Frieden in der Ukraine aussehen könnte. Daneben sollte man nicht vergessen, dass wie erwähnt die Nato-Mitglieder seit Ende des Kalten Krieges ihre Rüstungsausgaben senkten, jedoch Russland und besonders China konstant weiter aufgerüstet haben. Es sei daher fatal von Europa oder der Nato davon auszugehen, dass das Problem mit einem Frieden in der Ukraine beigelegt ist. Letztlich dient eine gut ausgestattete Armee als Abschreckung.
Auch, wenn aus deutscher Sicht der Ukraine-Krieg der präsenteste ist, so gibt es auch nach wie vor in anderen Erdteilen anhaltende Konflikte. So stehen sich bereits seit Jahrzehnten Nord- und Südkorea verfeindet gegenüber. China strebt die militärische Vormachtstellung im asiatischen Raum an, was wiederum umliegende Staaten zwingt, ihre Militärausgaben hochzufahren, was auch Technologie betrifft. „Rüstungsunternehmen aus Südkorea oder Japan sind führend bei Software und KI und könnten den europäischen Nato-Mitgliedern mit Knowhow helfen.
Lump berichtet über aktuelle Zahlen des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) wonach, der chinesische Verteidigungshaushalt 2024 gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent gestiegen ist – der größte jährliche Anstieg seit 2015 und das 30. Jahr in Folge mit Wachstum gegenüber dem Vorjahr. Japan hat im Vorjahr sein Verteidigungsbudget um 21 Prozent erhöht – der stärkste Anstieg seit 1952! Asien und Ozeanien gaben 2024 629 Milliarden US-Dollar für Verteidigung aus – ein Anstieg von 6,3 Prozent gegenüber 2023 und um satte 46 Prozent gegenüber 2015.
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Um noch am Ende den Bogen zu Europa zu spannen: Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass osteuropäische Nato-Mitglieder bzw. bei Nato-Mitglieder mit Nähe zu Russland sich nicht darauf verlassen möchten, nicht angegriffen zu werden. Polen und Estland waren die beiden Nato-Länder, die gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung das meiste für ihre Verteidigung ausgegeben haben und damit in Relation noch vor den USA rangieren.
Fazit: Rüstung ist ein langfristiger Trend
Anders als bei Themen-Investments wie Videospiele oder Cannabis geht es bei der Rüstung um ein langfristiges Engagement von essentieller Bedeutung. Rüstungs-ETFs stehen damit weiterhin im Fokus. Dennoch solltest du es nicht übertreiben, was für jedes thematische Investment gilt. Lege im Grundsatz global und breit gestreut an. Schau dir hierzu unsere Wissensseite über das Investieren in Welt-ETFs an und nutze den extraETF Portfolio Tracker.